Berlin. Neue Ehe, neues Glück? Ein Beziehungsexperte verrät die vier entscheidenden Punkte für einen erfolgreichen zweiten Anlauf in der Liebe.
Wie heißt es so schön: Übung macht den Meister. Beim zweiten Mal wird alles besser. Aber gilt das auch für die Ehe? Immerhin wurden letztes Jahr allein in Deutschland rund 46.400 sogenannte Zweitehen geschlossen – Ehen also, bei denen die Ehepartner und Ehepartnerinnen vor der erneuten Eheschließung verwitwet oder geschieden waren.
Solche zweiten Ehen gelten als Chance auf ein neues Glück. Doch sind sie wirklich erfolgreicher? Macht ein zweiter Versuch in der Liebe die Beziehung so anders, ja vielleicht sogar besser? „Absolut!“, meint Paartherapeut und Beziehungsexperte Wolfgang Krüger. Er sieht entscheidende Vorteile in zweiten Anläufen – und spricht hier auch mit Blick auf sein eigenes Liebesglück aus Erfahrung.
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Ob die zweite Ehe am Ende dann tatsächlich besser ist als die erste, hängt natürlich stark von den individuellen Erfahrungen und Umständen ab. Aber laut Krüger gibt es vier entscheidende Faktoren, die dafür sprechen, dass eine zweite Ehe potenziell erfüllender sein kann – „vorausgesetzt natürlich, man lernt aus der Vergangenheit und ist bereit, sich stetig weiterzuentwickeln.“
1. Erfolgsfaktor für glückliche zweite Ehe: Erfahrungen aus der ersten Ehe
Laut Krüger starten Menschen oft mit einem besseren Verständnis von sich selbst und ihren Bedürfnissen in eine zweite Ehe. „Im Studium sagte ein Professor mal zu mir, es gäbe zwei unmögliche Lebensaufgaben: Das eine sei die Kindererziehung. Hier könne man nur in irgendeiner Form scheitern und versagen. Das andere sei die erste Liebesbeziehung.“ Krügers Erklärung: „Wir haben meist so viele Wünsche und Ansprüche an langfristige Beziehungen, dass die Wahrscheinlichkeit beim ersten Anlauf genau daran zu scheitern, sehr groß ist“.
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Bei der zweiten Ehe dagegen würden es viele Menschen schaffen, aus Fehlern zu lernen. Sie wüssten, was in ihrer ersten Ehe funktioniert hat und was nicht, und seien oft besser darin, Konflikte zu lösen und Kompromisse einzugehen (siehe Erfolgsfaktor 4). „In der ersten Ehe wird oft noch aus Naivität oder überwältigenden Gefühlen heraus geheiratet“, so Krüger, „während die zweite Ehe oft sachlicher angegangen wird.“ Genau das führe auch zu Punkt 2.
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2. Erfolgsfaktor für glückliche zweite Ehe: Bewusstere Partnerwahl
Laut des Experten entscheiden sich Menschen oft bewusster für die zweite Ehe und sind realistischer in ihrer Partnerwahl. Sie haben klarere Erwartungen und suchen jemanden, der besser zu ihren langfristigen Zielen und Werten passt. „Sie wissen bereits, worauf es ihnen bei ihrem Partner oder ihrer Partnerin ankommt, worüber sie hinwegsehen können und im Gegenzug auch, welche Eigenschaften für sie unabdingbar sind“, betont Krüger.
Zudem verfüge man bereits über mehr Lebenserfahrung und lasse sich von potenziellen Partnerinnen oder Partner weniger leicht blenden. „Auch rationale, sachliche Argumente spielen mit zunehmendem Alter im Vergleich zu emotionalen Faktoren eine wichtigere Rolle“, gibt Krüger zu bedenken und empfiehlt eine Checkliste, um sich vor der zweiten Ehe noch sicherer zu sein. Er mahnt, Herz und Verstand gleichermaßen bei der Partnerwahl zu nutzen.
Als Orientierung für die eigene Checkliste für die Partnerwahl nennt Krüger folgende potenzielle Punkte:
- Humor
- Liebenswürdigkeit
- Verantwortungsbewusstsein
- körperliche Anziehung
- Gesprächskultur
- Streitkultur
- Konflikt- und Konfliktlösungsfähigkeit
- Kompromissbereitschaft
- emotionale Stabilität
- berufliche Stabilität
- Eigenständigkeit
- Beteiligung am Haushalt
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3. Erfolgsfaktor für glückliche zweite Ehe: Emotionale Reife
Nach einer gescheiterten Ehe sind viele Menschen zudem nicht nur mit Blick auf neue Partnerinnen oder Partner realistischer. „Sie sind emotional reifer und haben auch eine klarere Vorstellung davon, was sie selbst in eine Beziehung einbringen und welche eigenen Bedürfnisse sie erfüllt wissen wollen“, erklärt Krüger. Diese Reife trägt zu stabileren und gesünderen Beziehungen bei.
„Wir heiraten im Normalfall in Deutschland im Schnitt mit Anfang 30“, so der Paartherapeut. „Wir sehen aber in der Therapie, dass wir Menschen eigentlich erst ab dem 40. Lebensjahr wirklich erwachsen werden.“ Mit Vierzig habe man genügend Lebenserfahrung, einiges selbst zustande gebracht, Vertrauen in sich selbst aufgebaut sowie Ausdauer, auch schwierige Phasen zu überstehen, und genügend Menschenkenntnis entwickelt. „Erst mit Vierzig weiß man einigermaßen, wer man ist“, betont Krüger. „Wenn es danach geht, sollte eigentlich jeder grundsätzlich erst mit 40 Jahren heiraten. Dann weiß man ungefähr, worauf man sich einlässt.“ Das sei heutzutage aber eben oft erst bei der zweiten Ehe der Fall.
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4. Erfolgsfaktor für glückliche zweite Ehe: Bessere Kommunikation
Der vierte Punkt, den Krüger anführt, ergibt sich meist automatisch aus den vorangegangenen Aspekten: eine bessere Kommunikation der Paare in der zweiten Ehe. „Im Laufe der Jahre merken wir, wie wichtig es ist, mit unserem Partner oder unserer Partnerin gute Gespräche führen zu können“, betont Krüger. „Wir wollen uns gemeinsam weiterentwickeln, Denkimpulse vom Gegenüber bekommen, aber wir wollen uns auch reiben, streiten und Konflikte lösen – ohne Drama und Eskalation.“ Sprich: Paare legen in der zweiten Ehe oft mehr Wert auf eine gute Kommunikation und gegenseitiges Verständnis, weil sie gelernt haben, wie wichtig das für eine erfolgreiche Partnerschaft ist.
„Eine gute Beziehung zeichnet sich immer durch Arbeit aus“
Krüger selbst hat erst mit über 60 Jahren geheiratet, als er sich sicher war, dass die Beziehung für den Rest seines Lebens halten würde. „Mein Umfeld war erstaunt, dass es überhaupt noch zu einer Hochzeit gekommen ist“, schmunzelt der Paartherapeut. Dass er nun die Liebe seines Lebens gefunden habe, bedeute jedoch nicht, dass diese Beziehung keine Arbeit erfordere. Im Gegenteil: „Eine gute Beziehung zeichnet sich immer durch Arbeit aus“, so der Paartherapeut. So gebe es bei zweiten Ehen durchaus Herausforderungen, die es in einer ersten Ehe oft nicht gibt: etwa das Einbinden von Kindern aus vorherigen Beziehungen, die die Dynamik beeinflussen können.
„Konflikte gehören zu jeder Beziehung dazu, ausschließlich perfekte Lösungen, bei denen immer alle Wünsche und Bedürfnisse befriedigt werden, gibt es nicht“, betont Krüger. Stattdessen gehe es darum, gemeinsam Lösungen zu finden, die die Beziehung nicht gefährden und gleichzeitig Raum für individuelle Bedürfnisse lassen. Es gehe darum, immer wieder zu einem gemeinsamen Nenner zurückzufinden.
Und genau das sei mit dem richtigen Partner oder der richtigen Partnerin möglich, so Krüger. Dabei spürt man sein innerliches Strahlen. „Ich bin nun seit 17 Jahren mit meiner jetzigen Frau zusammen und habe das Gefühl, von Jahr zu Jahr wird diese Beziehung besser.“
Zur Person
Dr. Wolfgang Krüger (75) ist Diplom-Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in Berlin. Beziehungsprobleme sind ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Zudem veröffentlichte Krüger diverse psychologische Sachbücher – unter anderem zu den Themen Liebe, Partnerschaft und Sexualität.