Berlin. Es gibt weitere Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen in den USA. Betroffene bekommen Medikamente. Wie gut diese wirken, ist umstritten.
In den USA steigt die Zahl der mit dem Vogelgrippevirus H5N1 infizierten Menschen weiter. Die Gesundheitsbehörde CDC bestätigte am Freitag (25. Juli) drei Fälle in einem Eierlegebetrieb im Nordosten Colorados. Seit April gebe es damit insgesamt 13 betroffene Landarbeiter in Vieh- und Geflügelbetrieben, so die Behörde weiter. Bei der Behandlung setzt die CDC auf ein bekanntes Medikament.
„Alle drei Personen sind leicht erkrankt und wurden mit dem antiviralen Wirkstoff Oseltamivir behandelt“, so die CDC. Einer der Infizierten zeigte Symptome einer akuten Atemwegserkrankung wie Husten. Bei den anderen Erkrankten gibt es Berichte, wonach die Augen – ähnlich wie bei einer Bindehautentzündung – betroffen seien.
Im Juli wurden entsprechende Medikamente prophylaktisch an mehr als 150 Arbeiter ausgegeben, die potenziell mit infizierten Tieren in Kontakt gekommen waren. Oseltamivir, bekannter unter dem Handelsnamen Tamiflu, gehört zu den sogenannten Neuraminidase-Hemmern: Diese sollen ein Eiweiß hemmen, das Grippeviren brauchen, um sich im Körper zu vermehren. Man hofft, damit schwere Krankheitsverläufe mit Komplikationen verhindern zu können. Auch in der Vorbeugung wird der Wirkstoff eingesetzt.
Auch interessant: Vogelgrippe - Deutschland testet vorsorglich Milch und Kühe
Laut einem Bericht der Pharmazeutischen Zeitung hatten die US-Behörden zuletzt gemeldet, dass die aktuell in den USA kursierenden Vogelgruppe-Subtypen sensitiv auf zwei Neuraminidase-Hemmer reagieren: Tamiflu (Oseltamivir) und Dectova (Zanamivir). Eine entsprechende Medikation sei für Erkrankte empfehlenswert.
Eine Einschätzung, die Prof. Florian Krammer von der Icahn School of Medicine in Mount Sinai (USA) bestätigt: „Alle momentan für saisonale Influenza verwendeten Klassen von antiviralen Medikamenten funktionieren zumindest in Laborversuchen gut gegen die momentanen H5N1-Stämme. Daher sollte auch eine Therapie mit diesen Medikamenten bei Infizierten gut funktionieren.
Tamiflu gibt es als Tablette, Dectova wird als Infusion gegeben. Auch das RKI nennt diese Medikamente „gegen aviäre Influenza A(H5N1) wirksam“. Zusätzlich stehe das Virostatikum Baloxavir marboxil (Xofluza) zur Verfügung.
- ADHS bei Erwachsenen: Betroffene verrät, was ihr mit ADHS wirklich half
- Stress: Achtsamkeit – warum der Trend problematisch sein kann
- Vorsorge: MRT für Selbstzahler – wann es sinnvoll ist und wann nicht
- Ohrensausen: Tinnitus-Patientin berichtet, was ihr endlich geholfen hat
Vogelgrippe: Mehrere Studien zu Resistenzen gegen Anti-Grippe-Wirkstoffe
Wie gut die Neuraminidase-Hemmer tatsächlich im Fall einer Pandemie wirken, ist allerdings umstritten. Noch Ende 2022 wies das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) darauf hin, dass es keine 100-prozentigen Belege dafür gebe, dass Tamiflu bei einer Grippewelle ernsthafte Verläufe und schwere Komplikationen verhindern könne. Nachgewiesen sei lediglich, dass die Dauer der Beschwerden verkürzt werde.
Darüber hinaus gibt es seit Jahren wissenschaftliche Erkenntnisse zu H5N1-Stämmen der Vogelgrippe, die gegen Neuraminidase-Hemmer resistent seien. Eine Anwendung wäre im Fall der Fälle also wirkungslos. „Das Problem ist, dass sich die Viren mit jedem neuen Replikationsprozess verändern können. Im Labor haben Sie sehr schnell ein gegenüber Neuraminidase-Hemmern unempfindliches H5N1-Virus”, sagt Prof. Stephan Pleschka, Influenzaforscher an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
WHO: Seit 2003 starben 449 Menschen an H5N1
Seit 2003 hatten sich laut Weltgesundheitsorganisation weltweit etwa 850 Menschen mit H5N1 infiziert, 449 davon starben. Die Sterblichkeitsrate betrug damit über 50 Prozent. „Die Menschen in den USA haben sich wahrscheinlich über Schmierinfektionen infiziert und nicht wie sonst bei Influenza üblich über die Atemwege“, sagte der Chef-Infektiologe der Berliner Charité, Leif Erik Sander, in einem Pressegespräch. Das könnte zu den relativ milden Verläufen führen. In Deutschland ist laut RKI bisher ist kein Fall von aviärer Influenza bei Menschen bekannt geworden.
Lesen Sie auch: Vogelgrippe: Wir haben Impfstoffe, die zugelassen sind
Die Vogelgrippe, auch aviäre Influenza genannt, wird wie auch die saisonale Grippe beim Menschen durch Influenza-A-Viren hervorgerufen. Deren Subtypen unterscheiden sich allerdings. Laut Experten des Friedrich-Loeffler-Institus grassiert in Europa seit 2020 (und seit 2021 auch in den USA) die Klade 2.3.4.4b.
- Studie: Forschende finden mögliche Ursache für Fettleibigkeit
- Untersuchungen: Stress erkennen – Diese Blutwerte sind alarmierend
- Gesunde Ernährung: Kind mag kein Gemüse? Ein Kinderarzt gibt Tipps
- Frauen: Endometriose-Betroffene geht radikalen Weg gegen Schmerzen
- Gewicht: Ärztin klärt auf – So kann Kaffee beim Abnehmen helfen
Ganz generell gilt: Bei einer Vogelgrippe-Infektion zeigen sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) meist nach etwa fünf Tagen Symptome, manchmal aber auch erst nach 14 Tagen. Diese Symptome ähneln denen einer Grippe oder einem Infekt: Fieber, Atemnot, Husten und Halsschmerzen. Jeder zweite Infizierte bekommt Durchfall, teilweise auch mit Erbrechen.
Die seit Entdeckung des Vogelgrippevirus 1996 in Asien grassierenden Subtypen hatten mitunter schwere Lungenentzündungen mit Organversagen hervorgerufen. Die Sterblichkeitsraten waren deutlich höher als bei einer gewöhnlichen Influenza, wenn auch mit großen Unterschieden in Abhängigkeit vom Virusstamm.