Berlin. Viele Long-Covid-Patienten leiden unter ständiger Müdigkeit. Forscher sind der Ursache auf der Spur, doch noch sind einige Rätsel zu lösen.
Forschende in den USA haben bei Tierversuchen einen biologischen Prozess entdeckt, der Entzündungen mit anhaltender Muskelschwäche in Verbindung bringt. Die Studienergebnisse, erschienen im Fachjournal „Science Immunology“, könnten einen Behandlungsansatz für die sogenannte Fatigue bilden. Diese kann nach vielen Virus-Infektionen, unter anderem Covid-19, auftreten.
Viele Symptome von Long oder Post Covid sind bekannt: Kurzatmigkeit, Husten, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme. Als besonders belastend beschreiben Betroffene den anhaltenden Energieverlust, der ihnen das Leben zur Hölle mache. Auch nach einer Grippeinfektion oder dem Pfeifferschen Drüsenfieber kann es dazu kommen.
Long-Covid: Viele Betroffene klagen über langanhaltende Müdigkeit
„Fatigue ist mehr als ein Mangel an Motivation, sich zu bewegen, weil wir uns unwohl fühlen“, sagt Aaron Johnson, Entwicklungsbiologe an der Universität Washington laut Mitteilung. Der Energielevel in den Skelettmuskeln sei stark reduziert, „wodurch die Fähigkeit, sich zu bewegen und normal zu funktionieren, verringert wird.“ Etwa die Hälfte aller Post-Covid-Patienten, die auch noch sechs Monate nach der Infektion an Langzeitfolgen leiden, klagen den Angaben zufolge über Müdigkeit und Muskelschwäche.
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Die Wissenschaftler der Washington University haben in Tiermodellen nach möglichen Signalwegen zwischen Gehirn- und Muskelzellen gesucht, die dafür verantwortlich sein könnten. „Fliegen und Mäuse, die mit Covid assoziierte Proteine im Gehirn hatten, zeigten eine verminderte motorische Funktion. Die Fliegen kletterten nicht so gut, wie sie sollten, und die Mäuse liefen nicht so gut oder so viel wie Kontrollmäuse“, erklärt Johnson. Selbst wenn die Infektion schnell abgeklungen war, sei die verminderte Muskelleistung viele Tage nachweisbar geblieben.
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Beim Menschen bewirkt eine Entzündung, dass Nervenzellen das Immunzytokin Interleukin-6 (IL-6) freisetzen. Das Team fand heraus, dass ein vergleichbares Protein auch bei ihren Versuchstieren über die Blutbahn in die Muskeln gelangte. In der Folge war die von den Mitochondrien des Muskelgewebes produzierte Energiemenge heruntergefahren worden. Mitochondrien werden auch als Kraftwerke der Zellen bezeichnet.
Fatigue: Nervenwasser könnte Gehirn-Muskel-Achse aktivieren
„Es scheint wahrscheinlich, dass die Gehirn-Muskel-Achse durch Atemwegsinfektionen über das Nervenwasser aktiviert wird (...) und noch lange nach dem Abklingen der ursprünglichen Infektion Signale aussendet“, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Long- und Post Covid könnte daher durch eine chronische Zytokin-Signalisierung verursacht werden.
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Mit dem Einsatz von Medikamenten, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sei es gelungen, die Gehirn-Muskel-Achse in Tieren zu blockieren. Sogenannte IL-6-Inhibitoren hätten dazu beigetragen, den Energieverlust rückgängig zu machen. Auch wenn noch nicht alle Rätsel zur dauerhaften Müdigkeit nach einer Virusinfektion gelöst seien, könnten die neuen Erkenntnisse zu einer wirksamen Therapie für Betroffene führen.