Berlin. Wer sich von Fast Food ernährt, schadet seinem Körper. Doch die Ernährung beeinflusst auch unsere Psyche. Ein Arzt erklärt die Gründe.

Pizza, Pommes, Burger – Fast Food trägt seinen Namen vor allem aus einem Grund: Die häufig fettige und salzige Mahlzeit ist schnell zubereitet und lässt sich zügig verzehren. Aber macht das auch zufrieden? Immer mehr wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass diese Form der Ernährung einen erheblichen Einfluss auf unsere Psyche hat.

Die Zusammenhänge dahinter sind zwar komplex, aber lassen sich offenbar auf eine ganz besondere Lebensgemeinschaft in unserem Körper zurückführen: dem sogenannten Mikrobiom im Darm, einer Symbiose aus Milliarden von Mikroorganismen. Welche Geheimnisse sich dahinter verbergen und wieso die vielen Bakterien, Viren und Pilze im Darm eine Rolle bei Depressionen spielen könnten, erklärt Martin Walter, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena.

Ernährung mit Fast Food: Körper anfälliger für Krankheiten

Walter zufolge ist das Mikrobiom im Darm wichtig für die Gesundheit: „Die Bakterienarten erfüllen verschiedene Funktionen im Körper.“ Darmbakterien stellen einen immunologischen Schutz sicher, indem sie krankmachende Stoffe abwehren und für den Körper hilfreiche Stoffe hineinlassen.

Das Mikrobiom habe sich laut Walter im Laufe der Evolution auf die menschlichen Essgewohnheiten optimiert. Das Problem: „In den letzten 30.000 Jahren war das eben kein Fast Food, sondern sehr niedrig oder gar nicht verarbeitete Nahrung, die in der Natur vorkommt und sehr ballaststoffreich ist“, sagt der Arzt.

Fast Food enthalte hingegen kaum Ballaststoffe. „Durch den Konsum wird das Mikrobiom nicht mit den Stoffen versorgt, die es bräuchte, um richtig zu arbeiten und den Immunschutz aufrechtzuerhalten“, erklärt Walter. Mittlerweile wisse man: Bereits nach einigen Tagen mit Fast Food auf dem Speiseplan sei der Körper anfälliger für Krankheiten. Und wer sich regelmäßig von stark verarbeiteter Nahrung ernährt, bei dem gingen wichtige Bakterienstämme in Darm zugrunde. Mögliche Folge: Entzündungen im Darm!

Das ist deshalb so interessant, weil Entzündungen im Körper offenbar Depressionen begünstigen können. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Dänemark veröffentlichten 2023 eine Studie, in der sie einen Zusammenhang zwischen chronisch-entzündlichen Darm-Erkrankungen und der Entstehung von Depressionen zeigen konnten.

Experte für psychische Erkrankungen wie Depressionen: Martin Walter ist Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena.
Experte für psychische Erkrankungen wie Depressionen: Martin Walter ist Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena. © UKJ/Michael Szabo

Darm und Psyche: Verflochtenes Wechselspiel

Laut Martin Walter spielt nicht nur das Wechselspiel zwischen Immunsystem und Mikrobiom eine Rolle. „Eine weitere Möglichkeit, wie das Mikrobiom mit der Psyche interagiert, besteht darin, dass das Mikrobiom selbst – also die Darmbakterien – Botenstoffe oder deren Vorstufe produzieren, die die Stimmung beeinflussen.“ Zu den Botenstoffen im Gehirn zählen unter anderem Serotonin, Dopamin oder Noradrenalin. Sind sie aus dem Gleichgewicht, führt das beispielsweise zu Niedergeschlagenheit. „Wenn der Serotoninspiegel im Gehirn sehr niedrig ist, kann das eine Depression begünstigen“, ergänzt Walter.

Die Forschung über die Zusammenhänge von Mikrobiom und Psyche steht noch am Anfang, aber in den letzten Jahren folgte Untersuchung auf Untersuchung. Sie legen nahe, dass der Darm weitreichenden Einfluss auf das Gehirn haben könnte. In einer Studie von US-Forscherinnen und -Forschern aus dem Jahr 2022 wurden über 10.000 Teilnehmende auf ihr Essverhalten und ihre psychische Gesundheit untersucht. Das Ergebnis: Die Personen, die häufiger hoch verarbeitete Lebensmittel konsumierten, litten eher unter Ängsten und leichten Depressionen.

Depressionen können viele Auslöser haben – doch es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die Ernährung ein wichtiger Faktor ist.
Depressionen können viele Auslöser haben – doch es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die Ernährung ein wichtiger Faktor ist. © Shutterstock/ Gladskikh Tatiana | Unbekannt

Vor allem die Frage nach der genauen Wirkung von einem veränderten Mikrobiom und den Einfluss auf mögliche psychischen Erkrankungen ist noch nicht hinlänglich beantwortet. Fest steht aber mittlerweile: Menschen mit Depressionen oder anderen Krankheiten weisen sehr oft eine veränderte Bakterienflora im Darm auf.

Depressionen und Fast Food: Suchtgefahr!

„Dass Fast Food Depressionen auslösen kann, ist mittlerweile experimentell bewiesen“, so Walter. Manchmal könne aber auch eine psychische Anfälligkeit dazu führen, dass Menschen viel Fast Food essen. „Wer sich krank oder gestresst fühlt, isst häufig auch mehr Fertignahrung“, sagt der Arzt.

Es ist kein Geheimnis: Fast Food ist darauf ausgelegt, dass der Körper immer mehr davon will: „Bei Fast Food handelt es sich um hoch prozessierte Lebensmittel: Meist sind Zusatzstoffe enthalten“, erläutert der Experte – und die könnten ein Verhalten stärken, das auf Dauer zu werden kann.

Ernährung: Ein Speiseplan gegen Depression

Um diesem Teufelskreis vorzubeugen, sollte man bei der Ernährung einige Stellschrauben drehen. Walter empfiehlt: „Der Speiseplan muss anstelle von Fast Food, das vor allem viele Kalorien enthält, aus andere Nährstoffe bestehen, um das Mikrobiom gut zu ernähren und gesund zu halten.“

„Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass die mediterrane Diät einen positiven Einfluss auf die Psyche haben kann“, sagt der Experte für Psychiatrie und Psychotherapie. Eine australische Studie aus dem Jahr 2019 legt eine Verbesserung von depressiven Stimmungen durch die mediterrane Ernährung bei jungen Menschen im Alter von 17 bis 35 Jahren nahe.

Gegen Depression soll die mediterrane Ernährung helfen.
Gegen Depression soll die mediterrane Ernährung helfen. © Shutterstock / Antonina Vlasova | Unbekannt

Die mediterrane Ernährung enthält laut der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention folgende Lebensmittel:

  • Täglich regionales Obst und Gemüse
  • Olivenöl, Nüsse und Samen
  • Häufig frischer Fisch und Meeresfrüchte
  • Selten rotes Fleisch, stattdessen nicht zu häufig Geflügelfleisch und Eier

Walter zufolge gilt es, eine ausreichende Zufuhr von Ballaststoffen und eine ausgewogene Vitamin-Versorgung sicherzustellen. Bei Prä- und Probiotika sei bislang noch nicht wissenschaftlich belegt, dass sie einen positiven Einfluss auf die Psyche haben. Forschende befassen sich seit einiger Zeit damit in verschiedenen Untersuchungen.