Berlin. Auch nach einer Influenza-Infektion kann es zu langanhaltenden Folgen kommen. Ein Forschenden-Team hat das nun genauer untersucht.
Dass nach einer Infektion mit dem Coronavirus Langzeitfolgen auftreten können, ist mittlerweile bekannt. Doch Corona ist nicht das einzige Virus, das nach der akuten Infektion schwerwiegende Auswirkungen haben kann – auch nach einer Grippe-Infektion (Influenza) sind langanhaltende Symptome möglich. Forschende aus den USA haben dieses Phänomen, das sie als „Long Flu“ bezeichnen, nun genauer untersucht. Der Begriff ist dabei an die Bezeichnung „Long Covid“ angelehnt, der mittlerweile für Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion geläufig ist. Das Wort Flu wiederum ist die Kurzform des englischen Begriffs für Grippe.
Für ihre Untersuchung werteten die Wissenschaftler die Daten von tausenden Patientinnen und Patienten aus, die wegen einer Corona- oder Grippeinfektion im Krankenhaus behandelt werden mussten. Relevant waren dabei die insgesamt 18 Monate nach der akuten Infektion. Untersucht wurden das Sterberisiko, das Risiko einer Krankenhauseinweisung und insgesamt 94 verschiedene mögliche Spätfolgen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die US-Forschenden im Fachjournal „The Lancet Infectious Diseases“.
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Corona und Grippe greifen unterschiedliche Organe an
Insgesamt analysierte das Team um Ziyad Al-Aly von der Washington University School of Medicine in St. Louis die Gesundheits-Informationen von etwas mehr als 81.000 Corona- und knapp 11.000 Influenza-Patienten. Dabei stellten sie fest, dass bei beiden Viren langanhaltende Folgen möglich waren – besonders schwer waren die gesundheitlichen Belastungen sowohl bei Corona als auch bei Influenza ab dem 30. Tag nach der Infektion. Insgesamt zeigte sich allerdings auch, dass das Coronavirus deutlich schwerere langfristige Beeinträchtigungen hervorrief als das Influenzavirus. Auch in der akuten Phase der Infektion führte das Coronavirus zu einer stärkeren Belastung. Gleichzeitig war das Sterberisiko nach einer Corona-Infektion um 50 Prozent höher als nach einer Grippe-Infektion.
Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass Long Covid deutlich vielseitigere Symptome hervorrufen konnte als Long Flu. Während nach einer Corona-Infektion das Risiko für 64 der 94 untersuchten Spätfolgen erhöht war, traf das bei der Grippe nur auf sechs Gruppen zu. Aus diesem Grund führe das Coronavirus auch öfter zu einem zweiten Krankenhausaufenthalt.
Gleichzeitig zeigte sich außerdem, dass die Viren verschiedene Organsysteme unterschiedlich stark belasteten. Während das Coronavirus für fast alle Organe ein größeres Risiko darstellte, gab es einen Bereich, der durch eine Influenza-Infektion stärker belastet wurde: die Lunge. „Die einzige bemerkenswerte Ausnahme besteht darin, dass die Grippe ein höheres Risiko für das Lungensystem darstellt als Covid-19“, wird einer der Studienautoren, Al-Aly, in einer Mitteilung der Universität zitiert.
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Impfungen können schwere Verläufe verhindern
Grundsätzlich müssten Mediziner sich stärker bewusst machen, dass Vireninfektionen eine bedeutende Ursache für chronische Krankheiten seien, sagte Al-Aly weiter. „Die Vorstellung, dass Covid-19 oder Grippe nur akute Krankheiten sind, übersieht ihre größeren langfristigen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit“, so der Wissenschaftler. „Eine wichtige Lektion, die wir von Sars-CoV-2 gelernt haben, ist, dass eine Infektion, von der ursprünglich angenommen wurde, dass sie nur eine kurze Krankheit verursacht, auch zu einer chronischen Krankheit führen kann.“
Der Fokus der Studie lag auf Personen, die mit schweren Symptomen im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die Ergebnisse lassen sich daher nicht auf Menschen mit leichteren Verläufen übertragen. Ein Risiko für schwere Verläufe hätten grundsätzlich aber vor allem Menschen ohne Impfschutz, heißt es. „Unsere Ergebnisse unterstreichen die anhaltende Notwendigkeit, das Risiko einer Krankenhauseinweisung aufgrund dieser beiden Viren zu verringern“, sagt Al-Aly. „Sowohl bei Covid-19 als auch bei der saisonalen Grippe können Impfungen dazu beitragen, schwere Erkrankungen zu verhindern und das Risiko von Krankenhausaufenthalten und Todesfällen zu verringern.“
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