Berlin. Die Zahl der Spermien bei Männern sinkt weltweit. Nun zeigen mehrere Studien, dass ein Stoff schuld sein könnte, der uns überall umgibt.
Männer scheinen ein Problem zu haben: Gleich mehrere aktuelle Untersuchungen haben Verschmutzungen in Spermaproben entdeckt. Zudem ist seit 2022 bekannt, dass die Zahl der Spermien bei Männern sinkt – ein weltweites Phänomen. Das war das Ergebnis einer Metaanalyse, die 288 Studien aus 53 Ländern mit fast 60.000 Teilnehmern aus den Jahren 1973 bis 2018 ausgewertet hatte.
Den Studienautoren um Hagai Levine von der Hebräischen Universität Jerusalem (Israel) zufolge ist die Spermienzahl in den vergangenen 45 Jahren weltweit um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. In den Jahren seit 2000 habe sich dieser Rückgang nochmals beschleunigt. Kamen zu Beginn der Erhebungen noch 101,2 Millionen Spermien auf einen Milliliter Samenflüssigkeit, seien es heute nur noch 49 Millionen. Seit 2000 sinke die durchschnittliche Spermienzahl pro Jahr um etwa 2,5 Prozent, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
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Die Ursachen für den Rückgang haben die Forschenden aus Israel nicht untersucht. „Die Quantität und Qualität von Spermien können durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden, und es gibt zahlreiche Studien, die dies untersucht haben“, sagt Prof. Michael Zitzmann, einer der führenden deutschen Sexualmediziner und Andrologen aus Münster. Zu den wichtigsten nachgewiesenen Faktoren zählten Schadstoffe, Lebensstil und Ernährung, medizinische und physiologische Faktoren oder auch Stress.
Spermien: Verschmutzt mit acht verschiedenen Kunststoffen
Gleich mehrere Studien haben zuletzt einen Stoff in vielen Spermaproben nachgewiesen, der weltweit immer weiter zunimmt: Plastik. In einer Untersuchung aus China, veröffentlicht in der Zeitschrift „Science of the Total Environment“, fanden die Wissenschaftler mikroskopisch kleine Vermutzungen in allen untersuchten Proben. Sie konnten acht verschiedene Kunststoffe nachgeweisen: Polystyrol, das für Verpackungen verwendet wird, war am häufigsten vertreten, gefolgt von Polyethylen.
In einer anderen aktuellen Studie aus Italien wurde Mikroplastik im Sperma von sechs von zehn gesunden jungen Männern nachgewiesen. Und in einer im Mai veröffentlichten Studie waren die Schadstoffe auch in allen 23 untersuchten Proben von menschlichem Hodengewebe nachgewiesen worden.
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„Studien an Mäusen deuten darauf hin, dass die Belastung mit Mikroplastik ein chronisches, kumulatives Risiko für die männliche Fortpflanzungsgesundheit darstellen kann. Sie zeigen einen signifikanten Rückgang der Anzahl lebensfähiger Spermien und eine Zunahme von Spermiendeformationen,“, schreiben die Forscher um Ning Li von der Universität Qingdao (China). Studien an Mäusen hätten zudem gezeigt, dass Mikroplastik Hormonstörungen verursacht.
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Forschende sehen dringenden Handlungsbedarf
„Kunststoffbestandteile und Stoffe wie Phthalate und Bisphenol A sind bekannt dafür, die Hormonregulation zu stören und die Spermatogenese, also die Heranreifung der Samen, negativ beeinflussen zu können“, sagt Michael Zitzmann. Um die genauen Mechanismen und langfristigen Auswirkungen, insbesondere von Umweltgiften wie Mikroplastik, vollständig verstehen zu können, brauche es weiterführende Forschung.
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Luigi Montano von der Universität Rom, der die italienische Studie zur Belastung von Spermaproben mit Mikroplastik leitete, forderte in einem Gespräch mit der Zeitung „Guardian“: „Wir müssen die exponentielle Zunahme des Plastikmülls stoppen.“ Es bestehe dringender Handlungsbedarf, um zusätzliche dauerhafte Schäden für den Planeten, den menschlichen Körper und den Fortpflanzungsprozess zu vermeiden.
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