Berlin. Wissenschaftler haben Wolken in Ost-China auf Mikroplastik untersucht. Ihre Funde schockieren. Das Plastik könnte die Wolken verändern.
Kleiner als Sandkörner und mit dem menschlichen Auge nicht zu erkennen – Mikroplastikpartikel. Sie tauchen immer mehr in der Umwelt auf. In Untersuchungen sind die winzigen Plastikteile mit Größen von weniger als fünf Millimetern in Böden, Gewässern, im ewigen Eis und jetzt auch in Wolken gefunden worden. Eine aktuelle Studie, die im „American Chemical Society’s Journal“ veröffentlicht wurde, weist jetzt auf einen potenziellen Zusammenhang zwischen Mikroplastik und Wolkenbildungen hin: Die Partikel könnten für mehr Regenfälle sorgen.
Forschende finden Mikroplastik in Wolkenwasser
Für die Untersuchung sammelten die Wissenschaftler der Shandong-Universität aus China 28 Wasserproben aus warmen Wolken zwischen 18 und 23 Grad Celsius am Berg Tai in Ost-China. Sie fanden in 24 der 28 Proben Mikroplastikpartikel. Dabei handelte es sich um Partikel, die oft in Kunstfasern, Kleidung, Verpackungen und Gesichtsmasken vorkommen.
Die Konzentration von Mikroplastik im Wolkenwasser des Bergs Tai war bis zu 70 Mal höher als die in japanischen Bergen, die in einer früheren Studie untersucht worden waren. Woher die Partikel genau stammen, ist unklar. Die Forschenden vermuten, dass sie über Luftmassen aus dicht besiedelten Regionen im Süden Chinas transportiert worden sind.
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Darüber hinaus zeigt die Studie: Die Oberflächen der Mikroplastikpartikel in den Wolken haben Anzeichen von Alterung durch Sonneneinstrahlung. Das könnte ihre Fähigkeit erhöhen, Metalle wie Blei und Quecksilber zu binden, was zur Wolkenbildung beitragen soll. „Die Oberflächen der Plastikpartikel könnten sich durch die Verwitterung so verändert haben, dass sie leichter durch Wasser oder organische Materialien benetzt werden können“, erklärt Anke Nölscher, Professorin für Atmosphärische Chemie an der Universität Bayreuth, unserer Redaktion.
Mikroplastik könnte für Regenwolken sorgen
Doch wie genau trägt Mikroplastik zur Wolkenbildung bei? Einfach erklärt: Wolken entstehen durch Wasserdampf, der durch Sonneneinstrahlung in die Luft steigt. Damit sich Wolken bilden können, muss dieser Dampf in flüssige Tropfen umgewandelt werden.
Die Wassertropfen wiederum entstehen, indem der Wasserdampf kondensiert und Tröpfchen oder Eiskristalle bildet. Allerdings können Wolken auch aus Aerosolen bestehen, einer Mischung aus flüssigen und festen Partikeln. Die festen Partikel sind zum Beispiel Staub oder Asche. Die Studie weist nun darauf hin, dass auch Mikroplastik zu den Partikeln gehören kann.
Wolken wiederum beeinflussen das Wetter, sorgen für Regen, Nebel oder Schnee und blockieren das Sonnenlicht, was damit auch das Klima verändert. Laut Forschenden müssen jedoch noch weitere Untersuchungen stattfinden, um das genaue Ausmaß des Einflusses von Mikroplastik auf die Wolkenbildung zu verstehen.
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Mikroplastik beschäftigt die Forschung schon länger
Anke Nölscher von der Universität Bayreuth betont, dass die Stichprobe aus China nur ein Schnappschuss der Situation in der Atmosphäre sei. Allerdings scheine es, dass die Forschenden einige typische Situationen analysieren konnten. „Die Studie trägt daher als weiteres Puzzleteil zur Verständnisbildung bei, wie Mikroplastik in der Umwelt wirken kann“, meint Nölscher.
Schon länger forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Mikroplastik in der Umwelt. „In den letzten Jahren gab es Anzeichen dafür, dass Mikroplastik durch die Luft zu den entlegensten Gegenden gelangen kann. So wurden Mikroplastikpartikel bereits in Schneeproben im Himalaya in Tibet oder in der Antarktis gefunden. Das legt nahe, dass Mikroplastik lange in der Atmosphäre schweben kann und möglicherweise mit Wolken interagiert“, erklärt Nölscher.
Es gebe viele Wege, wie Mikroplastik in die Umwelt gelangt, sagt Nölscher. „Da es aber mittlerweile in allen Umweltbereichen nachgewiesen wurde, wird mittlerweile ein ‚Plastik-Kreislauf‘ durch Gewässer, Böden und Atmosphäre beschrieben. Mikroplastik wurde sogar in Zellen von lebenden Organismen und im menschlichen Körper entdeckt.“
Und das sei laut Nölscher nicht ungefährlich: „Da Plastik sehr langlebig ist, wird erwartet, dass es sich mit der Zeit in der Umwelt ansammelt. Das könnte Einfluss auf die natürlichen Stoffkreisläufe haben, zum Beispiel auf Kohlenstoff und Nährstoffe. Solche Veränderungen könnten sich auf die natürlichen Bedingungen in Lebensräumen auswirken und möglicherweise ein Risiko für die Gesundheit von Umwelt und Mensch darstellen.“ Um die Auswirkungen genauer zu beurteilen, seien weitere Forschungen notwendig.