Düsseldorf. Was passiert, wenn so viele unterschiedliche Kulturen im Schulalltag aufeinandertreffen, erklärt ein Bildungs- und Migrationsforscher.
Im Schuljahr 2022/23 hatte fast jedes zweite Grundschulkind (46,5 %) in Nordrhein-Westfalen eine Zuwanderungsgeschichte. Damit ist die Zahl im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. Wie das den Schulalltag verändern kann, erklärt der Düsseldorfer Bildungs- und Migrationsforscher Klaus Spenlen im Gespräch mit Laura Lindemann.
Was sind im Schulalltag die größten Herausforderungen?
Klaus Spenlen: Die mitunter größte Herausforderung ist die Sprache. An Grundschulen in NRW sprechen die Kinder 102 Sprachen, über 140 Nationen kommen zusammen. Viele Kinder sprechen unzureichend Deutsch – und haben dadurch in Bereichen wie dem Lesen und Schreiben große Lücken.
Doch in der Kita, wo der Grundstein für die Sprache gelegt werden soll, fehlt es an Personal. Der sprachliche Bildungsauftrag kann also nicht immer erfüllt werden. Zudem besuchen längst nicht alle Kinder eine Kita. Da spielt auch ein geringer Bildungsanspruch einiger Eltern an ihre Kinder eine Rolle.
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Woran lässt sich ein geringer Bildungsanspruch festmachen?
Der lässt sich etwa daran messen, ob Eltern gewillt sind, Deutsch zu lernen, ob sie regelmäßig zu Elternsprechtagen kommen oder die Hausaufgaben ihres Kindes begleiten. Aber auch ob es in der Familie genug Geld für Bücher gibt, ob die Kinder mit ausreichend Schulsachen ausgestattet sind oder Nachhilfe bekommen. Das ist natürlich eine Kostenfrage. Aber man kann schauen, ob die Eltern sich bemühen, entsprechende Hilfen zu beantragen. Meist geht der Bildungsanspruch mit der sozialen Schicht einher, in der die Leute leben, wenn sie hierherkommen.
Spielen da auch Religion oder andere Wertvorstellungen eine Rolle?
Absolut. Traditionelle Bildungsstile, religiöse Einflüsse und patriarchale Strukturen sind in einigen Kulturen vorherrschend. So ist etwa der Bildungserfolg von Mädchen in einigen religiösen Communities nicht so wichtig, während Jungs zum Beispiel erzählt wird, dass sie vor der weiblichen Lehrkraft keinen Respekt haben müssen. Schwierig wird es vor allem dann, wenn Eltern ihren Kindern den Zugang zur Teilhabe verwehren, wenn Mädchen etwa nicht beim gemeinsamen Schwimmunterricht mitmachen dürfen. Das kann zu Ausgrenzung des Kindes führen und zudem bei den anderen Eltern auf Unverständnis stoßen.
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Wie lassen sich die Konflikte lösen?
Eltern sind da in der Verantwortung, ihre Erziehungskultur ist prägend für das Verhalten der Kinder. Lehrkräfte wiederum müssen Begegnungsmöglichkeiten mit Eltern schaffen und dabei ihre Hintergründe berücksichtigen. Hausbesuche sind da eine Möglichkeit. Das ist sehr aufwendig. Es braucht eine hohe Bereitschaft der Lehrkräfte und mehr Personal. Zudem braucht es mehr Sozialarbeiter an den Schulen.
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