Berlin. Der Vormarsch der Russen ist unerbittlich, die Leidensfähigkeit der Ukraine wird auf die Probe gestellt. Aber die USA stehen ihr bei.

Der künftige US-Präsident Donald Trump trägt die Militärhilfe für die Ukraine mit. Im TV-Sender Fox News sagte sein Berater Michael Waltz, er habe sich mit der Regierung Joe Biden abgestimmt. Wer glaube, er könne „eine Regierung gegen die andere ausspielen“, liege falsch. Im Übergangsprozess arbeite man mit dem Regierungsteam „Hand in Hand.“

Trump will beide Kriegsparteien dazu bringen, über einen Waffenstillstand zu reden. Er hat klargemacht, dass solche Verhandlungen oben auf der Prioritätenliste nach seiner Vereidigung und Amtseinführung am 20. Januar 2025 stehen. Dem Amerikaner ist nicht verborgen geblieben, dass Russland das vermeintliche Machtvakuum nutzt, um Fakten zu schaffen und die Ausgangslage vor Verhandlungen zu seinen Gunsten zu verbessern.

Heftig gekämpft wird insbesondere in und um die Grenzregion Kursk. Die Agentur Reuters meldete mit Verweis auf den Generalstab in Kiew, dass die Ukraine inzwischen 40 Prozent ihrer Geländegewinne verloren habe, die sie erst im Sommer gemacht hatte.

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Infanteristen gehen über die Leichen gefallener Kameraden

Dort greift Russland ununterbrochen an, zahlenmäßig meist klar überlegen. Eine Welle nach der anderen. Die Angriffe seien so heftig, dass die Infanteristen manchmal auf die Leichen gefallener Kameraden treten, zitiert das „Wall Street Journal“ einen ukrainischen Soldaten. Auf beiden Seiten stünden sich die besten Soldaten gegenüber. Kremlchef Wladimir Putin will Kursk vor Wintereinbruch zurückerobern. Die Ukraine hält dagegen.

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Kommt es zu Gesprächen, ist Kursk ihre Tauschmasse. Ohne Kursk werden die Ukrainer Putin wohl kaum dazu bewegen, eroberte Gebiete wieder abzutreten. Was er einmal an sich gerissen hat, will er auch behalten. Er nennt es die „neuen territorialen Realitäten“.

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#1 Robert Habeck über Krieg, Frieden und Waffen

Meine schwerste Entscheidung

Ischinger setzt auf Trumps Berater

In der Situation hat US-Präsident Biden der Ukraine mit Anti-Personen-Minen sowie mit der Freigabe von Raketen des Typs Atacms für Angriffe auf Ziele in Russland geholfen. Trump hat sich mit Biden getroffen und die Waffenhilfe bislang jedenfalls nicht kritisiert.

NATO-Verteidigungsministertreffen in Belgien
Auf ihn kommt es an, auf seine Überzeugungskraft: Wie gut ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj? © DPA Images | Virginia Mayo

Man weiß indes, dass ihm die Entwicklung generell gegen den Strich geht. Er will keine Eskalation und die milliardenteure Militärhilfe endlich reduzieren. Indes wollen die USA auch unter Trump eine Weltmacht bleiben. Der frühere britische Premier Boris Johnson mag nicht glauben, dass Trump „seine Präsidentschaft damit beginnen möchte, dem Sowjetimperium im Grunde zu erlauben, wieder groß zu werden“. 

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Das gilt erst recht für sein Umfeld. Der langjährige Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger, der auch Botschafter in Washington war, sagte jüngst in einer Talkshow, er kenne sowohl Waltz als auch den designierten Außenminister Marco Rubio. Und das seien Leute, die die Ukraine „nicht den Russen zum Fraß vorwerfen werden“, so Ischinger.

Drei Argumente in Trumps Ich-Welt: Geld, Stärke, Wichtigkeit

In Kiew hat Präsident Wolodymyr Selenskyj längst verstanden, wie Trump tickt: in Deal-Kategorien. Der Konflikt koste zu viel Geld. Die Ukrainer sind dabei, Köder auszulegen:

  • Oleksiy Chernyshov, CEO des Staatskonzerns Naftogas, hat sich in den USA angekündigt. Er sagt: „Der ukrainische Gasmarkt ist der lukrativste der Welt.“ Darüber wolle er dort in den nächsten Wochen mit US-Unternehmern reden.
  • In die gleiche Kerbe schlug ein Parteifreund Trumps, Senator Lindsey Graham. Bei Fox News warb er, in der Ukraine lagerten seltene Erden im Wert von Billionen Dollar. „Die Ukraine ist bereit, mit uns ein Abkommen zu schließen, nicht mit den Russen.“

Die Argumentation: Trump soll der Ukraine nicht selbstlos helfen, sondern weil es sich auszahlt; weil er so Amerika wieder groß mache und stärker agiere als Biden. Man erkennt unschwer, dass neben dem Geschäftssinn etwas anderes gekitzelt werden soll: Trumps Eitelkeit.

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Der Schweizer Militärökonom Marcus Keupp erinnert gern daran, dass die erste Regierung Trump zwischen 2016 und 2018 der Ukraine Javelin-Flugabwehrraketen verkauft hat. Vorgänger Barack Obama hatte sich dagegen gesträubt. Es ist nicht so, dass Trump mit Amtsübergabe den Schalter umlegt und die Ukraine-Hilfe beenden wird.

Wie lange hält die Ukraine noch durch?

Es kommt auf Selenskyjs Geschick an; ob er Trump und seinen Beraterstab für sich einnehmen kann. Wenn es einem gelingt, dann Selenskyj. Über den hat Trump schon im Wahlkampf gesagt, er sei der beste Verkäufer aller Zeiten seines Landes: in Trumps Welt ein Lob.

Kritisch ist der Faktor Zeit. Die Ukrainer sind in der Unterzahl und kriegsmüde. Wie lange halten sie noch die Stellung? Der österreichische Militärexperte Franz-Stefan Gady glaubt, dass sich Putin gerade auf der Siegerstraße wähne und deswegen nicht zu Verhandlungen bereit sei. Das könne sich ändern, wenn die USA anfangen würden, mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, um ihn an den Verhandlungstisch zu zwingen.

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