Washington. Ein Film zeigt Donald Trumps dunkle Anfänge. Dabei im Fokus: Roy Cohn, der Trump zu dem machte, was er heute ist – und das ohne Skrupel.
- Wohl kaum ein anderer Mensch hat Donald Trump so sehr beeinflusst wie Roy Cohn
- Der Anwalt gilt als Lehrmeister des Republikaners, der „aus dem Grab einen Präsidenten erschaffen“ hat
- So tragisch ist die Geschichte des einstigen Trump-Vertrauten
Nie rechtfertigen. Niemals Niederlagen zugeben. Alles abstreiten. Immer auf Angriff gehen. Das war das Leit-Motto von Donald Trumps Ersatzvater Roy Cohn.
Der schillernde New Yorker Anwalt, der in den 70er Jahren auf einen damals unbedarften Immobilien-Unternehmer-Sohn traf, formte Trump zu dem, was er heute ist: ein Ellenbogen-Rechtspopulist, der alles dem Machterhalt unterordnet.
Einen Hollywood-Film über die beiden wollte der republikanische Präsidentschaftskandidat auch wegen einer hässlichen Vergewaltigungsszene kurz vor den Wahlen unbedingt juristisch verhindern. Vergebens.
Am Freitag kommt „The Apprentice“ (gleichnamig mit der TV-Erfolgsserie Trumps) in den USA in die Kinos. Und damit die Frage zurück auf die Tagesordnung: Wie viel von Roy Cohn, einer der ruchlosesten Gestalten der jüngeren amerikanischen Geschichte, steckt in Donald Trump?
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Cohn zeigte Trump, „wie man Macht einsetzt und Furcht erzeugt“
Dazu vorab ein Zitat der „Washington Post“: „Cohn brachte Trump bei, wie man Macht einsetzt und Furcht erzeugt, mit der Formel: Angriff, Gegenangriff, niemals entschuldigen.“
Schon mit Mitte 20 wurde Cohn Stabschef des berüchtigten republikanischen Senators Joseph McCarthy. Dessen antikommunistische Hetze, unter der Tausende litten, ihre Karrieren aufgeben mussten oder in Gefängnisse wanderten, steht für eins der finstersten US-Kapitel des vergangenen Jahrhunderts.
McCarthy wurde auf den exzentrischen Sammler von Froschpuppen aufmerksam, weil er als aggressiver Staatsanwalt dabei mitgeholfen hatte, dass Julius und Ethel Rosenberg wegen Spionage für die Sowjetunion 1953 zum Tode verurteilt wurden.
Cohn arbeitete auch für die Präsidenten Richard Nixon und Ronald Reagan. Später übernahm er, blendend vernetzt in die Ober- und Unterwelt New Yorks, Anwaltsmandate für dubiose Mafia-Größen, das dortige Erzbistum, die Eigentümer des legendären Clubs „Studio 54“ und Aristoteles Onassis im Scheidungskrieg gegen Jackie (Kennedy).
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Roy Cohn zu Donald Trumps Mentor wurde
Cohns und Trumps Wege kreuzten sich im Sternkreiszeichen des Rassismus. Trumps Vater Fred hatte in den 70er Jahren wegen einer Schwarze klar benachteiligenden Vorgehensweise in seinen Mietskasernen in Brooklyn und Queens eine Klage am Hals, die das Unternehmen hätte ruinieren können.
Donald Trump, damals 27, war vom Papa mit den Aufräumarbeiten betraut worden. Cohn übernahm den Fall. Seine Strategie war es, eine Gegenklage über 100 Millionen Dollar anzuleiern. Er warf dem Staat vor, Trumps Ruf zu schaden. Die Causa endete in einem Vergleich – ohne ein Schuldeingeständnis. Donald Trump war tief beeindruckt: „Er war zu meinem Schutz bösartig zu anderen.“
Aus der Liaison wurde mehr. Cohn nahm „Donnieboy“ unter seine Fittiche, betätigte sich für ihn als Türöffner (für den Medien-Zar Rupert Murdoch), Publizist (Tratsch-Geschichten in der „New York Post“) und Ratgeber in allen Lebenslagen. Cohn arbeitete für Trump den Ehevertrag mit dessen erster Gattin Ivana Winklmayr aus. Apropos: Die im Film „The Apprentice“ gezeigte Vergewaltigung hatte die spätere Ivana Trump erst eidesstattlich bezeugt und später widerrufen. Trump selber stritt, natürlich, alles ab.
Die Ausläufer der Entente mit Cohn reichen bis heute. Trumps Universum der alternativen Fakten (vulgo: Lügen) geht maßgeblich auf Cohns Rat zurück: „Schaff dir deine eigene Realität, die Wahrheit ist biegsam.“
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Ein anderer Sinnspruch scheint ebenfalls nachhaltig auf Trump abgefärbt zu haben, der bekannt dafür ist, die regelmäßig gegen ihn ermittelnde Justiz zu verleumden: „Mich interessiert nicht, wie das Gesetz lautet, sondern wer der Richter ist.”
Passgenau fabulierte dazu einmal das Magazin „Esquire“: „Klienten, die ihren Ehemann ermorden, einen Geschäftspartner foltern oder die Regierung auskontern wollen, die engagieren Roy Cohn, den juristischen Vollstrecker.“ Genau danach sehnte sich der späte Donald Trump.
Ein schwuler Jude, der gegen Homosexuelle hetzte und für antisemitische Ausfälle berüchtigt war
Als in seinem ersten Amtsjahr 2017 vor allem das Justizministerium unter Jeff Sessions nicht willfährig genug nach seiner Pfeife tanzen wollte, seufzte der 45. Präsident der Vereinigten Staaten intern: „Wo ist mein Roy Cohn?“
Cohn ist durch den Erfolgs-Autor Tony Kushner in den kulturellen Olymp aufgestiegen. Dessen Broadway-Kassenschlager „Angels in America”, nur vier Jahre nach Cohns Tod uraufgeführt, enthält die Szene, in der der Ankläger sagt, er hätte Ethel Rosenberg auf dem elektrischen Stuhl liebend gern selber den tödlichen Stromstoß verpasst. „Warum? Weil ich Verräter und Kommunisten hasse. War es legal? Scheiß auf legal. Bin ich ein netter Mensch? Nett ist scheiße.“
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Mitte der 80er Jahre bekam Roy Cohn, der schwul war, aber gegen Homosexuelle hetzte, der Jude war, aber für antisemitische Ausfälle berüchtigt war, die Kehrseite des faustischen Pakts mit „DT“ zu spüren. Er erkrankte an Aids und kam nur durch die Kontakte zu den Reagans in ein Spezialprogramm mit der lebensverlängernden AZT-Therapie, die für normale Aids-Kranke damals unbezahlbar war. Trump aber ging – Aids ist nicht gut für Ruf und Geschäft – auf Distanz und trashte noch Jahre später seinen Mentor, der bis zuletzt aus Scham behauptet hatte, es sei Leberkrebs gewesen. Lehrmeister Cohn sagte kurz vor seinem Ableben 1986, er könne die Kaltblütigkeit seines Lehrlings kaum fassen: „Donald pinkelt Eiswasser.”
Der Filmemacher Matt Tyrnauer hat den Einfluss von Roy Cohn einmal schaurig-schön so beschrieben: „Er hat aus dem Grab einen Präsidenten erschaffen.“