Berlin. Der Papst fordert den olympischen Frieden. Resonanz: null. Warum Putin keine Waffenruhe will und Gesprächsangebote als Schwäche wertet.
Auf dem Ohr ist Kremlchef Wladimir Putin taub. Zum wiederholten Mal ignoriert Russland die Forderungen nach einem „olympischen Frieden“. Da kann kommen, wer will: der Gastgeber der Spiele, Frankreich, die Uno – oder der Papst.
Die russische Armee ist im Ukraine-Krieg auf dem Vormarsch. Diesen Vorteil will sich Putin nicht nehmen lassen, zumal sich ein Zeitfenster schließt. Wenn im Herbst der Regen einsetzt und die Felder in der Ukraine in Matschlandschaften verwandelt, wird es schwerer. Die Russen wollen militärisch nicht das Momentum verlieren.
Putin wartete das Ende der Winterspiele ab
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass während Olympia die Waffen schweigen. Anfang 2022 gab es Anzeichen dafür, dass der Kremlchef das auch respektierte. Auf der russischen Grenze waren 100.000 Soldaten zusammengezogen, während in Peking die Winterspiele liefen. Damals machte die Nachricht die Runde, Chinas Führung habe Putin gebeten, mit der Invasion zu warten.
Fakt ist, dass Putin die feierliche Eröffnung der Spiele in Peking besuchte, die am 20. Februar endeten. Am Tag danach erkannte Russland die Unabhängigkeit der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk an, weitere drei Tage später begann der Überfall. Nahm Putin Rücksicht auf Olympia oder eher auf China? Oder gaben ganz andere, militärische Erwägungen den Ausschlag?
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Am Freitag starten die Sommerspiele in Paris. Schon im Mai sondierte Präsident Emmanuel Macron die Chancen eines olympischen Friedens. Bezeichnend: Er wandte sich an China. Er bat Staatschef Xi Jinping um Unterstützung für Verhandlungen und eine Waffenruhe. Beide Seiten waren sich einig, dass ein olympischer Frieden eine Gelegenheit sein könne, für einen dauerhaften Frieden unter Respekt des internationalen Rechts zu arbeiten, so die damalige Sprachregelung. Vergebens.
Forderung nach Frieden: Der Papst wird überhört
Der Legende nach vereinbarten die griechischen Stämme in der Antike, dass Zuschauer, Athleten, Künstler sowie ihre Familien sicher anreisen, die Wettkämpfe miterleben und unbehelligt wieder abreisen konnten. Herrschte Krieg, galt während der Spiele ein Waffenstillstand. Bewiesen ist das nicht – aber als man sich Ende des 19. Jahrhunderts auf die Tradition der Olympischen Spiele zurückbesann, wurde auch der olympische Frieden hochgehalten.
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Als die Sommerspiele in Paris näherrückten, forderte die UN-Generalversammlung alle Nationen auf, den olympischen Frieden zu respektieren. Russland und Syrien enthielten sich. Zuletzt setzte sich Papst Franziskus wiederholt für eine Waffenruhe während Olympia ein, am vergangenen Freitag in einer Botschaft zu dem Sportereignis, am Sonntag beim Mittagsgebet und am Donnerstag auf X.
„Während der Frieden in der Welt ernsthaft bedroht ist, wünsche ich von Herzen, dass alle den #OlympischenFrieden respektieren in der Hoffnung, die Konflikte zu lösen und die Eintracht wiederherzustellen“, schrieb der Papst. „Gott erleuchte die Gewissen der Machthabenden“, so das Kirchenoberhaupt. Ihm erging es so wie Macron: In Moskau wurde er überhört und ignoriert.
China: Zeit für Verhandlungen „nicht reif“
Lediglich 15 Sportler aus Russland, die sich klar gegen Putin und seine Politik positioniert haben, werden als neutrale Athleten in Paris starten. Bei den Siegerehrungen wird eine Hymne nie erklingen, die russische. Für Putins Sprecher Dmitri Peskow sind die 15 Athleten eine „Ausgeburt der Hölle“.
Dass Putin im Moment nicht der Sinn nach Frieden, Verhandlungen oder nur nach einem olympischen Frieden steht, weiß sein Kriegsgegner. Zwar schlug der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bei einem Besuch in Peking Verhandlungen vor und warb um eine Vermittlerrolle Chinas. Doch in Moskau stellte Peskow klar, „ob durch die militärische Spezialoperation oder durch Verhandlungen – wir haben keine Alternative zum Erreichen unserer Ziele. Und wir werden sie auf jeden Fall erreichen.“
Putin will die Unterwerfung: die Abtretung der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sowie den Verzicht der Ukraine auf einen Beitritt zur Nato. Die Versuche, über Peking eine diplomatische Lösung voranzutreiben, wertete Peskow prompt als Notlage der Ukraine. Mit anderen Worten: als Schwäche. Chinas Außenminister erkannte, für eine Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg sei die „Zeit nicht reif“. Weder für Verhandlungen noch für einen Frieden, auch nicht den olympischen.
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