Berlin. Der Experte kritisiert, dass die Eliteeinheit keine Drohnen einsetzte. Zudem schätzt er die Erfahrenheit des Schützen an der Waffe ein.
Nach dem Attentat auf Donald Trump sind viele Fragen ungeklärt. Darunter: Welche Fehler hat der Secret Service gemacht, die es dem 20-jährigen Schützen Thomas Matthew Crooks ermöglichten, einen Mordanschlag auf den Präsidentschaftskandidaten der US-Republikaner zu begehen? Der für den Schutz des US-Präsidenten Joe Biden und Ex-Präsidenten wie Trump zuständige Dienst steht seit dem Anschlag bei der Wahlkampfveranstaltung in der Kleinstadt Butler in Pennsylvania massiv unter Druck.
Der Sicherheitsexperte Walfried O. Sauer hat den Anschlag für diese Redaktion analysiert. Zwar lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt und vor den anstehenden Untersuchungen der US-Behörden noch kein finales Urteil abgeben, sagt der frühere Polizist, der lange Jahre seinen Dienst bei einem Sondereinsatzkommando (SEK) tat und umfassende Erfahrung mit dem Schutz ranghoher Personen und Anti-Terror-Einsätzen hat. „Eindeutig ist aber, dass es ein klares taktisches Fehlverhalten vom Secret Service gegeben hat.“
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Kritik am Secret Service: Im Umkreis von 300 Metern müssen Sicherheitsbehörden alles unter Kontrolle haben
Der Dienst steht besonders in der Kritik, weil der Attentäter auf ein Flachdachgebäude neben dem Veranstaltungsgelände gelangen konnte. Von dort hatte Crooks ungestörte Sicht und eine freie Schusslinie auf den Ex-Präsidenten. „Eines der grundlegendsten Elemente der Standortsicherung, insbesondere bei einem weitgehend unkontrollierten Außengelände, ist die Ausschaltung der Sichtlinien zu dem Ort, an dem die zu schützende Person entweder spricht oder sich aufhält“, sagte der ehemalige stellvertretende FBI-Direktor Andrew McCabe dem Sender CNN.
Ex-SEK-Mann Sauer teilt die Kritik: „Der Attentäter war nur 130 Meter von Donald Trump entfernt. In diesem Nahbereich darf es einfach keine Personen mit einer Langwaffe geben.“ Sauer, heute Chef der unter anderem auf den Schutz gefährdeter Personen spezialisierten Sicherheitsfirma Result Group, sagt: „Im Umkreis von 300 Metern müssen die Sicherheitsbehörden alles unter Kontrolle haben. Da darf niemand mit einer Waffe rumlaufen.“ Dies sei der Umkreis, in dem Ziele mit einer Langwaffe sehr sicher getroffen werden könnten. „Je weiter man entfernt ist, desto schwieriger werden etwa die Windverhältnisse.“
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Experte kritisiert: Secret Service hätte Gelände mit Drohnen überwachen müssen
In den USA gibt es jetzt Debatten darum, warum die Gewerbeimmobilie nicht zur sensibelsten Sicherheitszone gehörte. Scharfschützen des Secret Service waren auf einem Dach schräg hinter Trump positioniert. Von dort erschossen sie Crooks wenige Sekunden, nachdem dieser bereits mit mehreren Schüssen Trump sowie zwei weitere Personen verletzt und einen Besucher der Veranstaltung getötet hatte. Die Sicherheitsbehörden müssen jedoch erklären, warum sie den Schützen nicht früher auf dem Flachdach entdeckten, um ihn bereits vor der Tat zu stoppen.
Sauer sieht auch hier entscheidende Versäumnisse. „Die gesamte Örtlichkeit hätte vom Secret Service kontrolliert werden müssen. Es ist heutzutage selbstverständlich, dass die Umgebung mit Drohnen aufgeklärt wird“, sagt der Sicherheitsexperte, der Erfahrung in der Ausbildung der deutschen Spezialeinheiten GSG 9 und KSK und ähnlicher Einheiten etwa in Österreich, Spanien oder Peru hat. „Es darf also keine Ausrede sein, dass der Schütze von unten schlecht zu sehen gewesen ist, weil er flach auf dem Dach gelegen hat. Bei der Gefährdung, die Trump als Ex-Präsident der USA ausgesetzt ist, ist das ein klarer taktischer Fehler.“
Augenzeugen warnten vor der Tat
Augenzeugen berichteten, bereits vor der Tat den mit einem halbautomatischen Gewehr vom Typ AR-15 bewaffneten Crooks auf dem Dach gesehen und dies der Polizei gemeldet zu haben. Dennoch gelang es nicht, den 20-Jährigen rechtzeitig auszuschalten. „Vermutlich hat es eine Kommunikationspanne gegeben, wodurch diese Informationen nicht schnell genug weitergegeben worden ist“, vermutet Sauer. „Normalerweise müsste sofort Alarmbereitschaft herrschen, wenn über Funk ein Verdächtiger mit einer Langwaffe gemeldet wird.“
Der Secret Service äußert sich nicht zu den Pannen. Untersuchungen liefen, der Bericht werde zu entsprechender Zeit herauskommen, heißt es offiziell. Das kann Monate dauern. Zumal der Kongress, das FBI und das Justizministerium ihre Hände mit im Spiel haben. Forderungen nach Rücktritt der Direktorin der Leibgarde der Spitzen von Staat und Parlament, Kimberly Cheatle, fußen unter anderem darauf, dass die Washingtoner Eliteeinheit bei der Sicherung von Gebieten außerhalb des streng kontrollierten Kundgebungsareals in Butler auf lokale Polizeien zurückgegriffen hat.
Ein Polizist störte Crooks, der richtete die Waffe auf den Beamten
Inzwischen ist bekannt, dass ein Beamter der örtlichen Polizei nach Anrufen über eine verdächtige Person auf dem Gebäude Crooks bei der Ausführung seiner Tat störte. Mithilfe eines Kollegen zog sich der Polizist bis zur Dachkante. Als Crooks daraufhin das Gewehr auf ihn richtete, brachte sich der Beamte selbst in Sicherheit. Der Attentäter eröffnete daraufhin das Feuer und traf Trump am Ohr. Möglicherweise geriet Crooks durch die Störung unter Druck.
Nach Einschätzung von Sauer war der 20-Jährige kein trainierter Schütze. „Der Attentäter hatte ein halbautomatisches Gewehr, das in den USA auch zur Jagd genutzt wird. Es ist in den USA nicht schwierig, eine solche Waffe zu bekommen und damit auf dem Schießstand zu üben“, sagt der Sicherheitsexperte. „Wer mit diesem Gewehr ein bisschen übt, müsste eigentlich sein Ziel treffen. Insofern dürfte der Attentäter nicht besonders geübt gewesen sein.“
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