Berlin. Experte Masala über die neue Unterstützung aus Nordkorea und warum der Westen Kiew erlauben sollte, weit nach Russland hinzufeuern.
Nordkoreanische Truppen als Verstärkung für die russische Armee in der Ukraine? Militärexperte Carlo Masala sagt, was das bedeutet. Und er erklärt, wie ernst man die neuesten russischen Drohungen gegen die USA nehmen muss.
Nordkorea will offenbar Teile seiner Armee in die von Russland besetzten Gebiete der Ukraine schicken. Handelt es sich um Soldaten? Was bedeutet das?
Carlo Masala: Nach allem, was man weiß sind es Soldaten, sie sind Teil der nordkoreanischen Armee. Aber es sind Ingenieure. Sie werden nicht kämpfend, sondern reparierend eingesetzt. Es ist schon interessant, dass Wladimir Putin und Kim Jong-un bei ihrem Treffen offenbar auch die Entsendung nordkoreanischer Armee-Einheiten vereinbart haben, selbst wenn es nur Ingenieure sind.
Carlo Masala
Er ist einer der bekanntesten Militärexperten in Deutschland. Masala (Jahrgang 1968) lehrt Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Er beantwortet unserer Redaktion jede Woche die wichtigsten Fragen rund um den Konflikt in der Ukraine.
Also kein neues Kanonenfutter für die russische Armee? Wird der Krieg dadurch nicht noch weiter internationalisiert?
Nein, das sehe ich nicht. Putin setzt generell Ausländer ein, um nicht noch mehr Russen in den Krieg schicken zu müssen. Es wird massiv beispielsweise in Afrika oder unter ausländischen Studenten in Russland angeworben. Ein nordkoreanisches Ingenieurbataillon wird für den Wiederaufbau eingesetzt. Es hat an der Front nichts zu suchen.
Die Ukraine bombardiert die Krim intensiv. Was hat die Armeeführung auf der Halbinsel vor?
Die Ukraine nutzt russisches Material auf der Krim massiv ab. Sie haben jetzt erst ein Kontrollzentrum zerschossen. Und man fragt sich: Wofür? Da kommen die F-16 ins Spiel, die bald geliefert werden sollen, und die unbeantwortete Frage: Wo werden die Ukrainer die Kampfflugzeuge einsetzen? Im Osten der Ukraine oder gegen die Krim? Momentan spricht vieles für die Krim. Man kann aber nie ausschließen, dass die Führung in Kiew eine ganz andere Taktik verfolgt.
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Welche?
Die Ukrainer zwingen die Russen mit ihrem Beschuss, die Luftverteidigung zu verlegen. Selbst von den Kurilen im Pazifik ist ein S-300-Flugabwehrsystem auf die Krim gekommen. Es kann sein, dass es eine Strategie der Ukraine ist, jetzt viel auf die Krim zu konzentrieren, weil sie am Ende ganz woanders angreifen wollen. Das wissen wir nicht.
Plant die Ukraine die Rückeroberung der Krim? Ist das realistisch?
Nein, das war nie realistisch. Rückeroberung würde bedeuten, dass man mit Bodentruppen reingeht. Und das wäre ein Selbstmordszenario, denn die Krim ist relativ leicht zu verteidigen. Die Angriffe sind der Versuch, den Teil der russischen Logistik zu behindern, die noch über die Krim läuft. Es geht um Zermürbung, um Abnutzung, um die Zerstörung von Hochwertgeräten. Der Druck ist massiv. Russland hat kürzlich erst sein vermutlich einziges S-500-Raketenabwehrsystem auf die Krim geschickt. Nein, es geht nicht um Rückeroberung, eher um die Isolierung der Krim.
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Vor kurzem sind offenbar vier Urlauber, darunter wohl zwei Kinder, am Strand auf der Krim bei einem ukrainischen Angriff mit Atamacs getötet worden. Weiß man genau, was da passiert ist?
Man weiß es nicht ganz genau. Vieles spricht dafür, dass es ein ukrainischer Angriff auf eine Luftverteidigungsstelle der Russen war und eine der Atamacs von der russischen Abwehr abgeschossen wurde. Beim Zerbersten sind dann offensichtlich Wrackteile auf den Strand gefallen.
Die Russen sprechen von einem Terroranschlag, machen die USA verantwortlich. Befürchten die Amerikaner jetzt Vergeltung?
Das glaube ich nicht. Wir kennen das ja schon. Wenn die Ukrainer mit westlichen Waffen für große Zerstörung sorgen, verknüpfen die Russen das immer mit einer Anklage der westlichen Staaten. Weil sie Waffen liefern, weil sie möglicherweise bei der Zielprogrammierung helfen und vieles mehr. Ich glaube nicht, dass da noch was kommen wird.
Der ukrainische Präsident Selenskyj möchte die Erlaubnis, mit westlichen Waffen noch viel weiter in russisches Gebiet schießen zu dürfen. Sollte man ihm die erteilen?
Absolut. Russland führt diesen Krieg vom eigenen Territorium aus. Aus rein militärischer Perspektive ist es sehr sinnvoll mit den westlichen Waffen, die sie haben, nicht nur Ziele in Grenznähe anzugreifen. Ob Selenskyj diese Erlaubnis bekommt, ist eine andere Frage.
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