San Francisco. Russland mobilisiert alle Reserven. Das größte Filmstudio lässt sich nicht lumpen und spendiert Vintage-Panzer für den Ukraine-Krieg.
Es klingt wie Satire. Aber wir versichern: Die Quelle ist offiziös, eine Mitteilung des Kreml. Für den Ukraine-Krieg mobilisiert Russland – Filmrequisiten. Wohlgemerkt, keine Attrappen. Vielmehr echte Waffen vom Mosfilm-Studio. „Unser Stolz“, sagt Wladimir Putin.
Audienz beim Herrscher. Mosfilm-Direktor General Karen Shakhnazarov erscheint nicht mit leeren Händen. Nach einem „kurzen Lagebericht“ mit allerlei Zahlen und Selbstlob zählt er auf, was das Studio in diesem Jahr „für wohltätige Zwecke“ gespendet hat.
Das gilt insbesondere für die „spezielle Militäroperation“, wie der Krieg im Beisein Putins immer genannt wird. Der ganze Dialog zwischen Shakhnazarov und Putin ist im Wortlaut auf der Internetseite des Kremls zu lesen. Es gibt trockenere Lektüren.
Eine Spende für die Panzertruppe
Shakhnazarov erzählt Putin, dass er Kontakt zum Verteidigungsministerium aufnahm und man dort dankbar annahm, was er zur Verstärkung der Panzertruppe anbot: 28 T-55-Panzer, acht PT-76-Panzer, sechs Schützenpanzer sowie acht Lastwagen, „die wir in unserer Militärabteilung hatten“. Shakhnazarov: „Ich wusste, dass sie diese brauchen.“
T-54/55 ist ein Panzer des Kalten Krieges. 1961 standen sich T-54 und US-Panzer am Checkpoint Charlie in Berlin gegenüber, die Geschütze aufeinander gerichtet. Das DDR-Museum hat noch T-55 in seinem Angebot (Inventarnummer 1024707), für Nostalgiker als Plastikmodelle. Allein, was haben sie 60 Jahre später im Ukraine-Krieg zu suchen?
Lesen Sie auch: Großes Rätsel im Ukraine-Krieg: Gehen Putin die Panzer aus?
Vielleicht ist die spezielle Spende symbolischer Natur. Vielleicht zeigt sie aber auch, wie groß die Materialnot ist, dass Uralt-Panzer nicht abgelehnt werden. Das unabhängige und zuverlässige Portal „Oryx“ dokumentiert, dass Russland bislang 3558 Panzer verloren hat: zerstört, beschädigt, aufgegeben, erbeutet. Die Zahl dürfte noch größer sein, denn Oryx listet nur Verluste auf, die es mit Fotos oder Videos belegen kann.
Museumspanzer an der Front gesichtet
Tatsächlich wurden die Retropanzer schon beobachtet, auf den Schlachtfeldern in der Ukraine und vor allem auf Zugtransporten. Sie wurden wohl in der Stadt Arsenjew in der Region Primorje gelagert, dort offensichtlich repariert, instandgesetzt, modernisiert und in den Krieg transportiert, wie auf Aufnahmen auf Youtube belegen sollen.
Sie sind für das Gefecht ungeeignet, von der Bewaffnung wie von der Panzerung her. Westliche Militärexperten vermuten, dass die Antik-Panzer als Ersatzteillager, als Truppentransporter, als ferngesteuerte Bomben (mit Sprengstoff beladen) oder Attrappen wertvolle Dienste leisten, damit die Ukraine sie angreift und Munition vergeudet. Die Täuschung ist realistischer als mit den aufblasbaren Panzer, die beide Seiten nutzen.
Ähnlich wie der T-55 ist auch der PT-76-Panzer eine Antik-Waffe, aus der Zeit gefallen. Er galt längst als ausgemustert, entsorgt, von moderneren Modellen verdrängt. Auch auf ihn verzichtet Mosfilm zugunsten von Mütterchen Russland. Das größte Filmstudio Europas – selbst in Hollywood sind nur „Warner Brothers“ und „Universal“ größer – wird eine Zeitlang wohl auf Kriegsfilme verzichten müssen. Mangels Filmrequisiten.
Das könnte Sie auch interessieren: Ukraine-Krieg: „Wilde Hornissen“ mit Geheimwaffe gegen Drohnen
- Artillerie: Fährt Nordkoreas Kim schwerstes Geschütz auf?
- Ukraine-Krieg: Selenskyj ärgert sich über Scholz-Telefonat mit Putin
- Requisiten: Jetzt holt Putin Panzer aus dem Filmstudio
- „Stacheldrohnen: „Wilde Hornissen“ mit Geheimwaffe gegen Drohnen