Washington. Ob Biden, Trump oder McConnell: US-Spitzenpolitiker sind im hohen Alter, der Senat gilt als „Altersheim“. Nun werden Grenzen gefordert.
Joe Biden stürzt gelegentlich, manchmal hat er Gedächtnislücken, ständig verspricht er sich. Das ist an sich kein Wunder. Schließlich ist der US-Präsident 80 Jahre alt. Biden ist nicht der einzige Alte in der US-Spitzenpolitik: Mitch McConnell, führender Republikaner im US-Senat, ist bereits 81. Vor einigen Wochen erstarrte er fast eine halbe Minute lang vor laufender Kamera – er war außerstande, die einfache Frage zu beantworten, ob er sich 2026 für weitere sechs Jahre im Amt bewerben wolle.
Tatsächlich haben Biden und McConnell nun eine Debatte um Altersgrenzen für US-Politiker losgetreten. Mehrere Senatoren, von denen keiner Rücktrittsabsichten signalisierte, nähern sich ihrem 90. Geburtstag. Und dann ist da noch Donald Trump, 77, der womöglich Joe Biden herausfordert. Dann würden sich im kommenden Jahr die zwei ältesten Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der USA wieder ein Duell um das höchste Amt im Lande liefern.
US-Wahl: Forderungen nach kognitiven Tests
Nikki Haley, die früher Trumps UN-Botschafterin war und sich nun mit Außenseiterchancen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur bewirbt, nimmt kein Blatt vor den Mund. „Der Senat ist das privilegierteste Altersheim Amerikas“, sagte sie, nachdem McConnell vor Reportern seinen zweiten Aussetzer binnen weniger Wochen hatte. Zuvor hatte Haley (51) für Furore gesorgt, als sie forderte, dass sich sämtliche Präsidentschaftskandidaten über 75 Jahren auf ihre geistige Kompetenz testen lassen.
Hintergrund: So funktioniert die US-Wahl
Wichtiger als die Bedenken von Haley und anderen Politikern, die auf Amtszeitbegrenzungen – sogenannten „term limits“ – bestehen, sind die wachsenden Sorgen der Wählerinnen und Wähler. So ist Deborah Barnes, eine unabhängige Wählerin aus Alexandria im US-Staat Virginia, der festen Überzeugung, „dass McConnell zwei Mini-Schlaganfälle hatte“. Er sollte sein Amt als republikanischer Oppositionschef niederlegen, sich stattdessen ausruhen „und sich um seine Gesundheit kümmern“.
US-Senat ein "Altersheim"? Älteste Mitglied ist 90
Zuvor war Dianne Feinstein aus Kalifornien, die mit 90 das älteste Senatsmitglied ist, außerstande, „Ja“ zu sagen, als sie ihre Stimme zum neuen Rüstungshaushalt abgeben wollte. Doch ebenso wie McConnell und andere Senioren in der oberen Kongresskammer, wo das Durchschnittsalter bei 65,3 Jahren liegt, will Feinstein von einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Amt nichts wissen.
Kaum anders verhält es sich im Repräsentantenhaus. Zwar sind dort auch Nachwuchspolitiker vertreten. Gleichwohl hofft die Demokratin Nancy Pelosi, die bis Januar dieses Jahres die Mehrheitschefin und somit nach Biden die wohl mächtigste Politikerin in Washington war, ein weiteres Mal das hohe Amt zu erklimmen. Sie gab kürzlich bekannt, nächstes Jahr in ihrem kalifornischen Bezirk ein weiteres Mal antreten zu wollen. Sollte die „Grande Dame“ der US-Politik wieder gewinnen, womit in dem liberalen San Francisco zu rechnen ist, würde Pelosi die nächste Amtsperiode kurz vor ihrem 85. Geburtstag antreten.
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Mit großer Skepsis stehen die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner vor allem Biden gegenüber. Wie aus einer Umfrage der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hervorgeht, sind mehr als drei Viertel (77 Prozent) der US-Wähler der Ansicht, dass Biden zu alt ist, um weitere vier Jahre ein „effektiver Präsident“ sein zu können.
Trump-Nichte über ihren Onkel: Er fiel bei kognitiven Tests durch
Etwas mehr als die Hälfte hält auch Trump für zu alt, der im kommenden Jahr 78 wird. An dessen geistiger Kompetenz zweifelt keine Geringere als seine Nichte Mary Trump. Die Psychologin sagte im US-Fernsehen, sie sei sicher, dass ihr Onkel bei jenem „kognitiven Test“, den er als Präsident mit fliegenden Fahnen bestanden haben will, in Wirklichkeit durchgefallen sei.
Doch aller Zweifel zum Trotz: Sowohl Biden als auch Trump bleiben die klaren Favoriten in ihren jeweiligen Parteien. In den 80er Jahren wäre das kaum denkbar gewesen: Damals hieß es, Ronald Reagan sei zu alt für das wohl stressigste Amt im Lande – dabei war der Republikaner zu Beginn seiner ersten Amtsperiode kurz vor seinem 70. Geburtstag. Damit war er zwar im Rentenalter, aber verglichen mit Biden und Trump ein Mann in den besten Jahren.
Dass sich die meisten Wähler nach jüngeren Kandidaten sehnen, Biden und Trump bei ihren jeweiligen Parteien aber fest im Sattel sitzen, hat unterschiedliche Gründe. So finden sich die Republikaner in dem Dilemma, dass der Populismus der Marke „Trump“, für den sich ein gutes Drittel der Wähler weiter begeistert, untrennbar mit der Person des 45. Präsidenten verbunden ist.
Joe Biden: Geistige Kompetenz infrage gestellt
Die Zwickmühle, in der die Demokraten hingegen stecken, beschreibt der politische Stratege David Axelrod - seinerzeit ein leitender Berater von ex-Präsident Barack Obama - so: „Eigentlich wollen die Wähler Biden deswegen nicht, weil sie sich jetzt schon fragen, in welchem Zustand er sich mit 84 oder 85, also inmitten der nächsten Amtsperiode befinden wird“.Gleichwohl wollen keine anderen nennenswerten Demokraten gegen ihn antreten, unter anderem deswegen, weil amtierende Präsidenten bei den parteiinternen Vorwahlen kaum zu bezwingen sind.
Während ein Präsident nicht mehr als zwei Amtsperioden absolvieren darf, sind Senatoren und Abgeordneten keine Grenzen gesetzt. 1995 verabschiedete das Repräsentantenhaus eine Verfassungsänderung, die Limits eingeführt hätte, doch das Gesetz scheiterte am Senat, wo eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre.
Politischen Experten zufolge sind die Chancen, entsprechende Begrenzungen einzuführen, schon deswegen so gering, weil die Entscheidung darüber jenen Politikern obliegt, die selbst schon im Rentenalter sind, sich aber um jeden Preis an die Macht klammern wollen.
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