Washington. Die First Lady ist die wichtigste Vertraute des Präsidenten. Im Wahlkampf spielt sie auf Augenhöhe mit – und hat eine wichtige Funktion.
Je näher die Präsidentschaftswahl in den USA rückt, desto häufiger richtet sich der Blick auf die besseren Hälften von Joe Biden und Herausforderer Donald Trump. Obwohl sie keine offizielle Funktion haben, spielen First Lady Jill Biden und ihre Vorgängerin Melania Trump wichtige Nebenrollen. Der Kontrast könnte diesmal kaum krasser sein.
Trump, das frühere Model aus Slowenien, war schon zu Amtszeiten ihres Mannes zwischen 2017 und 2021 nur in homöopathischen Dosen sichtbar. Politik interessiert sie nicht. Heute hält sich die 53-Jährige vollständig im Hintergrund. Weder bei den Anklage-Erhebungen im vergangenen Jahr noch im seit Monaten laufenden Wahlkampf war sie an der Seite ihres Mannes zu sehen. Spekulationen in US-Medien zufolge würde Melania Trump im Fall einer Wiederwahl wahrscheinlich nicht komplett nach Washington ziehen. Mar-a-Lago in Florida, wo ihr Sohn Barron zur Schule geht, und New York liegen ihr mehr.
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Ganz anders Jill Biden: Die promovierte Pädagogin, die in Teilzeit als Englisch-Lehrerin an einem Community College in Alexandria vor den Toren Washingtons arbeitet, ist als „erste Frau“ Amerikas omnipräsent. Wie ein neues Buch der New York Times-Autorin Katie Rogers bestätigt, ist sie nicht nur die wichtigste und einflussreichste Beraterin und Vertraute ihres Mannes. Sie redet auch bei Personal-Entscheidungen, Politik-Konzepten und beim Feintuning des Wahlprogramms mit. „Was denkst Du, Jill?“, ist eine häufig von Joe Biden zu hörende Frage.
Joe Biden: Ehefrau Jill gibt dem Präsidenten Orientierung
Die seit fast 50 Jahren mit dem 1973 in den Senat eingezogenen Demokraten verheiratete Tochter eines Sparkassendirektors und einer Hausfrau aus New Jersey spielt auch am neuralgischen Punkt ihres Mannes die entscheidende Wächterfunktion: Jill Biden ist es, die den 81-Jährigen auf öffentlicher Bühne notfalls „auffängt“, wenn Biden kurzzeitig die Orientierung verliert.
Sie ist es, die die Debatte über die angebliche mentale Hinfälligkeit des ältesten Präsidenten in der US-amerikanischen Geschichte demonstrativ mit Sätzen abwehrt, die in den kommenden Monaten immer wieder zu hören sein werden. „Ich sage: Sein Alter ist ein Vorteil. Joe macht mit 81 in einer Stunde mehr als die meisten Menschen an einem Tag. Er hat als Präsident so viele Versprechen einhalten können, gerade weil er so viel gelernt hat in seinen 81 Jahren.“
Das ist, auch wenn Jill Biden als Gattin qua Definition befangen ist, nicht einfach dahergesagt. Die in Philadelphia aufgewachsene Mutter einer 42-jährigen Tochter steht hinter zwei Kern-Überzeugungen, die die Biden-Kampagne bis November immer wieder auf die Rampe schieben wird:
- Joe Biden, und nur Biden, hat Trump bereits einmal geschlagen – er wird es wieder schaffen.
- Joe Biden ist trotz enormer gesetzgeberischer Leistungsbilanz beim milliardenschweren Umbau der US-Wirtschaft und Gesellschaft noch lange nicht fertig. Vier weitere Jahre müssten her, um den Job zu Ende zu bringen.
Biden: „Ich sehe ihn jeden Tag. Ich weiß, wie belastbar er ist“
Wer daran Zweifel sät, kriegt es mit einer resoluten Kämpferin zu tun, die ihren Mann wie eine Löwin verteidigt. „Ich sehe ihn jeden Tag. Ich weiß, wie belastbar er ist. Er ist die einzige Person, die diesen Job machen kann.“ Wie niemand anders hat Jill Biden Jahrzehnte Erfahrung mit dem Politiker Joe Biden und dem Raumschiff Washington.
Sie war an seiner Seite, als er Senator war. Sie war „Second Lady“ zu Zeiten seiner Vize-Präsidentschaft an der Seite von Präsident Barack Obama (2009 bis 2017). Jetzt blickt sie auf bald vier Jahre als „First Lady“ zurück. Genug Lebensspanne, um ihrem Urteilsvermögen zu vertrauen? Jill Biden, sagen Vertraute, hat ein Elefanten-Gedächtnis für Attacken gegen ihren Mann, das ewig zurückreicht. Vergeben kann die Tier-Närrin nur schlecht. So halten sich bis heute bei ihr die Rassismus-Attacken von Kamala Harris, seit bald vier Jahren Vizepräsidentin, die sie 2020 im Präsidentschaftswahlkampf gegen Joe Biden geritten hat.
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Jill Biden, daran besteht für Insider kein Zweifel, hätte die Wiederwahl-Ambitionen ihres Mannes im Frühjahr 2023 entgleisen lassen können. Tenor: Eine Amtszeit reicht. Dann wäre ausgiebig Zeit gewesen, um aus dem großen Reservoir von demokratischen Nachwuchstalenten – wie etwa den Gouverneuren Gavin Newsom (Kalifornien) oder Gretchen Whitmer (Michigan) – einen jüngeren Nachfolger oder Nachfolgerin in die Spur zu bringen.
Jill Biden wollte die Wiederwahl-Ambitionen nicht begraben
Wegbegleitern des Präsidenten war jedoch früh klar, dass der seit einem halben Jahrhundert zum nationalen politischen Mobiliar zählende Berufspolitiker aus Scranton/Pennsylvania die Macht nicht abgeben wird. Es sei denn, gesundheitliche Probleme zwängen ihn dazu. Jill Biden steht hundertprozentig dahinter.
Sie wird ein gehöriges Wort mitreden, wenn die Wahlkampfstrategen den 81-Jährigen demnächst häufiger aus der geschützten Medien-Blase des Weißen Hauses hinaus ins Land schicken müssen, um seine Botschaft direkt unter Volks zu bringen. Dabei wird es – alles andere wäre ein Wunder – wieder Pannen, Aussetzer und Fehltritte geben. Ob Biden sich ohne Teleprompter oder in Interviews mit latent feindlich gesonnenen Journalisten so gut schlagen wird, dass die Debatte über seinen unverkennbaren Altersverschleiß allmählich verstummt, ist die große Frage.
Klar ist, so hat Autorin Katie Rogers in ihrem Buch herausgearbeitet, dass Biden auf seine Frau hört, weil sie eine „echte Lovestory“ zusammen haben. Sie stütze ihn vorbehaltlos mit all ihrer Kraft. Weil sie an ihn glaubt. Von Melania Trump sind solche Schilderungen nicht überliefert.
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