Berlin. In der Ukraine läuft ein Abnutzungskrieg, reihenweise fallen Panzer aus. Der Westen reagiert mit Hightech, Putin mit robusten Lösungen.
- Tausende Panzer sind bereits im Krieg zwischen der Ukraine und Russland zerstört worden
- Die Industrie reagiert und entwickelt High-Tech-Systeme, um die Anfälligkeit zu minimieren
- Putin verfolgt eine andere Strategie – seine Truppen setzen auf einfache Lösungen
Im Ukraine-Krieg fallen reihenweise Panzer aus, eigentlich jeden Tag. Kein Modell ist davor gefeit. Beide Seiten kämpfen mit Ausfällen, die Russen mehr als die Ukrainer, was nur situationsgerecht ist: Der Angreifer riskiert immer mehr.
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Der Schweizer Militärökonom Marcus Keupp verlässt sich auf den Oryx-Blog. Das ist ein Kollektiv, das eine Liste über die Verluste führt: ziemlich konservativ, denn die Leute von Oryx zählen nur zerstörte Fahrzeuge und Geräte, von denen sie – zur Dokumentation – auch Foto- oder Videobeweise haben.
Bei den Panzern kommt Oryx auf 2619 Verluste bei den Russen: zerstört, beschädigt, verlassen, erbeutet. Bei der Ukraine wären es 729. Eine Bedrohung sind insbesondere:
- Minenfelder, für die ukrainische Offensive schier unüberwindbar;
- Anti-Panzer-Raketen wie die Javelin, ein „Tank-Killer“, der den Russen arg zusetzte;
- Flugzeug- und Hubschrauberangriffe;
- und besonders verheerend im Ukraine-Krieg: Drohnen.
Längst wird in Soldatenforen die Frage erörtert, ob Kampfroboter die Zukunftslösung wären und Panzer aus der Zeit gefallen und militärische Dinosaurier sind. Der Ukraine-Krieg ist nicht zuletzt ein Testfeld für Waffen. Auf die hohen Verlustraten musste die Industrie reagieren. Ihre Antwort lautet: „APS“.
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Panzer serienmäßig mit modernen Schutzsystemen
Das Kürzel steht für „abstandsaktives Schutzsystem“. Die Entwicklung wird seit dem Waffengang in der Ukraine forciert. Dazu gehören Sensoren, die anfliegende Geschosse orten, und Waffen, die sie binnen Millisekunden zerstören.
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Die Bundeswehr hat schon Ende 2021 beschlossen – drei Monate vor Ausbruch des Ukraine-Krieges –, testweise 17 Kampfpanzer Leopard 2 mit einem solchen System auszustatten, damals mit Trophy vom israelischen Hersteller Rafael.
Es besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: erstens Radarsensoren, zweitens einer Auswerte- und Feuerleitelektronik, die eine Bedrohung zweifelsfrei erkennt, klassifiziert und eine Reaktion auslöst, also drittens eine Gegenmaßnahme abfeuert.
Der Hersteller gibt an, Trophy könne in über 90 Prozent der Fälle die anfliegenden Geschosse abgefangen und die Schussquelle zielgenau ermitteln. Die Zuverlässigkeit ist entscheidend. Fehlauslösungen hätten furchtbare Folgen, im schlimmsten Fall unschuldige Opfer.
Auf einer ägyptischen Waffenmesse stellte der französische Rüstungskonzern Nexter Ende 2023 mehrere Gefechtsfahrzeuge vor. Darunter war auch ein Panzer der vierten Generation, inklusive eines aktiven Schutzsystems „mit hoher Abschreckung“, wie das Magazin „Europäische Sicherheit & Technik“ schreibt.
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Ukraine-Krieg: Der Westen setzt auf High-Tech
Im Enhanced Main Battle Tank (EMBT) hätten die Waffenschmieden Nexter und Krauss-Maffei Wegmann Baugruppen und Merkmale vom Leopard 2 und vom französischen Leclerc-Panzer kombiniert.
Serienmäßig haben weder Leclerc noch Leopard 2 solche Schutzsysteme. Die „Leos“ haben nur ein schweres Maschinengewehr auf dem Dach montiert. Auch den amerikanischen M1-Abrams-Panzern fehlen moderne Schutzsysteme.
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Hochtechnologie ist ein Ansatz, um den die ukrainischen Streitkräfte den Westen beneiden. Ihr Oberkommandierender Walerij Saluschnyj sagte in einem Interview, nur mit „innovativen Ansätzen“ könne der derzeitige Positionskrieg gegen Russland in einen Manöverkrieg umgewandelt werden.
Putin: Ist der Schutz der Soldaten für ihn zweitrangig?
Kremlchef Wladimir Putin kommt zu ganz anderen Lösungen: nicht mehr Qualität, sondern mehr Quantität, Masse statt Klasse. Der Westen strebt nach dem Optimum, Russland nach dem Maximum. In Moskau scheute man sich nicht, die Produktion des Panzers T-80 wieder hochzufahren, die vor mehr als 20 Jahren eingestellt worden war.
Putin nimmt damit im Kauf, dass seine Soldaten schlechter geschützt unterwegs sind – was nur in einem Staat wie Russland durchsetzbar ist, der den Fronteinsatz von jungen Männer einfach erzwingen kann. Hauptsache, die Panzer werden schnell produziert, sind robust, nicht zu teuer oder störanfällig.
Ukraine-Krieg Russen setzen auf robuste einfache Lösungen
Typisch ist, welche Lösung sich die Russen gegen Drohnen einfallen ließen. Sie haben für ihre Panzer einen Gitteraufsatz entwickelt, quasi ein zusätzliches Dach, zwischen 1,5 Meter und zwei Meter über dem Turm. Sieht improvisiert aus, aber es funktioniert.
Erstens können Granaten nicht direkt in eine offene Luke geworfen werden. Zweitens werden sie vom Gitter abprallen oder herunterrollen. Hat die Granate einen Aufschlagzünder, wird sie drittens am Gitter explodieren. Das schwächt die Folgen ab. Aus den gleichen Gründen hatten britische Panzer bereits im Ersten Weltkrieg ähnliche Gitterdächer, um sich vor Handgranaten oder Sprengsätze zu schützen.
Weder die Ukraine noch die israelische Armee IDF war sich zu schade, die altbewährte Methode zu kopieren. Im Westen wird der Aufsatz „Cope Cages“ genannt. Viele User stellten in den sozialen Netzwerken, zum Beispiel bei X, Bilder davon online.
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Technisch anspruchsvolle Lösungen rächen sich bei der Logistik, zumindest bei Wartung, Reparatur, Ersatzteilen. Viele westliche Panzer in der Ukraine verbringen viel Zeit in der Werkstatt – nicht immer infolge von Gefechten: nicht wegen Schäden, die durch Treffer entstanden sind, sondern weil Mechanik oder Elektronik defekt sind.
Westliche Panzer nur bedingt tauglich im Abnutzungskrieg
Im „Wall Street Journal“ hat ein ukrainischer Marineinfanterist die Position vertreten, dass viele westliche Panzer für die Ukraine ungeeignet seien, „weil sie nicht auf einen Abnutzungskrieg ausgelegt sind“. Wenn man sie in eine Großoffensive werfe, „dann liefern sie einfach nicht ab“.
Viele der 18 Kampfpanzer Leopard 2A6, die Deutschland der Ukraine geliefert hat, stehen nicht im Abwehrkampf gegen Russland, wie der Grünen-Politiker Sebastian Schäfer neulich bei einem Besuch in einer Werkstatt in Litauen feststellen musste. Die genaue Zahl ist Geheimsache. Ihre Veröffentlichung wäre nicht nur für die Ukraine eine Verlegenheit.
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