Paris. Auf der Waffenmesse Eurosatory gibt es die neueste Kriegstechnologie. Stars sind Super-Panzer, Tarnnetze – und eine Hyperschallrakete.
Gleich fünf verschiedene Panzertypen stehen in einer Reihe, Geschützrohre ausgerichtet. Wir sind auf der alle zwei Jahre abgehaltenen Waffenschau Eurosatory nördlich von Paris, dem Stelldichein von 2000 Ausstellern aus der ganzen Welt. Ein wichtiges Barometer der Rüstungsbranche.
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Eine asiatische Delegation bestaunt gerade den dunkelgrünen Prototyp des Kampfpanzers Leopard 2A-RC 3.0. Gleich daneben eine Neuentwicklung des französischen Leclercs, sandfarben und wüstentauglich. Gabriel, ein KNDS-Manager, der nur seinen Vornamen in der Zeitung nennen möchte – man ist in Eurosatory unter sich und diskret gegen außen –, freut sich: „Dass der Leopard und der Leclerc hier erstmals nebeneinanderstehen, ist doch ein schönes europäisches Symbol, n’est-ce pas?“
Gefahr durch Drohnen: Die Lehren aus dem Ukraine-Krieg
Schon. Doch sind die beiden Panzer Partner – oder Konkurrenten? KNDS ist ein bald zehn Jahre altes Joint-Venture deutscher und französischer Rüstungsfirmen. Nach einer mühseligen Einigung zwischen den Regierungen in Frankreich und Deutschland – von deutscher Seite mit Verteidigungsminister Boris Pistorius – im April sollen KNDS, Rheinmetall und die französische Thales Group das zukünftige, von Grund auf neu entwickelte und milliardenschwere Kampfpanzersystem MGCS bauen.
Es wäre auf eine gewisse Art die Verschmelzung von Leopard und Leclerc zum kampftüchtigsten Panzer der Welt. Offizieller Zeithorizont 2040. „Wohl eher 2045“, korrigiert ein deutscher Offizier.
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Bis dann werden der Leopard 2 und der Leclerc noch getrennt produziert und erneuert. „Sie sind komplementär“, so Gabriel: Die Deutschen verkauften ihren Panzer an viele Staaten auch über Europa hinaus, die Franzosen hätten Kunden im arabischen Raum. Die Nachfrage sei seit dem Ukraine-Krieg größer denn je. „Und unsere Kunden wollen nicht 20 Jahre auf den MGCS warten – sie wollen jetzt ihre Leopards oder Leclercs haben.“ Denn, wie der junge Franzose meint: „Vor zehn Jahren sagten die Generalstäbe, Panzer würden durch die moderne Kriegsführung hinfällig. Die hochintensive Gefechtsführung in den ukrainischen Ebenen hat sie eines Besseren belehrt.“
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Gleich tönt es bei Rheinmetall. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern hat auf der Eurosatory erstmals seinen KF51 präsentiert, gedacht für ausländische Märkte. Er kommt – wie der neue Leopard – ohne Turmschützen aus. „Das spart Personal und erhöht die Sicherheit für die drei anderen.“ Denn die Gefahr kommt heute von oben, durch die Drohnen.
KNDS präsentiert auf der Messe eine neue Caesar-Haubitze, deren Neuheit darin besteht, dass ihre Motorhaube und das Dach des Führerstandes gepanzert sind – gegen die leisen und unsichtbaren Drohnenattacken. Zudem werden die Caesar-Laster mit aufblasbaren Attrappen ausgerüstet, um Angriffe aus dem heiteren Himmel fehlzuleiten.
Drohnen bringen auch KI auf das Schlachtfeld
Die Caesar-Haubitze illustriert zwei weitere Merkmale der neuen, artilleriegestützten Kriegsführung: Erstens, die Präzision wird immer wichtiger. Zweitens, alles muss blitzschnell gehen. „Einmal in Stellung, braucht eine Caesar-155-Millimeter-Kanone nur zwei Minuten für zwölf Schüsse“, sagt Gabriel. „Und während ein Schuss über 45 Kilometer früher in einem halben Fußfallfeld landen konnte, trifft die Kanone heute ein Fußballtor.“
Wer Artillerie sagt, sagt auch Munition. Vor Kriegsbeginn in der Ukraine „produzierten wir 70.000 Geschosse im Jahr“, rechnet ein Vertreter von Rheinmetall vor. „In diesem Jahr werden es 700.000 Geschosse sein, 2026 rund 1,1 Millionen.“ Darunter sind auch neuartige Produkte wie kreisende oder ferngesteuerte Munition. Geschosssalven mit sogenannter Rasterabdeckung richten sich wiederum gegen Drohnen, die ihr Ziel nicht direkt anfliegen, sondern sich heranschlängeln.
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Drohnen bringen auch die Künstliche Intelligenz (KI) auf das Schlachtfeld. MBDA, die Raketensparte des zivilen Flugzeugbauers Airbus, zeigt in Paris ihr Drohnenabwehrsystem Sky Warden. Etwas abseits der Blicke zeigt der Techniker Rémi die haushohe Störantenne, die Drohnen auf weite Distanzen eruieren kann. Und dann eine Störpistole.
Die Waffe gleicht einem dicken Spielzeuggewehr aus schwarzem Plastik und ist relativ schwer. KI-Systeme versorgen sie mit den Frequenzen nahender Drohnen; so lässt sich ihre GPS-Steuerung auf den letzten 400 Metern vor dem Ziel unterbrechen.
Zwei ranghohe Militärs aus Ägypten interessieren sich brennend für eine Drohne mit einem Tarnnetz, das eine feindliche Drohne einfangen kann. Daneben eine Hit-to-kill-Drohne – gemacht, um das unbemannte Flugobjekt des Feindes auf Kamikaze-Art regelrecht niederzuschlagen.
Die Super-Rakete, die Putin stoppen soll
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Weitgehend unbeachtet von den Messegästen steht im Schatten des MBDA-Standes eine schmale, rund sieben Meter hohe weiße Rakete. Niemand kümmert sich um das unauffällige Geschoss, obwohl es einmal das Überleben des europäischen Kontinents sichern könnte. Es ist der erste, noch sehr rudimentäre Prototyp einer Hyperschallrakete – oder besser gesagt der Abwehr einer solchen Rakete aus Feindesland.
Rémi erklärt: Heutige US-Abwehrsysteme wie Patriot können Raketen, die mit über 6000 km/h fliegen, in der langsameren Endphase abfangen. Gegen Geschwindigkeiten wie Mach 10, die die chinesische DF-17 erreichen soll, sind sie aber unwirksam. Auch gegen die Zirkon aus Russland, die 1000 Kilometer weit mit Mach 9 fliegen kann. Mit atomaren Sprengköpfen als Ladung.
Keine angenehme Vorstellung. Und die „Aquila“ befindet sich laut dem MBDA-Techniker erst in der Studienphase. Einsetzbar soll sie 2035 sein. Gut ein Jahrzehnt lang muss sich also Europa noch gedulden, bevor es vor Putins Rakete sicher ist.