Berlin. Die Rufe nach einer Korrektur beim Bürgergeld werden lauter, nicht nur aus Bayern. Doch VdK-Chefin Bentele stemmt sich gegen Kürzungen.
In der Debatte über die künftigen Staatsfinanzen und mögliche Einschnitte bei Sozialleistungen wird der Ton rauer. Der Sozialverband VdK warnte am Wochenende die Ampel-Koalition eindringlich davor, auf die geplante Erhöhung des Bürgergelds um zwölf Prozent zum Jahreswechsel zu verzichten.
„Das Bürgergeld ist keine soziale Hängematte. Genauso wenig, wie die rückwirkende sowie überfällige Erhöhung kein Faulheits-Bonus ist“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele unserer Redaktion. Die Lebensmittelpreise blieben weiterhin hoch, auch wenn die Inflation etwas zurückgehe. Wer behaupte, dass Empfängerinnen und Empfänger froh über den Empfang von Sozialleistungen seien, der sei „im falschen Film“.
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Bentele reagierte damit auf Forderungen aus Regierung und Opposition, nach dem jüngsten Urteil des Verfassungsgerichts zur Haushaltspolitik die Sozialausgaben des Staates zu kürzen. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hatte am Wochenende im Interview unserer Redaktion deutlich gemacht, dass er mit Blick auf den Bundeshaushalt 2024 großes Einsparpotenzial im Sozialetat sieht und dabei auch das Bürgergeld genannt.
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FDP-Generalsekretär Djir-Sarai: „Der Sozialstaat ist zu teuer“
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai legte in der „Bild am Sonntag“ nach und sagte, die geplante Anhebung der Bürgergeldsätze sei nicht mehr angemessen. Der Sozialstaat sei zu teuer. „Jeder dritte Euro, den die Bundesregierung ausgibt, fließt in Sozialausgaben.“ Ähnlich äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er kündigte im „Stern“ zudem eine Bundesratsinitiative für eine grundlegende Überarbeitung des Bürgergelds an.
VdK-Chefin Bentele sagte nun: „Ohne die Bürgergeld-Anpassung wüssten viele Menschen nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen und sattwerden sollen.“ Sie ergänzte: „Wie sollen die 160.000 Alleinerziehenden, die auf Bürgergeld angewiesen sind, bei dem Mangel an Kita-Plätzen überhaupt in Vollzeit arbeiten gehen? Die Anpassung ist ein erster, wichtiger Schritt.“
Bürgergeld: Parlamentspräsidentin Bas mahnt behutsame Debatte an
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) warnte davor, die Debatte über das Bürgergeld und den Haushalt 2024 auf Kosten von bedürftigen Menschen auszutragen und verschiedene Gruppen gegeneinander auszuspielen. „Das ist ein Populismus, der uns in ein Klima hineinredet, in dem es dann nur darum geht: arm gegen reich, Migrationshintergrund oder nicht.“ Das sollten demokratische Parteien nicht mitmachen. Auch vom Sozialflügel der Union kamen mahnende Worte.
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Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Haushaltsurteil Mitte November die gesamte Finanzplanung der Berliner Ampel-Koalition über den Haufen geworfen und damit auch den Entwurf für den Haushalt 2024. Nach Angaben von Finanzminister Lindner gibt es jetzt eine Lücke im Umfang von 17 Milliarden Euro. Lindner, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) suchen derzeit im kleinen Kreis nach Möglichkeiten, dieses Loch zu stopfen, ohne wesentliche Projekte des Regierungsbündnisses zur Disposition zu stellen.
Wenn der Haushalt 2024 noch vor dem Jahreswechsel durchs Parlament soll, braucht es bis Ende der Woche eine Grundsatzeinigung. Für 2023 will die Ampel einen Nachtragshaushalt beschließen und dafür erneut die Schuldenbremse aussetzen. Lindner will dies für 2024 aber vermeiden. Die Verfassungsrichter hatten der Ampel im November nachträglich untersagt, nicht genutzte Corona-Kredite zugunsten des Klimaschutzes umzuwidmen und dieses Finanzpolster über mehrere Jahre zu verteilen.