Berlin. Technologische Durchbrüche bringen ausgestorbene Tierarten in greifbare Nähe – doch ist das wirklich ein Gewinn für die Natur?
Die Idee, ausgestorbene Arten wieder zum Leben zu erwecken, wirkt auf den ersten Blick wie Science-Fiction. Doch die jüngsten Fortschritte in der Gentechnik könnten diese Vision bald Realität werden lassen.
Colossal Biosciences, ein innovatives biotechnologisches Unternehmen aus Texas, steht an der Spitze dieser Entwicklungen. Mit ambitionierten Plänen zur Wiederbelebung des Wollhaarmammuts, des Dodos und des tasmanischen Tigers setzt das Unternehmen neue Maßstäbe. Bis 2028 soll das erste Mammut-Kalb geboren werden – ein Meilenstein, der nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Öffentlichkeit fasziniert.
Forscher begeistert: Neuer Durchbruch in der Wissenschaft
Der erste dokumentierte Versuch der „De-Extinction“ fand 2003 statt, als Wissenschaftler versuchten, die Pyrenäen-Steinbockziege, die drei Jahre zuvor ausgestorben war, wiederzubeleben. Dieser Versuch scheiterte an den gesundheitlichen Problemen des geklonten Tieres.
Heute hat sich die Technologie jedoch dramatisch weiterentwickelt. Colossal Biosciences nutzt fortschrittliche Methoden der Genom-Editierung, um Gene des Wollhaarmammuts in den genetischen Code des Asiatischen Elefanten zu integrieren. Die genetischen Anpassungen sollen das Aussehen und die Eigenschaften der Mammuts nachahmen, darunter zotteliges Fell, gewaltige Stoßzähne und ein charakteristischer, kuppelförmiger Schädel.
Neben dem Wollhaarmammut plant Colossal auch die Wiederbelebung des Dodos und des tasmanischen Tigers. Während der Dodo, ein flugunfähiger Vogel aus Mauritius, durch menschliches Eingreifen ausgelöscht wurde, starb der tasmanische Tiger erst im 20. Jahrhundert aus. Beide Arten sollen durch das Einfügen ihres genetischen Materials in die Genome moderner Tiere – Bankivahühner für den Dodo und Schmalfußbeutelmäuse für den tasmanischen Tiger – zurückgebracht werden.
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Darum wollen die Wissenschaftler Tiere wiederbeleben
Der Hauptantrieb hinter diesen Projekten ist das Ziel, verlorene ökologische Nischen zu füllen, heißt es auf der Website. Das Wollhaarmammut spielte einst eine zentrale Rolle in der Arktis, indem es die Graslandschaften durch Weiden und Trampeln pflegte. Diese Aktivität verhinderte das Wachstum von Büschen und Bäumen und trug zur Bildung der sogenannten „Mammut-Steppe“ bei, einem Ökosystem, das große Mengen Kohlenstoff speicherte und so zur Regulierung des Klimas beitrug.
Ohne diese großen Herbivoren hat sich die Landschaft in eine feuchte Tundra verwandelt, die weniger Kohlenstoff speichert und anfälliger für das Auftauen des Permafrosts ist. Einige Wissenschaftler hoffen, dass die Wiederbelebung solcher Megafauna zur Wiederherstellung des arktischen Ökosystems beitragen und somit die Klimakrise mildern könnte.
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Wiederbeleben: Technologische Hürden und ethische Bedenken
Trotz der aufregenden Fortschritte gibt es erhebliche Herausforderungen. Die genetische Vielfalt der wiederbelebten Tiere könnte eingeschränkt sein, was sie anfällig für Krankheiten und genetische Defekte machen könnte.
Der Yale-Ökologe Oswald Schmitz warnt gegenüber dem Wissenschaftsmagazin „Live Science“ vor den Gefahren menschlicher Überheblichkeit. „Wir haben diese Hybris als Menschen, dass wir unsere Technologie kontrollieren können. Ich bin mir da nicht so sicher“, sagt Schmitz. Die Schaffung von Tieren, die genetisch den ausgestorbenen Arten ähnlich sind, könnte auch unerwartete ökologische Folgen haben, die schwer vorhersehbar sind.
Ein weiteres Risiko betrifft die möglichen Konflikte zwischen Mensch und Wildtier. Die Rückkehr großer Tiere wie des Mammuts könnte neue Herausforderungen für die menschliche Bevölkerung mit sich bringen. In afrikanischen Ländern gibt es bereits zahlreiche Beispiele für Konflikte zwischen Menschen und Elefanten, die zu erheblichen Schäden und menschlichen Verlusten führen können. Sollten Mammuts tatsächlich erfolgreich wiederbelebt werden, müssten umfassende Management- und Bildungsprogramme entwickelt werden, um solche Konflikte zu minimieren.
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Finanzielle und ökologische Alternativen zur Wiederbelebung
Die „De-Extinction“-Projekte sind mit erheblichen Kosten verbunden. Colossal Biosciences hat bereits mehr als 225 Millionen Dollar für seine Bemühungen gesammelt. Kritiker argumentieren, dass diese Mittel effektiver für den Schutz aktuell bedrohter Arten verwendet werden könnten.
Der Wissenschaftler Vincent Lynch und der Umweltforscher Adam Searle stellen die Frage, ob es sinnvoll ist, große Summen für die Wiederbelebung ausgestorbener Arten auszugeben, deren ökologische Rolle möglicherweise nicht mehr relevant ist. Stattdessen sollte der Fokus auf dem Erhalt von Arten liegen, deren Überleben derzeit bedroht ist, wie „Live Science“ berichtet.
Es bleibt abzuwarten, ob die Technologie der „De-Extinction“ zu einem tatsächlichen Fortschritt in der Umwelt- und Naturschutzpolitik führen wird oder ob sie sich als ein riskantes Experiment erweisen wird, dessen Folgen noch nicht vollständig abzusehen sind.