Berlin. Wissenschaftler widerlegen eine lang geglaubte Theorie, wie die letzten Mammuts ausgestorben sind. Das wirft jedoch neue Fragen auf.
Laut einer neuen Studie wurde die letzte überlebende Mammut-Population der Erde durch ein zufälliges und plötzliches mysteriöses Ereignis ausgelöscht. Bisher dachte man, dass die letzte Mammut-Population, die 6000 Jahre lang auf der Wrangelinsel im heutigen äußersten Norden Russlands vom Rest der Welt isoliert war, durch genetische Inzucht ausgelöscht wurde.
Eine neue Studie hat jedoch ergeben, dass die Population – die von höchstens acht Individuen auf 300 anwuchs, bevor sie vor 4000 Jahren ausstarb – nicht aus genetischen Gründen ausgestorben ist. Das bedeutet jedoch ein noch größeres Rätsel darüber, was tatsächlich passiert ist. Wissenschaftler veröffentlichten jetzt dazu ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Cell“.
„Wir können nun getrost die Vorstellung zurückweisen, dass die Population einfach zu klein war und sie aus genetischen Gründen zum Aussterben verurteilt war“, sagte Studienleiter Love Dalén, Evolutionsgenetiker am Zentrum für Paläogenetik in Stockholm, laut einer Mitteilung. „Das bedeutet, dass sie wahrscheinlich einfach durch ein zufälliges Ereignis ausgelöscht wurde, und wenn dieses zufällige Ereignis nicht stattgefunden hätte, gäbe es heute noch Mammuts.“
Letzte Mammuts nicht wegen Inzucht ausgestorben
Vor etwa 300.000 bis 10.000 Jahren durchstreiften Wollmammuts die eisigen Ebenen Europas, Asiens und Nordamerikas. Als das Eis in diesen nördlichen Regionen schmolz, verschwand die arktische Tundra, die die riesigen Dickhäuter als Nahrungsquelle nutzten. Dies führte dazu, dass das Verbreitungsgebiet der Mammuts schrumpfte, bis sie schließlich ganz verschwanden.
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Doch irgendwann in diesem Zeitraum überquerte eine kleine Gruppe von Mammuts das Eis an der Nordwestküste Sibiriens und begann, die Wrangelinsel zu besiedeln. Als die Eisbrücke vor etwa 10.000 Jahren verschwand, wurden sie von der Population auf dem Festland abgeschnitten. Abgeschieden auf der gefrorenen Insel überlebten die Mammuts dort weitere 6000 Jahre.
Da die Mammuts der Wrangelinsel von höchstens acht Individuen abstammen, gingen Wissenschaftler bislang davon aus, dass schädliche Mutationen durch Inzucht den Tod der Tiere verursacht haben könnten.
Wahre Ursache für Aussterben unbekannt
Um die Folgen des Engpasses auf der Wrangelinsel zu untersuchen, analysierten die Forscher in der neuen Studie mithilfe von DNA aus Knochen und Stoßzähnen die Genome von 21 Mammuts – 14 von der Insel und sieben aus der Festlandpopulation vor dem Engpass .Sie fanden heraus, dass die Wollmammuts der Insel Anzeichen von Inzucht und geringer genetischer Vielfalt zeigten, ihre Mutationen jedoch nur wenig schädlich waren und die gefährlichsten langsam aus ihrem Genom entfernt wurden.
„Wenn ein Individuum eine extrem schädliche Mutation hat, ist es im Grunde nicht lebensfähig, sodass diese Mutationen im Laufe der Zeit allmählich aus der Population verschwanden“, sagte die Erstautorin der Studie, Marianne Dehasque, eine Evolutionsgenetikerin am Zentrum für Paläogenetik. „Andererseits sehen wir jedoch, dass die Mammuts fast bis zu ihrem Aussterben leicht schädliche Mutationen ansammelten.“
Da Inzucht ausgeschlossen werden konnte, ist die wahre Ursache für das Aussterben der Wollmammuts nach wie vor unbekannt, so die Forscher.
Was wirklich passierte, bleibt ein Rätsel
„Was am Ende passierte, ist immer noch ein kleines Rätsel – wir wissen nicht, warum sie ausgestorben sind, nachdem es ihnen 6000 Jahre lang mehr oder weniger gut ging, aber wir glauben, dass es plötzlich passiert ist“, sagte Dalén. „Ich würde sagen, es besteht noch Hoffnung, herauszufinden, warum sie ausgestorben sind, aber keine Versprechungen.“
Um dies weiter zu untersuchen, werden die Forscher an ausgegrabenen Mammutfossilien aus den letzten 300 Jahren der Population auf der Insel nach Hinweisen suchen. In der Zwischenzeit, so die Wissenschaftler, sind ihre Erkenntnisse hilfreich, um die anhaltende Diversitätskrise zu verstehen, da sich das düstere Schicksal des Mammuts in vielen heutigen Populationen widerspiegele.
„Es ist wichtig, dass die heutigen Naturschutzprogramme im Auge behalten, dass es nicht ausreicht, die Population wieder auf eine anständige Größe zu bringen“, sagte Dehasque. „Man muss es auch aktiv und genetisch überwachen, denn diese genomischen Effekte können über 6000 Jahre anhalten.“
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