Berlin. Ferch verrät, wie er durch die Wienerinnen die Kultur im Nachbarland schätzen gelernt hat und warum starke Frauenrollen dem Film guttun.
In „Allmen und das Geheimnis des Koi“ (am 24. August um 20.15 Uhr in der ARD) kehrt Heino Ferch in eine seiner Erfolgsrollen zurück. Früher als „der deutsche Bruce Willis“ etikettiert, verändert sich das Rollenprofil des TV-Stars, der auch mit Filmen wie „Comedian Harmonists“ bekannt wurde und mit Reihen wie „Nordholm“ präsent ist. Im Interview spricht der Schauspieler über seine Einstellung zum Älterwerden, seine Beziehung zu schönen Dingen und die Sicht auf gesellschaftliche Veränderungen.
Sie spielen den Lebemann von Allmen inzwischen seit acht Jahren. Teilen Sie dessen Vorliebe für schöne Dinge und Menschen?
Heino Ferch: Mit Kunst und guten Weinen beschäftige ich mich sehr gerne. Auch bin ich nicht abgeneigt, hübsche Menschen anzuschauen. Aber mit der Kleidung halte ich es lange nicht so wie Herr von Allmen. Da bin ich doch sehr viel einfacher und eher amerikanisch-sportlicher unterwegs. Auch in puncto Essen bin ich bodenständiger und ich habe nicht die gleiche Genauigkeit, mit der er alle Elemente seines Lebens kontrolliert. Aber ich genieße die Zeit, die ich mit dieser Figur verbringen kann.
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Sie hat also bislang nicht auf Sie abgefärbt?
Ferch: Eine gewisse Liebe zu maßgeschneiderten Hemden entwickelt man schon, wenn man mit solcher Kleidung verwöhnt wird, wie Herr von Allmen sie trägt. Aber ich bin eben selten in Anzügen unterwegs.
Einen Koi-Karpfen haben Sie sich, inspiriert durch die letzte Folge, jedenfalls nicht zugelegt?
Ferch: Nein, denn ich habe erfahren, wie pflegeintensiv und sensibel diese Tiere sind. Da muss man schon eine entsprechende Leidenschaft haben.
Welche schönen Objekte besitzen Sie stattdessen?
Ferch: Ich habe eine Zeitlang etwas Kunst gesammelt, und davon liegen mir zwei, drei Sachen am Herzen – einerseits Gemälde und andererseits Vintage-Fotografie.
Wie haben Sie in Ihrem Leben allgemein ein Gespür für Ästhetik entwickelt?
Ferch: Bis zum Abitur bin ich Kunstturner gewesen, und das hat ja auch eine ästhetische Dimension. Außerdem bin ich immer schon Zirkusfan gewesen und habe Artisten verehrt.
Heino Ferch über Österreich: „Es war ein Kulturschock“
Für Ihr Schauspielstudium zogen Sie von Bremerhaven nach Österreich. Das dürfte Ihnen auch ganz neue Sinneseindrücke erschlossen haben
Ferch: Es war schon ein Kulturschock. Speziell die Geselligkeit, die Offenheit und die Großzügigkeit im Umgang miteinander. Das war eine andere Art zu leben, die mich sehr begeistert hat. Eine Kollegin hat mir auch einmal gesagt „Wir Wienerinnen sind gerne Frau“, was dem Umgang miteinander eine besondere Note geben kann. In Wien und Salzburg zum Beispiel werden außerdem die schönen Künste sehr gepflegt – bis hin zur Kultur der Kaffeehäuser.
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Was war die letzte schöne Wahrnehmung in den vergangenen Tagen oder Wochen?
Ferch: Als der skandinavische Stabhochspringer bei der Olympiade mit faszinierender Leichtigkeit die 6,25 Meter genommen hat. Auch die Eröffnungsfeier hat für Momente gesorgt, die ich lange nicht vergessen werde.
Sportliche Höchstleistungen kann man mit zunehmendem Alter nicht mehr vollbringen. Vermissen Sie diese Zeiten?
Ferch: Ich versuche mich schon noch an Grenzen zu bringen – etwa als ich Anfang des Jahres nach hartem Training bei „Klein gegen Groß“ ein Drahtseil hochgelaufen bin. Abgesehen davon absolviere ich ein tägliches Fitnessprogramm. Aber es gibt natürlich den Zahn der Zeit. Ich versuche mich zwar dagegen zu wehren, aber man muss dann auch Butter bei die Fische geben und sagen: So ist es.
Sie haben immer wieder auch actionreiche Rollen gespielt. Langsam dürfte sich bei Ihnen das Rollenprofil ändern.
Ferch: Das ist ein kontinuierlicher Vorgang, der ja sowieso stattfindet. Ich habe jetzt auch schon in einem Film Enkeltöchter gehabt.
Kratzt das am Ego?
Ferch: Noch nicht so richtig. Aber dass die nächste Null mit einer Sieben vorne steht, das ist schon etwas, was nicht so ganz einfach zu akzeptieren ist. Aber es gibt ja auch tolle über 70-jährige Männer.
Gleichzeitig dürften Sie erkennen, dass beruflich die Frauen immer mehr das Ruder übernehmen, was sich ja auch bei der aktuellen Allmen-Folge zeigt.
Ferch: Wir hatten diesmal eine junge Regisseurin, Sinje Köhler, die ich mit aussuchen durfte. Wir haben uns sofort sehr gut verstanden. Beim Drehbuch hat sie großes Augenmerk darauf gelegt, dass wir die Frauenfiguren stärken und nicht nur eine Freundschaftsgeschichte zwischen Allmen und seinem Kumpel Carlos erzählen. Für mich ist es eine schöne Bereicherung, wenn Frauen eine größere Rolle spielen.
Das hält Ferch von Genderfragen
Werden wir die klassischen männlichen Kumpel-Geschichten von früher nicht mehr so sehen?
Ferch: Film ist immer am Leben orientiert, und die Aufmerksamkeit für Genderfragen gehört einfach seit Jahren zu unserem Leben dazu. Aber ich glaube nicht, dass man die klassischen Männergeschichten deshalb begräbt. Es ist eine Erweiterung. Und es ist für einen Stoff immer gut, wenn alle Figuren Entwicklungsmöglichkeiten haben.
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Sie haben vorhin Ihre Kollegin zitiert, dass „Wienerinnen gerne Frau“ sind. Ist so eine Aussage heutzutage nicht ein bisschen problematisch?
Ferch: Es ist ein sensibles Feld. Damals ging es darum, dass es nicht ganz ungefährlich sein konnte, wenn man jemand, den man nicht besonders gut kennt, einen langen Blick zuwirft. Und die Kollegin meinte, dass man in Wien nicht so verkrampft damit umginge. In den letzten Jahren hat sich unter anderem durch die MeToo-Bewegung eine viel größere Aufmerksamkeit für einen respektvollen Umgang miteinander entwickelt. Und das ist gut so.
Sie haben vor wenigen Tagen Ihren 61. Geburtstag gefeiert. Sehen Sie die nächsten Jahre, die Sie der 70 näher bringen, mit einer gewissen Gelassenheit?
Ferch: Haben wir eine andere Wahl? Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie, mit Gelassenheit und Mut.