Berlin. Schauspielerin Ulrike Kriener verrät im Interview, wie sie mit dem Älterwerden umgeht und was sie für ihren 70. Geburtstag plant.

Jahrelang war Ulrike Kriener als Kommissarin Lucas im deutschen Fernsehen präsent, doch auch nach ihrem Ausstieg ist die 69-jährige Schauspielerin gut beschäftigt. Ab dem 4. Juli ist sie in der ZDF-Mediathek in der Komödie „Alle nicht ganz dicht“ zu sehen (TV-Ausstrahlung am 26. September), und ihre aktuelle Dramedy-Serie „Wo wir sind, ist oben“ ist bereits in der ARD-Mediathek abrufbar. Im Interview erklärt sie, wie es ihr gelungen ist, im Alter erfolgreich zu bleiben – wobei sie es durchaus ruhiger angehen lassen will.

Seit dem Ende von „Kommissarin Lucas“ im letzten Jahr, wo es ja relativ ernst und auch düster zuging, sind Sie eher in komischen oder auf jeden Fall leichteren Stoffen zu sehen. Ist das Zufall?

Ulrike Kriener: Das weiß ich nicht, aber Komödien kommen mir aktuell sehr entgegen. Ich habe Humor und Spaß und möchte das gerne ausspielen. Grundsätzlich suche ich Rollen, die man nicht so schnell in eine Schublade stecken kann. Ich suche gerne im Ernsten das Leichte und umgekehrt.

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Werden die Arbeitsbedingungen für Sie besser? In Filmen wie „Alle nicht ganz dicht“ ist ja zu sehen, wie es in der Arbeitswelt immer härter zugeht.

Kriener: Also was das Drehen angeht, ist schon mehr Druck in der Kiste. Als ich angefangen habe als Schauspielerin, hatten wir für ein Fernsehspiel 35 Drehtage, jetzt ist man froh, wenn man über 20 bekommt. Sicher gibt es technische Entwicklungen, die schnelleres Arbeiten ermöglichen. Und wenn man gut vorbereitet ist, kann man viel abfangen, aber wenn es unvorhergesehene Änderungen gibt, wird es sofort schwierig. Dann bräuchte man mehr Zeit, die es nicht gibt, und das kann auch frustrierend sein.

Ulrike Kriener: „Noch pfeife ich nicht aus dem letzten Loch“

Wie kommen Sie damit klar?

Kriener: Ich habe mittlerweile viel Erfahrung. Damit kann ich kompensieren, was andere vielleicht mit Tempo schaffen. Ich verstehe schnell, ich kann gut mithalten. Aber unsere 12-Stunden-Tage sind schon knackig, und wenn ich das Gefühl bekomme, ich pfeife aus dem letzten Loch, dann müsste ich weniger arbeiten. Aber zum Glück ist das nicht so. Noch nicht. Ich teile mir das ein.

Und wie kommen Sie mit digitaler Technik, die unser aller Leben zunehmend bestimmt, zurecht?

Kriener: Ich arbeite sehr viel mit dem Computer. Aber so fit wie beispielsweise mein Sohn bin ich bei weitem nicht. Letztendlich kann ich von meinem Laptop nur einen Bruchteil an Möglichkeiten nutzen. Das ist für mich ein reines Dienstobjekt, wie ein Auto. Aber ich versuche, up to date zu bleiben, will lernen und unsere Zeit verstehen. Und Technik gehört nun mal dazu.

Alle nicht ganz dicht
In „Alle nicht ganz dicht“ schlüpft Ulrike Kriener in die Rolle der Barbara Lucke, die sich kurz vor der Rente als Sachbearbeiterin wieder im modernen Arbeitsleben zurechtfinden muss. © ZDF und Boris Laewen | Boris Laewen

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Die junge Generation kann sich aber auch von Ihnen etwas abschauen, oder?

Kriener: Natürlich. Unser Film „Alle nicht ganz dicht“ richtet auch einen Appell an die Jüngeren: Es ist nicht alles Mist, was die Alten machen. Da gibt es noch viel Honig zu saugen. Offenheit in der Begegnung, das ist mein größter Wunsch. Immer. Und überall.

Was für Erkenntnisse konnten Sie Ihrem Sohn bieten?

Kriener: Wenn er etwas von mir hat, sind es mein Optimismus und meine Offenheit gegenüber Menschen. Aber ich glaube, das lernt man nicht, sondern übernimmt es im Zusammenleben.

Ulrike Kriener: „Wenn ich gefragt werde, sage ich gern meine Meinung“

Gibt es etwas, was Sie jungen Schauspielern beibringen können?

Kriener: Ich dränge niemandem ungefragt meinen Rat auf. Aber wenn ich gefragt werde, sage ich gern meine Meinung. Und das kommt auch öfter mal vor. Ich habe auch schon mal Kollegen und Kolleginnen gecoacht. Genauso, wie ich früher mit einem Coach gearbeitet habe. Es geht darum, besser zu werden. Und alles, was oder wer dabei hilft, ist gut.

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Es wird seit langem diskutiert, dass Schauspielerinnen ab einem bestimmten Alter Schwierigkeiten haben, gute Rollen zu bekommen. Aber auf Sie trifft das ganz offensichtlich nicht zu.

Kriener: Ich hatte auch Phasen, die schwieriger waren. Wenn man als Schauspielerin ein Kind bekommt, ist es eine besondere Herausforderung, sich Zeit dafür zu nehmen und dann irgendwann wieder langsam und familienverträglich ins Arbeiten zurückzukehren. Ich hatte großes Glück mit der „Kommissarin Lucas“. Ich war Ende 40, als ich diese Reihe bekommen habe. Die hat mir sicher durch Phasen geholfen, wo es für Schauspielerinnen mal eng werden kann, mit den Angeboten. Im Gegenteil: Die „Kommissarin Lucas“ hat mir zu einer größeren Präsenz verholfen.

Berlin: EINFACH MAL WAS SCHÖNES
Der Durchbruch gelang Ulrike Kriener 1985 mit einer Rolle in Doris Dörries Filmkomödie „Männer“. © picture alliance / AAPimages/Schreiber | AAPimages/Schreiber

Aber ist Ihr Erfolg nur durch diese eine Reihe zu erklären?

Kriener: Nein, sicher nicht. Es war auch wichtig, dass ich nie versucht habe, jünger zu spielen, als ich bin. Ich habe immer versucht, meine Rollen entsprechend den Lebensthemen auszusuchen, mit denen ich mich in bestimmten Altersstufen beschäftigt habe. Ich habe das Älterwerden nie schlecht oder blöd gefunden, sondern wollte mit den Rollen weiter wachsen. Ich hatte immer wieder das Glück, Menschen zu treffen, mit denen ich meine Sicht auf das Leben teilen konnte. Es gab Chancen, die ich genutzt habe. Ich konnte mich als Schauspielerin immer weiterentwickeln. Das hört nicht auf.

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Sagt Ihr Mann nicht: „Bitte tritt beruflich ein bisschen kürzer und lass uns gemeinsam das Leben genießen“?

Kriener: Zum einen genieße ich mein Leben, gerade wenn ich arbeite, und dann ist mein Mann Autor und arbeitet auch noch. Durch das Ende von „Kommissarin Lucas“ fallen ohnehin schon zwei große Filme pro Jahr weg. Jetzt reise ich ein bisschen mehr, besuche meinen Sohn in Hamburg oder verreise mal mit einer Freundin. Ich genieße das sehr.

Am 24. Dezember feiern Sie Ihren 70. Haben Sie sich darüber schon Gedanken gemacht oder ist das ohnehin nur eine Zahl?

Kriener: Bis jetzt ist es nur die Zahl. Ich weiß, dass ich etwas Besonderes machen möchte, aber kein großes Fest mit 100.000 Leuten. Das wird sich im engeren Familienkreis mit meinem Mann und meinem Sohn abspielen. Jedenfalls habe ich keine Angst vor diesem Alter. Solange ich gesund bin und Spaß habe, möchte ich einfach Schritt für Schritt weitergehen.