Berlin. Als „Restauranttester“ wurde Starkoch Rach bekannt. Welche Abgründe die TV-Show offenbarte und warum Deutsche mehr lachen sollten.

Alexander Nebe

Christian Rach hat sich vor und hinter der Kamera durch viele Küchen gekocht: Bis zu 7,5 Millionen Zuschauer schalteten in der Hochphase bei RTL ein, um den Starkoch als „Rach, der Restauranttester“ zu erleben. Viel ist seitdem passiert: Nach beruflichen Ausflügen ins ZDF und der Veröffentlichung diverser erfolgreicher Kochbücher sitzt der 66-Jährige seit 2019 in der Jury der VOX-Erfolgsshow „Grill den Henssler“. Im Interview verrät er, welche Zutat er beim Kochen nur in Maßen einsetzt, welche harten Wahrheiten er als Restauranttester aussprechen musste und weshalb den Deutschen mehr Leichtigkeit guttun würde.

Sie sind seit vielen Jahren nicht mehr als Gastronom tätig. Kochen Sie privat trotzdem weiterhin gerne für die Familie oder Freunde?

Christian Rach: Bei uns zu Hause kochen meine Frau und ich gerne gemeinsam und wir haben auch gerne Gäste. Es gibt dann einen guten Fisch, ein geschmortes Stück Fleisch oder einfach nur Gemüse und zum Beispiel einen Salat aus Mairübchen. Ich habe vor einiger Zeit die Klassiker der deutschen Küche wieder neu für mich entdeckt und über dieses Thema deshalb auch ein Kochbuch, „Deutsche Küche“ (2023, Südwest-Verlag, Anm. d. Red.), geschrieben. In den Rezepten finden sich natürlich auch Fleisch oder Fisch; aber zwei Drittel der Gerichte bestehen aus Gemüse.

Starkoch Christian Rach leitete während seiner Zeit als Gastronom mehrere eigene Restaurants. Bekannt wurde er dem deutschen Fernsehpublikum mit der RTL-Show „Rach, der Restauranttester“.
Starkoch Christian Rach leitete während seiner Zeit als Gastronom mehrere eigene Restaurants. Bekannt wurde er dem deutschen Fernsehpublikum mit der RTL-Show „Rach, der Restauranttester“. © picture alliance / Eventpress Herrmann | picture alliance / Eventpress Herrmann

Warum das?

Rach: Aus Überzeugung und auch, weil wir den übermäßigen Fleischkonsum auch der Umwelt und unserer Gesundheit zuliebe reduzieren sollten. Wir haben so großartige Gemüsesorten in Deutschland, die unglaublich gut schmecken und deshalb viel mehr zum Einsatz kommen sollten: Himmel und Erde musst du nicht mit Blutwurst zubereiten, das geht auch wunderbar mit Sellerie, Apfel und Chicorée.

Rach über seine Show: „Wollte die Kuh nicht zu lange melken“

Millionen kennen und lieben Sie bis heute aus dem RTL-Hitformat „Rach, der Restauranttester“. Haben Sie es jemals bereut, dass Sie 2014 mit der Show aufgehört haben?

Rach: Nein, denn für mich war es eine klare Sache, dass die Geschichte auserzählt und dieses Kapitel meiner Karriere abgeschlossen ist. Ich wollte die Kuh nicht so lange melken, bis sie zusammenbricht …

Was sagen Sie zu einem kürzlich erschienenen Artikel, in dem es heißt, dass fast alle Restaurants, die Sie während der „Rach, der Restauranttester“-Zeit gerettet haben, am Ende doch schließen mussten?

Rach: Ich habe davon gehört. Das ist sehr unreflektiert, da hat sich jemand nur sehr oberflächlich mit dem Thema beschäftigt – ohne die menschlichen Schicksale dahinter zu beleuchten. Ich möchte das nicht weiter kommentieren.

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Was genau meinen Sie?

Rach: Der gemeinsame Nenner aller Geschichten war: Alle Gastronomen waren zahlungsunfähig. Oft habe ich den Leuten hinter den Kulissen und bei ausgeschalteter Kamera gesagt: Nutze den Neustart, der dir hoffentlich Geld in die Kassen bringen wird, dass du damit deine Schulden begleichen kannst. Und dann hörst du bitte auf und machst etwas, was du auch wirklich gut kannst. Das war für viele Teilnehmer eine ebenso unbequeme wie wichtige und hilfreiche Wahrheit.

So half der erfahrene Gastronom Showteilnehmern aus der Krise

Demnach war es oft von Anfang an klar, dass die Restaurants trotz der Teilnahme in der Show keine längerfristige Zukunft haben würden?

Rach: Nein, das war nicht klar. Aber mir ging es für viele Gastronomen vor allem darum, die eigene Selbstachtung und die Ehre wiederherzustellen. Und darum, Schulden abzubauen. Denn vor allem die haben diese Menschen zuweilen extrem belastet. Die Versagensängste, die Familie nicht beschützt zu haben, nicht ernähren zu können – und dabei war es egal, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte –, die Schmach, im sozialen Umfeld als Versager dazustehen, sind so ziemlich das Schlimmste, was es zu ertragen gibt. 

Christian Rach ist seit einigen Jahren nicht mehr als Gastronom tätig, aber weiterhin im Fernsehen zu sehen, unter anderem bei „Grill den Henssler“.
Christian Rach ist seit einigen Jahren nicht mehr als Gastronom tätig, aber weiterhin im Fernsehen zu sehen, unter anderem bei „Grill den Henssler“. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Thomas Bartilla/Geisler-Fotopres

Was war in der Show Ihre größte Herzensangelegenheit?

Rach: Ich habe versucht, die Ehre und die Würde dieser oft so tollen Menschen wiederherzustellen. Und ihnen gezeigt und gesagt, dass diese Stärke, die sie alleine schon dadurch zeigen, dass sie sich vor einem Millionenpublikum öffnen, der erste und entscheidende Schritt ist, für ein neues, selbstbestimmtes und selbstbewusstes Leben. Ganz egal, ob es für sie eine Zukunft in der Gastronomie gibt oder auch nicht.

Durch die Teilnahme gab es um viele Restaurants einen regelrechten Hype. Ein paar Monate haben die Teilnehmer deshalb ordentlich Geld gemacht und sind dann unter Umständen meinem Rat gefolgt. Mit erhobenem Haupt und schuldenfrei!

„Es ist so wichtig, immer wieder mal herzhaft zu lachen“

Sie sind nicht nur gelernter Koch. Sie haben außerdem auch Philosophie und Mathematik studiert.

Rach: Und bis heute liebe ich Mathematik und Zahlen sehr! Nicht wenige Menschen haben ja ein Problem mit Zahlen. Viele Prominente in Talkshows sagen, dass sie mit dem Schulfach Mathe nie etwas anfangen konnten. Die erzählen dann, wie schlecht sie waren und wie grausam sie die gesamte Schulzeit fanden. Ich verstehe das nicht, dass fast nie jemand positiv über seine Schulzeit erzählt. Zu sagen, dass man auch ohne Lust am Lernen und ohne Schulbildung etwas geworden ist, empfinde ich als ein schlechtes Vorbild.

Wie bewahren Sie sich eine kindliche Neugierde auf das Leben?

Rach: Das, was ich tue, ist für mich keine Arbeit. Es ist für mich das Leben. Ich möchte so verantwortungsvoll wie möglich leben, dabei aber auch den Spaß, die Leichtigkeit und das Lächeln niemals aus den Augen verlieren. Wir in Deutschland haben leider einen Hang zur Griesgrämigkeit. Wann hat unsere Außenministerin zum letzten Mal gelacht? Ein Bundestrainer, der nur böse und verbissen dreinschaut? So wird das nichts!

Wir tragen die Last der gesamten Welt auf unseren Schultern und wollen jeden und alles retten. Ich wünsche mir wieder viel mehr Leichtigkeit – trotz aller Schwere der heutigen Zeit. Es ist so wichtig, auch immer wieder mal herzhaft zu lachen, auch wenn man in der Verantwortung steht. Denn ein Lächeln begeistert die Menschen mehr als nur das grimmige Dreinblicken.

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