Bad Berleburg. Nachdem das OVG Münster entschieden hat, hat die Stadt aktuell keine Steuerungsmöglichkeiten mehr. Wie gehen die Windkraftfirmen damit um?

Für Windkraftgegner ist die neue Rechtslage ein Drama, für Windkraft-Projektierer eine große Chance. Aber wie gehen Firmen wie Westfalenwind, Eurowind und die Wittgenstein Gruppe mit zwei Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts in Münster um?

Die Rechtslage ist eindeutig. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat am 26. und 27. September nicht nur die Windkraft-Vorrangzonen der Stadt Bad Berleburg wegen Fehlern bei der Flächenauswahl gekippt, sondern in einer weiteren Entscheidung auch den neuen Paragrafen 36 Absatz 3 im Landesplanungsgesetz, der gegen das Bundes-Baurecht verstoßen hätte. Unterm Strich heißt das: Die Stadt Bad Berleburg kann aktuell nichts tun, um Bauanträge für Windkraftanlagen an ungewünschten Standorten zu verhindern. Jetzt herrscht Wildwest bei der Windkraft.

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In der Sondersitzung des Stadtrates am Donnerstagabend will die Stadt Bad Berleburg eine „Resolution zum Erhalt der Steuerungsmöglichkeiten der Länder sowie Kommunen beim Ausbau der erneuerbaren Energien“ auf den Weg bringen, um „Wildwuchs“ bei der Windkraft zu verhindern.

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Das ist deshalb so brisant, weil es neben den rund 80 Windrad-Standorten, die im Einvernehmen mit der Stadtverwaltung und der Politik kommen werden, aktuell elf weitere Anlagenstandorte gibt, die man bisher mit den Vorrangzonen und einem Verweis auf den Paragrafen 36 Landesplanungsgesetz zurückstellen und verhindern konnte. Windkraftprojektierer könnten diese zurückgestellten Anträge jetzt wieder aus der Schublade holen und beim Kreis Siegen-Wittgenstein zur Genehmigung einreichen.

„Durch die Entscheidung des OVG und der bevorstehenden Regionalplanung ist eine neue Situation entstanden, die wir gemeinsam mit der Gemeinde neu bewerten werden.“

Sonya Harrison
Westfalenwind

Der Paderborner Windkraftprojektierer Westfalenwind, der auf den Grundstücken der Wittgenstein-Berleburg‘schen Rentkammer zahlreiche Anlagen in Bad Berleburg errichten wird, gehört zu den Unternehmen, die von dem Spruch des Oberverwaltungsgerichtes Münster profitieren könnten, weil die Stadt Bad Berleburg bei insgesamt acht Standorten des Unternehmens mit Verweis auf die Vorrangzonen kein Einvernehmen erteilen wollte und eine Zurückstellung beantragt hatte. Westfalenwind aber will den „Joker“ nicht ziehen und setzt weiter auf Konsens: „Wir haben damals in Absprache mit der Stadt Bad Berleburg die Anträge auf acht weitere Standorte zurückgezogen, da sie außerhalb der damals im FNP ausgewiesenen Vorrangzonen lagen. Durch die Entscheidung des OVG und der bevorstehenden Regionalplanung ist eine neue Situation entstanden, die wir gemeinsam mit der Gemeinde neu bewerten werden. Uns ist wichtig zu betonen, dass wir auch dieses Mal mit der Stadt Berleburg einen gemeinschaftlichen Weg suchen“, sagt die Unternehmenssprecherin Sonya Harrison.

„Wir suchen das Gespräch mit der Stadt Bad Berleburg, aber auch mit den Grundstücksbesitzern.“

Hans Herrmann Zacharias
Eurowind

Genauso argumentiert auch Eurowind. Das Unternehmen errichtet aktuell acht Anlagen am Ohrenbach bei Arfeld und steht auch für einen interkommunalen Windpark zwischen Hallenberg und Bad Berleburg, unter anderem im Wunderthäuser Streitwald, in den Startlöchern. Eurowind hat aber auch mehrere zurückgestellte Vorhaben in Bad Berleburg, bei denen neben dem Projektierer auch die Grundstücksbesitzer großes Interesse an einer Umsetzung haben. „Wir suchen das Gespräch mit der Stadt Bad Berleburg, aber auch mit den Grundstücksbesitzern“, macht Hans Herrmann Zacharias von Eurowind klar, dass man einen breiten Konsens suche.

„Das war ein Carte blanche, mit der die Kommunen ganz viele Windkraftprojekte verhindern konnten.“

Karl Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg
Wittgenstein Gruppe

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Für die Wittgenstein Gruppe, die Windkraftpioniere aus Bad Laasphe, ist der gekippte Flächennutzungsplan in Bad Berleburg kein großes Thema, wie Karl Prinz zu Sayn-Wittgenstein erklärt. Das Bauvorhaben am Winterscheid bei Berghausen sei genehmigt und der Park am Ohrenbach bereits am Netz. Die Bad Laaspher profitieren dagegen von dem gekippten Paragrafen 36 aus dem Landesplanungsgesetz. „Das war ein Carte blanche, mit der die Kommunen ganz viele Windkraftprojekte verhindern konnten.“ Der entsprechende Paragraf bedrohte ein Windkraftvorhaben des Unternehmens mit acht Standorten bei Netphen im Siegerland. „Es ist positiv, dass diese Anlagen jetzt nicht versagt werden können“, so Prinz Wittgenstein, der mit seinem Unternehmen bereits viel Zeit und Geld in das Projekt investiert habe. „Da hat sich aber jetzt gezeigt, dass es sich lohnt, den Mut zuhaben, einfach weiterzumachen.“ Prinz Wittgenstein der auch im Landesverband Erneuerbare Energien aktiv ist, begrüßt, dass dieser Passus des Landesplanungsgesetzes nun vom Tisch ist. „Wir waren allerdings auch sicher, dass die Richter das kippen würden.“ 90 bis 150 Anlagen hätten auf diese Weise in NRW verhindert oder zumindest hinausgezögert werden können, schätzt Karl Prinz zu Sayn-Wittgenstein.