Kreuztal. Schulzeitenstaffelung, dritter Anlauf: Nun allerdings haben auch Lehrkräfte mit Kindern Probleme – schaffen sie es erst zur dritten Stunde?

Kinder und Jugendliche in Kreuztal werden früher aufstehen müssen. Fünf Schulen werden früher mit dem Unterricht beginnen, wenn der Kreis für die Schülerbeförderung die „konsequente“ Schulzeitenstaffelung beschließt. Für diese Lösung spricht sich jedenfalls die Stadtverwaltung aus; der Schulausschuss berät am Mittwoch, 27. November, ab 17 Uhr in der Mensa der Clara-Schumann-Gesamtschule.

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Fünf Schulen müssten früher, eine später anfangen

Der Zweckverband Personennahverkehr (ZWS), der für den Kreis Siegen-Wittgenstein plant, hat den Entwurf des 2028 in Kraft tretenden Nahverkehrsplans vorgelegt. Darin sind neue Schnell- und Regionalbuslinien vorgesehen, schwach genutzte Lokallinien außerhalb des Siegener Kernraums werden durch Flexbusse ersetzt, die auf Bestellung innerhalb von 60 Minuten kommen und die Fahrgäste zur nächsten Umsteigestation mit Linienbus oder Bahnanschluss bringt. Teil des Plans ist auch die Schülerbeförderung. Durch Abstimmung der Schulanfangszeiten können Busse und damit Kosten eingespart werden.

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Für die Stadt Kreuztal ergibt sich, dass ausgerechnet die „konsequente“ Variante mit dem höchsten Einsparvolumen die geringste Veränderung für die Kreuztaler Schulen bedeutet. Kreisweit würden bis zu 350.000 Euro eingespart, morgens würden sieben und mittags drei Busse eingespart werden. Dafür müssten an sechs von elf Schulen in Kreuztal die Schulanfangszeiten verändert werden. Die Reaktionen der Schulleitungen sind unterschiedlich, geballte Ablehnung kommt, wie schon 2006 und 2016, aus dem Schulzentrum. Anders als bei den letzten Versuchen soll der Schulbeginn nun nicht nach hinten verschoben, sondern vorverlegt werden.

„Je früher wir beginnen, umso schwerer wird es für einen Teil unseres Kollegiums, die Betreuung der eigenen Kinder sicherzustellen.“

Stellungnahme der Ernst-Moritz-Arndt-Realschule

Das sagen die Schulen

Die Ernst-Moritz-Arndt-Realschule und die Clara-Schumann-Gesamtschule sollen um 7.30 Uhr statt bisher um 7.40 Uhr (Realschule) und um 7.45 Uhr (Gesamtschule) beginnen, das Gymnasium unverändert um 7.45 Uhr. „Je früher wir beginnen, umso schwerer wird es für einen Teil unseres Kollegiums, die Betreuung der eigenen Kinder sicherzustellen“, heißt es in der Stellungnahme der Realschule. Mit den unterschiedlichen Anfangszeiten der Kitas in Kreuztal und im Umfeld falle es „jetzt schon einigen Kollegen schwer, einen Arbeitsbeginn mit der zweiten Unterrichtsstunde hinzubekommen. Würde nun aber die Anfangszeit noch weiter nach vorne rutschen, so könnten diese Kollegen erst zur dritten Stunde beginnen.“ Die betroffenen Lehrkräfte würden dann ihre Stundenzahl reduzieren, die Herstellung eines Stundenplans „irgendwann nicht mehr möglich“. Gesamtschule und Realschule lehnen es ab, die Unterrichtszeiten an Kostenersparnissen zu orientieren. „Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Forschung dazu laufen im Übrigen in die Richtung, dass ein noch früherer Unterrichtsbeginn pädagogisch und didaktisch gesehen absolut nicht zielführend ist.“

Die Jung-Stilling-Grundschule Kredenbach soll um 8.05 statt um 8.10 Uhr beginnen. Von dort gibt es keinen Widerspruch, wohl aber den Wunsch, dass die Busse pünktlich kommen. „Pünktlicher Schulbeginn ist für einen reibungslosen Unterrichtsverlauf und das Wohl der Kinder von zentraler Bedeutung.“

Die katholische St. Martin-Grundschule soll um 8 Uhr statt um 8.05 Uhr beginnen. Das sei „trag- und umsetzbar“, heißt es in der Stellungnahme der Schule,

Die Kindelsbergschule würde den Beginn der 1. Stunde von 8 Uhr auf 8.05 Uhr verlegen. „Der Erhalt der Haltestelle am Schulgelände sowie entsprechende, auf die Schulzeiten angepasste Ankunfts- und Abfahrtszeiten sind notwendig“, heißt es in der Stellungnahme der Schule, die sich gegen die vorgesehene Verlegung der Haltestelle ausspricht: „Viele unserer Schülerinnen und Schüler haben Schwierigkeiten in ihrer Wahrnehmung und Orientierung oder sind aufgrund ihrer emotional und sozialen Entwicklung nicht in der Lage, an einer Hauptverkehrsstraße ein- und auszusteigen und zeigen bei längeren unbeaufsichtigten Wartezeiten auffällige Verhaltensweisen.“ Gewünscht wird außerdem eine durchgehende Verbindung nach Felinghausen. „Der Umstieg in Kreuztal am Schulzentrum stellt für viele Schülerinnen und Schüler, gerade von Klasse 1 bis teilweise Klasse 6 eine große Hürde dar.“

Die größte Veränderung käme auf die Grundschule an Dreslers Park zu. Statt um 7.55 Uhr wäre dort schon um 7.35 Uhr Schulbeginn. Da die Schule aber nur fünf Fahrschüler hat, strebt die Verwaltung für sie eine andere Lösung an, sodass der Schulbeginn höchstens um fünf Minuten verändert werden müsste, heißt es in der Vorlage der Verwaltung.

Keine Änderungen kommen auf die Adolf-Wurmbach-Grundschule in Eichen (7.45 Uhr) und Littfeld (7.50 Uhr), die Friedrich-von-Bodelschwingh-Grundschule Buschhütten (7.55 Uhr) und die Grundschule Fellinghausen (7..50 Uhr) zu.

Protest vor der Ratssitzung im Juni 2007:  Der Stadt wird mit Fahrplankürzungen gedroht.
Protest vor der Ratssitzung im Juni 2007: Der Stadt wird mit Fahrplankürzungen gedroht. © WR | Otmar Kuhn

So hat sich Kreuztal gewehrt

Die Schulzeitenstaffelung ist ein Reizthema in Kreuztal. Als der Nahverkehrsplan 2006 beschlossen wurde, hat sich die Stadt Kreuztal widersetzt und durchgesetzt, nachdem Schüler, Eltern und Lehrer sogar mit einer Demonstration gegenüber dem Kreuztaler Rat ihren Unwillen kundgetan hatten. Damals ging es um die unerwünschte Verlegung des Schulbeginns von 7.40 auf 8.10 Uhr. Kinder kämen dann so spät nach Hause, so das Argument, dass sie Freizeitangebote nicht mehr wahrnehmen könnten. Die Verein würden leiden, weil ihnen die Sporthallen erst später zur Verfügung stünden.

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Der ZWS konterte hart: Wenn Kreuztal Einsparungen beim Schülerverkehr verhindere, werde eben beim Linienverkehr gekürzt. Selbst der Appell von Landrat Paul Breuer stieß bei Bürgermeister Rudolf Biermann auf taube Ohren. Allenfalls, so Biermann, werde der Rat einen Bürgerentscheid veranlassen. Der Droh-Fahrplan stand schon: nur noch einmal in der Stunde statt halbstündlich von Kreuztal nach Littfeld, nach Hilchenbach und in die Erlersiedlung, nur noch alle 30 statt alle 15 Minuten von Geisweid nach Kreuztal.

8-Uhr-Kompromiss kommt nicht zum Zuge

Nach ein paar Jahren Ruhe kam der Nahverkehrsplan 2016. Schulbeginn 8.10 Uhr, Schulschluss in der Oberstufe 16.40 Uhr – auch dieser erneute Anlauf traf auf Widerspruch. Immerhin hatten bis dahin 80 Prozent der Schulen zwischen 7.40 und 7.55 Uhr beginnen können, danach hätte für 20 Prozent der Schulen die 1. Stunde erst nach 8.20 Uhr begonnen. Politisch einigte man sich auf 8 Uhr. Praktisch, so danach die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd, wäre es dann aber besser, alles beim Alten zu lassen. Denn damit die Busse rechtzeitig, also spätestens um 7.50 Uhr, die Ernsdorfer Obuswende erreichten, müssten die Schulen auf dem Hilchenbacher Schulhügel eigentlich schon um 7.30 Uhr anfangen.

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