Hilchenbach. Verbietet der Kreis der Stadt Hilchenbach die Markierung von Fußstapfen auf dem Schulweg? Der Bürgermeister schäumt, die Behörden streiten.
Die Fußstapfen sind weg. Und der Bürgermeister schäumt. Tomas Irle (CDU) fasst an das heiße Eisen, als er sich im Hilchenbacher Rat nach den Markierungen des Schulwegs auf den Schulberg erkundigt, die die Fahrbahnerneuerung der Rothenberger Straße nicht überstanden haben. Ob die wirklich nicht erneuert werden, fragt er.
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Wenn es nach der Kreisverwaltung geht, dann nicht, antwortet Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis. „Ich habe mich sehr gewundert“, sagt er dann auch noch. Er sei darauf hingewiesen worden, dass die Markierung mit den Fußstapfen „verkehrsrechtlich nicht statthaft“ sei. Mit solch einer Aussage könne er nichts anfangen. „Wir versuchen, sichere Schulwege zu erhalten“, weist Kyrillos Kaioglidis auf aktuelle Bemühungen der Stadt hin, „das müsste doch auch im Interesse des Kreises liegen.“ Gerade die jüngeren Schulkinder orientierten sich an den Fußstapfen, die den Weg über Straßeneinmündungen markieren, Autofahrer achteten darauf. „Ich bin gewillt, dem Kreis mitzuteilen, dass ich die Markierungen wieder anbringen lasse. Dann soll sich der Kreis am Ende damit auseinandersetzen.“
„Wir versuchen, sichere Schulwege zu erhalten. Das müsste doch auch im Interesse des Kreises liegen.“
Die Fußstapfen-Intervention der Siegener Kreisverwaltung belegt den Volksmund, dass, wer viel fragt, auch viel zu hören bekommt. Übersetzt: Dass es manchmal Sinn macht, schlafende Hunde nicht zu wecken. Genau das haben aber Hilchenbacher Eltern getan, die mit dem Tempo der städtischen Markierungs-Bemühungen nicht zufrieden waren und glaubten, sie bekämen die Fußstapfen mit einer Beschwerde beim Kreis schneller zurück.
Die Vorgeschichte
Es war das Frühjahr 2008. Schulen und Stadt bereiteten sich auf Umzüge vor: die Carl-Kramer-Realschule in das bald leer stehende Gebäude des ehemaligen Jung-Stilling-Gymnasiums, die Florenburg-Grundschule vom Kirchweg, wo heute die Klimawelten sind, auf den Schulberg in die von der Realschule verlassenen Räume. Thema wurde der Schulweg: Denn Hilchenbachs jüngste Schülerinnen und Schüler mussten nun die stark befahrene Rothenberger Straße überqueren.
Der damalige Ordnungsamtsleiter Rolf Skale machte einen weitreichenden Vorschlag: die Jung-Stilling-Allee für den Autoverkehr sperren, den Lehrerparkplatz vor der Grundschule sperren, die Schülerinnen und Schüler getrennt zu Fuß auf den Schulberg schicken: die Realschüler über die Jung-Stilling-Allee, die Grundschüler auf der anderen Seite des alten Friedhofs über den Eberhard-Jung-Weg.
Entlang der Rothenberger Straße sollten Schutzgitter angebracht werden, um die von der Schule kommenden Kinder zu den gesicherten Überwegen zu leiten. Für die Grundschulkinder wollte die Stadt mit gelben Fußstapfen-Symbolen ihre neuen Schulwege markieren. Außerdem sollte der Eberhard-Jung-Weg zusätzliche Beleuchtung bekommen. Insgesamt stellte die Stadt für diese Schulwegsicherung rund 25.000 Euro bereit.
Auf der Rothenberger Straße wurden neue Zebrastreifen markiert, eine Fußgängerampel in Höhe der Einmündung Jung-Stilling-Allee wurde von den Verkehrsbehörden abgelehnt. Stattdessen wurde an der Einmündung Eberhard-Jung-Weg ein neuer, vierter Zebrastreifen angelegt. Rechtzeitig zum Ende der Sommerferien rückte schließlich der städtische Bauhof an und markierte die Fußstapfen entlang der Rothenberger Straße an den Einmündungen Marktfeld, Schützenstraße und Jung-Stilling-Allee.
Das „Mobilitätsmanagement“
Nur für ein paar Jahre war das Schulwegthema damit erledigt. Anscheinend war der Schulweg doch nicht sicher genug – denn nun waren es die Elterntaxis, die den Weg zu Real- und Grundschule gefährlich machten. Wieder wurde die Sperrung der Jung-Stilling-Allee für den Autoverkehr – zumindest zu Schulbeginn und zu Schulschluss – Thema. Pläne für die Anlegung einer Buswende mit angegliederter Elterntaxi-Zone auf dem Friedhofsgelände an der Rothenberger Straße kamen 2022 auf den Tisch und wurden wegen zu hoher Kosten verworfen. Stattdessen wurde ein schulisches Mobilitätsmanagement gestartet.
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Inzwischen seien Befragungen der Beteiligten gelaufen und „Streifzüge“ mit den Schülerinnen und Schülern unternommen worden, erfuhr der Schulausschuss im September 2024. Bis Ende 2024 sollen „priorisierte Maßnahmenpläne“ für alle drei Schulstandorte (außer Hilchenbach auch Allenbach/Keppel und Müsen) vorgelegt werden. Gedacht ist an Querungswege, Elternhaltestellen, Markierungen und „kommunikative Maßnahmen“. Lehrkräfteworkshops für die weiterführenden Schulen und Verkehrszähmer-Workshops für die Grundschule seien geplant, nach den Sommerferien 2025 sollen die ersten Ausgaben der Schulwegpläne an die neuen Schülerinnen und Schüler verteilt werden. Die 100.000 Euro, die für 2025 eingeplant sind, seien „nur ein Anfang“, sagte Fachdienstleiterin Martina Hamann. Mitglieder des Schulausschusses ließen durchblicken, dass ihnen das alles viel zu langsam geht.
Nur einmal zwischendurch wurden die Sorgen etwas kleiner. Als die Rothenberger Straße 2023 ausgebaut wurde und die Schulbusse nicht mehr durchkamen. Da war auf dem Marktplatz Endstation und die Kinder wurden auf ihrem Fußweg begleitet. Im selben Sommer sprach sich der Bürgermeister grundsätzlich für längere Strecken auf dem Schulweg aus, die die Kinder am besten zu Fuß zurücklegen sollten, und schlug das Parkdeck des Gerberparks als Aus- und Einsteigeort der Elterntaxis vor. Währenddessen überzogen die Asphaltmaschinen die weißen Fußstapfen-Markierungen mit einer neuen Fahrbahndecke. Fortsetzung: siehe oben.
Das Ende vom Lied
Die Pressestelle der Kreisverwaltung verweist darauf, dass die weißen Fußstapfen keine Verkehrszeichen im Sinne der Straßenverkehrsordnung sind und die Markierung „nicht im Zuständigkeitsbereich der Kreisverwaltung“ liege: „Wenn die Stadt das wieder aufbringen will, kann sie das gerne machen.“ „Eine erneute Markierung wird nicht erfolgen“, stand in einer der Mails aus dem Kreishaus nach Hilchenbach, sie komme „nicht in Betracht“. Ob der Hilchenbacher Bürgermeister da etwas falsch verstanden habe? Kreissprecher Manuel Freudenstein erkundigt sich auf Nachfrage dieser Zeitung erneut: „Vielleicht ist die Kommunikation nicht wirklich gelungen.“
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