Siegen. Familienstrukturen verändern sich - zum Beispiel haben längst nicht alle jungen Eltern Angehörige zur Unterstützung. In Siegen gibt es Unterstützung.
Die Art und Weise, wie Menschen eine Familie gründen, Kinder bekommen und aufziehen, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert – Gründe scheinen vor allem die veränderten Familienstrukturen und die Reizüberflutung durch das Internet zu sein. Ebenso haben Eltern heute ganz andere Ansprüche an die Erziehung und den Umgang mit ihren Kindern.
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Die Bedeutung der Hebamme für werdende Mütter ist allgemein bekannt. Von der Geburtsvorbereitung über die Geburt bis zum Stillen und Wochenbett steht die Hebamme den Frauen in medizinischen Fragen zur Seite. Für alle anderen Sorgen und Probleme hat die Mutter im besten Fall das familiäre Umfeld und den Vater des Kindes. Das Netzwerk „Frühe Hilfen“ der Stadt Siegen bietet dazu aber noch weitergehende Angebote, denn oft ist es leider nicht mehr so, dass die Familie so nah beieinander wohnt, dass sie die frischgebackene Mutter unterstützen kann – vielleicht sind die Angehörigen oder der nötige Zusammenhalt aber auch gar nicht mehr vorhanden.
Siegen: Informationsflut im Internet – junge Familien sind oft verunsichert
Hier kommen die so genannten Familienhebammen ins Spiel. „Im Vergleich zur Hebamme verfügen sie über eine Zusatzqualifikation, die über die Geburts-, Vor- und Nachsorge hinausgeht und Familien und Mütter im ersten Lebensjahr unterstützt“, erklärt Susanne Wüst-Dahlhausen, Leiterin des städtischen Familienbüros und des Netzwerks Frühe Hilfen. Familienhebammen sollen Eltern mit fundiertem Wissen zur Seite stehen und über medizinische Fragen hinaus beraten. „Die Hebamme ist für viele Mütter gerade am Anfang eine wichtige Bezugsperson, mit der sie auch Themen rund um die Geburt besprechen können, über die sie mit ihrer eigenen Familie vielleicht nicht so gerne sprechen. Oft ist nicht die Belastung durch das Baby das Problem, sondern die Unsicherheit der Mütter“.
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Eine Quelle der Unsicherheit sind die sozialen Medien: Es gibt einige „Momfluencer“, also Influencerinnen, die ihr Elternsein auf Online-Plattformen teilen und damit Geld verdienen. Dabei geht es nicht nur um Produktplatzierungen, sondern auch um Tipps und Erziehungsmethoden. „Die Informationsflut im Internet verunsichert Eltern oft. Wer nur ein kleines Stichwort eingibt, bekommt sofort hunderte Ergebnisse, die nicht alle richtig sein müssen“, sagt Susanne Wüst-Dahlhausen. Gerade in den sozialen Medien gibt es immer wieder verschiedene Trends rund um das Thema Familie. So finden sich derzeit viele Beiträge zum Thema „Baby Led Weaning“, einer Form der Entwöhnung von der Milchnahrung und der Einführung von Beikost, bei der aber auf den weit verbreiteten Babybrei verzichtet wird. Ein Trend, der eine stressfreie Umstellung verspricht – aber gerade die Flut an Informationen und Tipps zu diesem Trend kann überfordern. „Genau hier ist die Unterstützung durch eine Familienhebamme hilfreich, denn sie verfügt über fundiertes Wissen und viel Erfahrung. Damit kann sie den Müttern helfen und Sicherheit geben“, erklärt Susanne Wüst-Dahlhausen.
Siegen: Unterstützung für Eltern auch über die Geburt des Kindes hinaus
Die Familienhebamme soll Eltern im ersten Lebensjahr in allen Fragen unterstützen und ihnen zur Seite stehen – in ganz unterschiedlichen Einsatzbereichen. „Es ist von Familie zu Familie unterschiedlich, wo Hilfe benötigt wird, sei es bei der Beantragung des Kindergeldes, beim Erkennen der Signale des Babys oder auch bei Befindlichkeitsproblemen der Mutter. Viele Frauen fallen nach der Geburt im Wochenbett hormonbedingt in ein depressives Loch, da kann eine Familienhebamme unterstützend wirken“, erzählt Susanne Wüst-Dahlhausen. Es gibt auch sogenannte Mütterpflegerinnen, die ähnliche Aufgaben wie eine Familienhebamme übernehmen, aber keine medizinische Ausbildung haben und daher eine Hebamme nicht ersetzen, sondern nur unterstützen können. Ein kostenpflichtiges Angebot, das von den Familien privat in Anspruch genommen werden kann.
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Bundesweit gibt es kein einheitliches System, wie Städte und Gemeinden Familien unterstützen. Aber es gibt Programme: „Unter dem Dach der gesundheitsorientierten Familienbegleitung (GFB) gibt es im Rahmen der Frühen Hilfen verschiedene Angebote für Familien in Siegen. Pro Jahr nehmen etwa 40 Familien die Hilfe einer Familienhebamme in Anspruch. Der Kontakt läuft über das Familienbüro der Stadt Siegen, zu dem auch das Netzwerk Frühe Hilfen gehört. „Es ist wichtig, dass Eltern wissen, dass es Unterstützung gibt und wie sie sie bekommen können“, sagt Susanne Wüst-Dahlhausen. Neben den Familienhebammen gibt es weitere Angebote, die Eltern in alltäglichen Situationen wie etwa beim Einkaufen unterstützen. „Das machen meistens ehrenamtliche Staatshelfer:innen, die haben keinen fachlichen Hintergrund, können aber in Alltagssituationen helfen, wenn die Familie das nicht kann – damit die Mütter auch mal durchatmen können.“