Netphen. Angebote für die Gesundheit spielen im Netphener Freizeitpark N-Flow eine immer größere Rolle. Gearbeitet wird auch an neuen Ideen fürs Bad.
Vier bis fünf Mal am Tag sieht Linda Otter rot. Auf ihrer Smartwatch. Dazu ertönt ein lautes Alarmsignal. Bei den drei anderen Badeaufsichten im Freizeitbad auch. Auf dem Display erscheint eine Sicht auf das Schwimmbecken. Markiert ist die Stelle, wo sich ein Badegast in Not befindet. Vielleicht. Kameras und künstliche Intelligenz entdecken, wenn jemand 20 Sekunden und länger unter Wasser bleibt und sich nicht bewegt. Oder wenn jemand im Wasser auf einmal durch ungewöhnliche Bewegungen auffällt. Oder wenn ein kleines Kind, das vielleicht noch nicht schwimmen kann, dem Beckenrand des Schwimmerbeckens gefährlich nah kommt. Bis jetzt waren alle „Sicherheitsereignisse“, die Linda Otter auf die Uhr bekommt, blinde Alarme. Schwimmer und Schwimmerin sind alle quietschfidel wieder aufgetaucht.
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Das Freizeitbad
Michael Niederkorn, Geschäftsführer der Freizeitpark Obernautal GmbH (FON) freut sich über die technische Assistenz für die Badeaufsichten. Dass der Badbesuch noch ein bisschen sicherer wird, macht Sinn. Denn vor allem die kleinen Gäste kommen immer unsicherer ins Bad – nach wie vor zu lang ist die Warteliste für Schwimmkurse. Deshalb hat sich Niederkorn nun auch um ein Gastspiel des NRW-Schwimmcontainers Narwali bemüht, der noch in diesem Jahr für einige Wochen auf dem Parkplatz des Freizeitbades aufgestellt wird. Auf einer 12-Meter-Bahn werden die Kleinsten ihre ersten Bahnen ziehen können – die, die auf der Warteliste ganz am Ende stehen. „Damit Kinder Wassersicherheit entwickeln.“
„Eine interessante Sommersaison“, sagt Michael Niederkorn, „dynamisch“. Für ihn die zweite in Netphen. Nicht nur, dass die schönste Jahreszeit sich überwiegend wechselhaft gezeigt hat. Gelernt hat er auch, dass der Ort vor der Talsperre Gewitter besonders anzieht. Zumindest den Besucherzahlen hat das nicht geschadet. Wenns draußen ungemütlich wird, schwimmt man eben drinnen weiter. Rund 134.000 Gäste sind im vorigen Jahr gekommen. Dieses Jahr werden es mindestens genauso viele sein. Trotz durchaus deftiger Preiserhöhung zu Jahresbeginn. „Wir waren deutlich unter den marktüblichen Preisen und eigentlich schon viel zu spät.“ Auch nach einem sogar 20-prozentigen Aufschlag für die Sauna, so Niederkorn, „wird der Eintrittspreis als sehr günstig wahrgenommen.“ Fachpersonal ist nach wie vor knapp, aber in diesem Sommer bekommen die Badegäste das nicht zu spüren: Alle Öffnungszeiten werden eingehalten.
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Der Gesundheitspark
Mit einem Bad kann niemand Geld verdienen. Weder eine Stadt oder Gemeinde. Noch eine Gesellschaft wie die FON, die zwar der Stadt gehört, aber nicht an deren Spielregeln und Tarife gebunden ist. Um so bedeutender sind wirtschaftlich die Bereiche, mit denen Geld verdient und das Defizit des Betriebs von derzeit jährlich zwei Millionen Euro begrenzt werden kann. Zum Beispiel mit dem Physio Aktiv: „Wir haben die Physiotherapie massiv erweitert“, berichtet Michael Niederkorn. Zwei zusätzliche Behandlungsräume sind im Erdgeschoss entstanden. Darüber hinaus werden dem Physio Aktiv in Zukunft die Räume zur Verfügung stehen, die der Betreuungsverein Vergissmeinnicht nutzt – für den wurde ein anderes Domizil gefunden. Auf diese Weise erhält das Physio Aktiv einen zusätzlichen ebenerdigen und barrierefreien Zugang. Gesucht werden weitere Physiotherapeuten, längst auch im Ausland: „Wir sind im Gespräch mit einer Agentur in Tunesien.“
Der andere Hoffnungsträger befindet sich, obernaubachabwärts, auf der anderen Seite des zentralen Besucherparkplatzes: Das dortige Fitnessstudio, die Soccerfelder und die Trampolinhalle. Der im vorigen Jahr im Außenbereich eröffnete Bewegungspark, in dem es nach den Stamm-Frühsportlern werktags spätestens ab 16 Uhr voll wird, an Wochenenden noch früher, wird zum Türöffner: Wer dort kostenlos spielt, skatet oder trainiert, sich im neuen Biergarten auf der Terrasse erfrischt, entdeckt früher oder später auch das Angebot im Haus. Center-Managerin Christina Dobers berichtet, dass die Fitnesskurse regelmäßig auch die Calisthenics-Geräte im Bewegungspark nutzen. „Meistens, wenn schönes Wetter ist, aber geplant ist auch ein Outdoor-Angebot für den Winter“, sagt sie, „man kann danach ja schön duschen.“ Und für Fitness-Insider: Letzter Schrei in Netphen ist die Hyrox-Trainingsstrecke.
Die Zukunftspläne
Hinter der Trampolinhalle steht noch das Eisstadion, das abgerissen werden soll. Und hinter Parkplatz und Minigolfplatz ist eine Wiese, die immer noch zum Freibad gehört, aber allenfalls noch für Beachvolleyball genutzt wird – das Schachfeld wächst gerade zu. Die Zeiten, in denen Menschen ganze Sommer im Freibad verbrachten, sind vorbei. Im Schnitt zweieinhalb Stunden, so Michael Niederkorn, dauert heute ein Freibadbesuch. Dafür sind die Anlagen, auch wenn die Wiesen am Hang auf der anderen Seite des Obernaubachs längst abgetrennt sind, immer noch überdimensioniert.
Michael Niederkorn hätte ja Ideen: zunächst einmal die Wohnmobilplätze näher heranholen, um kurze Wege zu den Sport- und Freizeitangeboten zu schaffen. Und: „Uns fehlen Übernachtungskapazitäten.“ Einfache Übernachtungshütten stehen längst auf den Wunschzetteln. Auch die Stadt hat Ideen, wie die Fläche des Eisstadions künftig genutzt werden könnte und wo eine große Gastronomie zu platzieren wäre. Über allem schwebt nun aber auch wieder die Idee aus der Politik, die Grundschule Netphen doch hier neu zu bauen.
Zurück ins Bad. Unweit des Zentralgebäudes stehen Container mit Sammelumkleiden, WCs und Duschen. Ein Provisorium, seit der Wasserschaden in der Sammelumkleide entdeckt wurde. Eine Undichtigkeit, zurückzuführen wohl auf einen Fehler bei der letzten großen Sanierung, hat Folgen: „Das Wasser hat sich über Jahre hinweg seinen Weg gesucht“, berichtet Michael Niederkorn. 60.000 bis 80.000 Euro wird die Erneuerung des Bereichs kosten. „Mit einfachen Mitteln“, betont der FON-Chef. Im Moment will er keine großen Investitionen mehr vorschlagen: „Das ganze Gebäude wird durchleuchtet.“
Die Machbarkeitsstudie ist in Arbeit, die – von Ratsmitgliedern beschickte – Gesellschaftsversammlung diskutiert, nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Teil der Überlegungen, das Bad wirtschaftlicher zu machen, ist die Verkleinerung der Freibad-Wasserfläche. Die Fliesen sind erneuerungsreif, ein neues Edelstahlbecken könnte nur noch 25-Meter-Bahnen haben; bisher beträgt die Gesamtlänge von zusammenhängendem Schwimmer- und Nichtschwimmerbereich 50 Meter.
Bis 15. September ist das Freibad in diesem Sommer geöffnet. Sprungbrett und Sprungturm sind umlagert. „Das Springen ist wieder im Kommen“, weiß Michael Niederkorn. Und die 93 Meter lange Wasserrutsche, inzwischen digital aufgerüstet für Challenges, ist so attraktiv wie am ersten Tag: Der beste Rutscher an diesem Tag war mit 19 km/h unterwegs, steht auf dem Display. Genau 17,01 Sekunden hat er gebraucht. Wer will da noch über Krise reden?
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