Alchen. Augenschmaus in Violett: Auf der Trupbacher Heide bei Siegen beeindruckt die Natur mit ihrer Farbenpracht. Hier sind selbst die Panzer friedlich.
Eigentum verpflichtet. Sagt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Und weiter, dass der Gebrauch des Eigentums „zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ solle. Das gilt für die Bürgerinnen und Bürger; das gilt für den Staat. Auch Bundeseigentum verpflichtet, zumal, wenn es so wertvoll ist wie Grund und Boden. Seit 2005 verzichtet der Bund auf den Verkauf besonders kostbarer Naturflächen und fasst sie im Nationalen Naturerbe zusammen. Er überträgt diese Flächen an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, und die muss sich kümmern und, gemeinsam mit Partnern, hegen, pflegen und erhalten, Zugänge schaffen und Schutz garantieren.
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Wie sehr eine solche nationale Erbschaft dem Allgemeinwohl dienen kann, lässt sich beispielhaft bei einer Wanderung über die Trupbacher Heide erfahren. Die weitgehend freie Fläche hoch über Trupbach, Seelbach, Alchen und Birlenbach ist ein Naherholungsgebiet par excellence, ein Ort zum Durchatmen und Aufatmen, zum Blick in die Weite, aber auch aufs Detail. Gerade noch blüht in den späten Tagen des August die Besenheide und beschert den Augen einen Schmaus in Violett. Und wer mit wachen Sinnen durch diese einnehmend schöne Landschaft streift, sieht vielleicht den Turmfalken in der Luft, entdeckt einen der zahlreichen Schmetterlinge oder freut sich an einem Singvogel-Konzert. Heidewitzka, nichts wie los!
Wandern über die Trupbacher Heide: Zuerst rund um Alchen
Wir beginnen unsere Wanderung rund um die Trupbacher Heide am Wanderparkplatz auf der Alcher Höhe und spazieren nach Osten auf den Kirrberg zu. Dabei folgen wir zunächst dem mit F11 markierten Freudenberger Wanderweg, der rund um Alchen führt und eine Weile parallel mit der A3-Runde verläuft. Schon bald umfasst uns eine offene Wiesenlandschaft, gesäumt von Büschen und Bäumen und nahezu durchgängig begrenzt von einem fortlaufenden niedrigen Zaun aus Holz. An der uralten Grenzeiche wenden wir uns nach rechts und halten uns geradeaus. Wir bleiben auf dem mit A3 markierten Weg, der uns halbrechts sanft zum Höhenrücken führt und zu einer Kreuzung mit einer Pausenbank. Linkerhand führt der A3 nun leicht bergab, mit Kurs aufs Alchetal. Irgendwo hier begegnet uns vermutlich die große Herde mit Schafen und Ziegen der Schäferei Küthe aus Meiswinkel. Die Tiere arbeiten mit gutem Appetit am Erhalt der Kulturlandschaft mit.
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Nahe dem südlichsten Punkt unserer Tour orientieren wir uns erneut am bekannten Wegzeichen und wandern halblinks recht steil hinab ins dicht bewaldete Tal des Wickersbachs. Dort gehen wir links talaufwärts und müssen den Bach nach dem nächsten Abzweig nach rechts überqueren. Wir bleiben auf dem Hauptweg und gelangen wieder auf freies, herrlich grünes Feld. Beim Modellflugplatz des Siegerländer Modellsportclubs führt der Weg nach links weiter bergan. Auf der Höhe machen wir mit dem Weg A3 erneut einen Schwenk nach links. Wir bewegen uns hier im Bereich der flachen Gipfel Hammel (382 m) und Kirrberg (392 m). Fast schon sind wir auf der Zielgeraden unseres Heidewegs. Auch deshalb sollten wir dieses grandiose Finale genießen. Vielleicht haben wir Glück, und die Bank an der Weggabelung ist gerade einmal nicht besetzt. Wir nehmen Platz und schauen, schauen, schauen.
Rund um die Trupbacher Heide
Die Trupbacher Heide war bis zum Jahr 1993 ein Truppenübungsplatz. 1936 unter NS-Herrschaft eingerichtet, wurde das Areal nach 1951 von den in Siegen stationierten belgischen Streitkräften übernommen und nach deren Abzug eine Zeitlang von der Bundeswehr genutzt: Panzer ratterten über die Hochfläche, wühlten den Boden auf und verdichteten ihn zugleich. Parallel war das Gelände Weidegebiet für Schafe. Eine Kombi, aus der eine vielfältige Landschaft entstand – mit Besen- und Ginsterheiden, Magerwiesen und -weiden, mit Borstgrasrasen. Panzer fahren auf der Trupbacher Heide nur noch in friedlicher Absicht. Das schwere Gerät hilft, die Natur zu schützen. Große Infotafeln erzählen am Wegrand von Geschichte und Gestalt dieses Nationalen Naturerbes.
Start/Ziel: Alchen, Schotterparkplatz am Wasserhaus (an der Straße Alchen-Niederholzklau). Wer mit ÖPNV unterwegs ist, wandert von Niederholzklau entlang der Straße auf die Höhe.
Distanz/Gehzeit: rund 5,5 km, 1,5 Stunden, bergauf-bergab: jeweils ca. 110 m. Beim Zustieg von Niederholzklau kommen ein knapper Kilometer und 15 Min. Gehzeit dazu.
Markierung: Zumeist folgen wir dem Rundweg A3.
Charakter: Diese unschwierige Tour ermöglicht ein grandioses Landschaftserlebnis. Einzig der Anstieg aus dem Wickersbachtal fordert etwas Kondition. Der Rest: pures Vergnügen!
Einkehr: Keine. Wer auf der Heide verweilen möchte, packt den Picknickrucksack,
Unser Spaziergang führt halblinks weiter, hinauf auf den mit x24 markierten Höhenweg, dem wir nach links folgen. Ein paar Schritte noch, und wir gelangen erneut zur Grenzeiche mit ihrem hohlen Stamm. Rechterhand erinnert eine, leider ziemlich zerkratzte, Metalltafel an einem Stein an den im Jahr 2000 verstorbenen Friedhelm Saßmannshausen. Er habe, wie zu lesen ist, „seine Kraft selbstlos dem Erhalt der Trupbacher Heide“ gewidmet. „Zum Wohle des Menschen.“ Auf schon bekanntem Wege bummeln wir zum Ausgangspunkt unserer kleinen, feinen Wanderung zurück.
Extra: Geplanter Erlebnisweg über die Trupbacher Heide mit alternativen Wegeführungen
Beim Spazieren über die Trupbacher Heide begegnet man schon seit geraumer Zeit auch den Wegzeichen des Erlebniswegs Sieg. Das geschwungene „S“ auf rotem Grund weist Routen aus, die durch Natur und die Kulturlandschaft der als „Naturregion Sieg“ touristisch vermarkteten Gegenden entlang der Sieg angeboten werden. Bislang zählt der rund 13 Kilometer lange Siegener Erlebnisweg nicht offiziell ins Programm dieser Runden, die in den Zusammenhang des Natursteig Siegs gehören. Auch der harrt in Siegen-Wittgenstein noch einer Weiterführung bis zur Siegquelle.
Verwaltungsseitig seien beim Erlebnisweg über die Trupbacher Heide allerdings „alle Verfahren korrekt durchlaufen“, teilt Siegens Bürgermeister Steffen Mues auf Nachfrage dieser Zeitung mit. Man habe „mit allen Waldeigentümern die Benehmensherstellung durchgeführt“. Mues weist auf die Gesetzeslage hin, ausdrücklich sei dort von „Benehmen und nicht Einvernehmen“ die Rede. Was bedeute, dass der SGV die Wege markieren dürfe. Der Bürgermeister: „Das hat er jetzt schon dreimal getan, aber an bestimmten, ganz neuralgischen Stellen werden permanent die Markierungen entfernt. Da kommen wir im Moment nicht weiter.“ Das sei „sehr ärgerlich“ und stelle eine kriminelle Handlung dar. An einigen Stellen werde daher an „alternativen Wegeführungen“ gearbeitet.
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Der Erlebnisweg Sieg tangiert auch den Siegener Tiergarten und daher mittelbar jene Höhe am Wellersberg, auf der die Stadt ein Wohnquartier bauen will. Gegen den Widerstand der dortigen Waldgenossenschaft, die im Frühsommer kundtat, die Wegführung des Wandergebiets über ihr Areal nur zuzulassen, wenn auf dem Wellersberg nicht gebaut werde.
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