Hilchenbach. Wieder ein Samstag, an dem die Stimmung in Hilchenbach gespannt sein wird. Auch die Antifa ruft zum Protest gegen den „Tag der Heimattreue“ auf.

Diesmal war das Hilchenbacher Bündnis für Toleranz und Zivilcourage schneller: Am dritten „Tag der Heimattreue“, den der rechtsextremistische „3. Weg“ in Hilchenbach begeht, bleibt der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei die Gerichtswiese vor der Wilhelmsburg versperrt. Dort richten Hilchenbacher Bündnis, die Hilchenbacher Fraueninitiative „Alles außer Rechts“ und die Siegener „Omas gegen Rechts“ am Samstag, 10. August, ab 15 Uhr ihr Fest „Hilchenbach feiert Vielfalt“ aus. Der 3. Weg verzichtet, anders als in den letzten beiden Jahren, auf eine öffentliche Veranstaltung und zieht sich auf das „Privatgrundstück“ Dammstraße 5 zurück.

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„Ich bin für jede Veranstaltung dankbar, die sich gegen den 3. Weg richtet und gewaltfrei abläuft.“

Günter Stremmel, Hilchenbacher Bündnis

Der Protest am 10. August

Demonstrationszüge wird es diesmal nicht geben. Dennoch wird die Stimmung am Samstag, 10. August, gespannt sein. „Getarnt als eine Art Fest werden von den Veranstaltern Parteimitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet nach Hilchenbach geordert, die Kleinstadt wird zum Treffpunkt für die neonazistische Szene“, warnt das Bündnis in seiner Pressemitteilung. Tatsächlich wird laut „3. Weg“ auch Parteivorsitzender Matthias Fischer sprechen. Angekündigt sind zudem der Auftritt einschlägiger Bands und ein sportlicher Dreikampf („der erste Schritt, den Kampf mit sich selbst aufzunehmen“), während – so die „3. Weg“-Homepage – „die andere Feldpostnummer in Form des Gegenprotestes junge Menschen mit Fressen, Saufen und pseudomilitanter Rhetorik locken möchte“.

Unabhängig vom Hilchenbacher Bündnis hat erneut das Aktionsbündnis „Dammstraße dichtmachen“ bundesweit zum Protest in Hilchenbach aufgerufen – wie auch schon am 20. April, als der „3. Weg“ einen „Vortrags- und Liederabend“ am Geburtstag Adolf Hitlers abhielt, um zwei Jahre „Kampf um nationale Freiräume“ zu begehen. Als solchen bezeichnet die Partei die Auseinandersetzung um das von ihr genutzte Gebäude Dammstraße 5. „Ich bin für jede Veranstaltung dankbar, die sich gegen den 3. Weg richtet und gewaltfrei abläuft“, sagt Günter Stremmel, Sprecher des Bündnisses.

Dammstraße und Parkplatz gesperrt

Während auf der Gerichtswiese Musik gespielt und am „DemokraTisch“ gespeist wird („alle, die können, bringen etwas mit“), wird sich die Antifa zu ihrer Kundgebung auf dem Parkplatz an der Rothenberger Straße („P 4“) versammeln, der direkt hinter dem Haus Dammstraße 5 liegt. Der Parkplatz wird bereits ab Freitag, 9. August, gesperrt. Damit stehen dort bis Sonntag auch die Stellplätze für Wohnmobile nicht zur Verfügung. Eine Ausweichmöglichkeit mit Stromversorgung ist in Müsen auf dem Parkplatz des Bürgerhauses am Merklinghäuser Weg. Ein weiterer Stellplatz ohne Stromversorgung befindet sich an der Gillerbergstraße in Lützel.

Die Dammstraße wird am Samstag, 10. August, ab 7 Uhr gesperrt. „Die betroffenen Anwohnenden sollten ihre Fahrzeuge, sofern im entsprechenden Zeitraum benötigt, rechtzeitig außerhalb der Sperrung abstellen“, empfiehlt die Stadtverwaltung. „Die Sperrung in der Stadtmitte wird sowohl von der Ordnungsbehörde als auch von der Polizei begleitet. Die Stadt Hilchenbach bittet um Verständnis für die mit den Versammlungen einhergehenden Beeinträchtigungen.“ Die Straße soll erst am Sonntagmorgen ab 7 Uhr wieder freigegeben werden.

Der Auslöser am 14. Dezember 2021

Am 14. Dezember 2021 hat der damalige Eigentümer sein Haus in der Dammstraße an den nun in dem Gebäude wohnenden Funktionär des „3. Wegs“ verkauft. Im Rathaus und somit auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde die Transaktion, als der beurkundende Notar im Hilchenbacher Rathaus die bei jedem privaten Grundstücksverkauf übliche Bestätigung einforderte, dass die Stadt kein Vorkaufsrecht ausüben werde. Das verweigerte die Stadt, die ein Vorkaufsrecht für sich in Anspruch nahm und den Bebauungsplan änderte, damit sie für die Unterbringung von Geflüchteten die Hand auf die Immobilie legen konnte. Ende 2022 gelang es der Stadt, das Grundstück ebenfalls von dem früheren Eigentümer zu erwerben und diesen Kauf – anders als den Kauf durch den Parteifunktionär – auch ins Grundbuch eintragen zu lassen.

Er habe „Herrn Bender (Julian Bender ist der erste Käufer des Hauses, d.Red.) als sympathisch“ wahrgenommen, während „Herr Kaioglidis (der Hilchenbacher Bürgermeister, d. Red.) sich sehr undemokratisch und sehr unvorteilhaft ausgedrückt und verhalten (habe). Er wollte dafür sorgen, dass ich in diesem Zusammenhang mit meinem Namen in den Medien erscheine...“ Das gibt der in Bayern lebende Verkäufer in einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll, die der „3. Weg“ 2023 in seinem längst wieder vom Netz genommenen „nationalrevolutionären Adventskalender“ veröffentlicht hat. Wegen womöglicher Datenschutzverletzungen in dem „Kalender“, in dem E-Mails und Schriftverkehr wiedergegeben wurden, hat die Staatsanwaltschaft im Juni 2024 das Haus Dammstraße 5 durchsuchen und Datenträger beschlagnahmen lassen. Bereits im November 2023 wurden auch im Hilchenbacher Rathaus Akten und Dateien sichergestellt.

Prozesse an vier Gerichten

Ein Rattenschwanz an Prozessen hängt mittlerweile an dem Streit um das Gebäude. Bündnis-Sprecher Günter Stremmel, der auch Rechtsanwalt ist, vertritt inzwischen selbst die Stadt beim Landgericht Siegen. Dort wird bei der 1. Zivilkammer weiterhin das schriftliche Vorverfahren um den Grundbucheintrag geführt – die wohl entscheidende Frage, wem das Haus Dammstraße 5 nun eigentlich gehört. Wobei das Oberlandesgericht Hamm bereits die Auffassung durchblicken ließ, dass die Stadt Hilchenbaach „sittenwidrig“ vorgegangen sei.

Beim Verwaltungsgericht Arnsberg klagt der Funktionär des „3. Wegs“ gegen den Kreis Siegen-Wittgenstein auf eine Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudes als „Parteibüro mit Sozialraum, Kleiderkammer und Tiertafel“. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht die vom Kreis ausgesprochene Nutzungsuntersagung bestätigt. Nicht gefolgt ist das Verwaltungsgericht der Auffassung der Stadt, sie könne ein Vorkaufsrecht ausüben. Dagegen beantragt die Stadt beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung. Ebenfalls beim Oberverwaltungsgericht anhängig ist eine Normenkontrollklage gegen die Änderung des Bebauungsplans, durch die für die Dammstraße 5 eine „Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung ‚Sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen – hier: Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende sowie Ort der Integration und Begegnung‘“ eingetragen werden soll.

Strafrechtlich von Bedeutung sind die Strafanzeige wegen Untreue und Nötigung, die Julian Bender gegen Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis erstattet hat, und die Strafanzeige der Stadt wegen des „nationalrevolutionären Adventskalenders“. Zu beiden Themen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

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