Hilchenbach. Staatsanwaltschaft vermutet „Datenschutzverletzungen“. Im „nationalrevolutionären Adventskalender“ wurden auch interne Dokumente veröffentlicht.
Die Staatsanwaltschaft Siegen hat am Donnerstag die von der rechtsextremistischen Partei „Der 3. Weg“ genutzten Räume in der Dammstraße 5 in Hilchenbach durchsuchen und Datenträger beschlagnahmen lassen. Es gehe um den Verdacht von „Datenschutzverletzungen“, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
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Interne Mails von Stadt- und Kreisverwaltung auf der Homepage
Anlass für die Durchsuchung ist offenbar der „nationalrevolutionäre Adventskalender“ im Internet, den die Partei im Dezember Tag für Tag mit Einzelheiten ihrer Auseinandersetzung mit der Stadt Hilchenbach gefüllt hat. Die Sammlung, in der außer Gerichtsbeschlüssen und Urkunden auch im Faksimile interne E-Mails und Schriftverkehr wiedergegeben wurden, wurde allerdings sehr schnell „aufgrund der Menge der hinterlegten Dokumente“ wieder vom Netz genommen und durch einen „Sammelartikel“ ersetzt.
Veröffentlicht wurden zum Beispiel eine eidesstattliche Versicherung des Vorbesitzers des Gebäudes, die Vergütungsvereinbarung der Stadt mit der von ihr beauftragten Rechtsanwaltskanzlei, ein Brief des Hilchenbacher Bürgermeisters an die Bauaufsicht des Kreises samt Vermerk des Kreisbaudezernenten, eine interne Mail innerhalb der Kreisverwaltung und eine Mail aus dem Hilchenbacher Rathaus an die beauftragte Kanzlei.
Nach Darstellung des „3. Wegs“ auf der Partei-Homepage sind die von „knapp 20 vollvermummten Beamten“ beschlagnahmten Unterlagen im Besitz ihres „Landesvorsitzenden West“ und teilweise schon früher veröffentlicht worden. „Für jeden unbefangenen Betrachter wird damit deutlich, dass der vorliegende Beschluss eher nicht dazu dient, legitime Strafinteressen durchzusetzen. Er ist offenbar vielmehr auf die Kriminalisierung von unliebsamen Oppositionellen gerichtet“, heißt es weiter, „nicht nur das Verfahren gegen Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis soll beeinflusst werden, indem der Anzeigensteller kriminalisiert wird, sondern es sollten sich sehnlichst gewünschte Einblicke in das Haus in der Dammstraße 5 ergeben.“
Streit vor Gericht: Dammstraße 5 zwei Mal verkauft
Stadt Hilchenbach und der Vertreter des „3. Wegs“ streiten über das Eigentum am Haus Dammstraße 5. Die Immobilie wurde von ihrem Vorbesitzer zwei Mal verkauft: einmal Ende 2021 an den Parteifunktionär, ohne dass diese Transaktion ins Grundbuch eingetragen wurde, ein zweites Mal ein Jahr später an die Stadt Hilchenbach, die umgehend versuchte, die derzeitigen Nutzer per Räumungsklage aus dem Gebäude zu entfernen. Das Oberlandesgericht Hamm unterstellte der Stadt eine „sittenwidrige Gesinnung“. Beim Landgericht Siegen versucht der Vertreter des „3. Wegs“, einen „Eigentumsüberlassungsanspuch“ durchzusetzen, das Verfahren läuft. Noch nicht entschieden hat die Staatsanwaltschaft, wie sie mit der Strafanzeige des „3. Weg“-Funktionärs gegen den Hilchenbacher Bürgermeister („Untreue“, „Nötigung“) umgeht. Die Anzeige wurde vor gut einem Jahr gestellt, im November ließ die Staatsanwaltschaft Akten und Dateien im Hilchenbacher Rathaus beschlagnahmen.
Angriffe gegen Anti-Rassismus-Arbeit der Stadt Hilchenbach
Seine Angriffe gegen die Stadt und besonders gegen den Bürgermeister persönlich setzt der „3. Weg“ im Internet fort. Als die Stadt im März im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus einen Meldekasten am Rathaus anbrachte, der Betroffene zu Hinweisen auf rassistische Vorfälle ermutigen sollte, wurde der von der Partei nach eigener Darstellung „randvoll gefüllt“ und in „eine Meldestelle gegen antideutsche Hetze umfunktioniert“. Auf ihrer Telegram-Seite polemisiert die Partei gegen die städtische Jugendarbeit und „ideologische Projekte wie den queeren Mädchentreff“. Im April veranstaltete die Partei in ihren Räumen – an Hitlers Geburtstag – einen „Vortrags- und Liederabend“. Ihren Antrag, die Gegendemonstration zu verbieten, lehnte das Verwaltungsgericht ab. Bereits für den 10. August wird ein – nunmehr schon dritter – „Tag der Heimattreue“ angekündigt, allerdings nicht mehr auf der Gerichtswiese, sondern auf „Privatgelände“, sprich: dem Grundstück Dammstraße 5.
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