Siegen. Für 9 Euro von Siegen mit der Bahn durchs Land: Die Empfehlungen der Redaktion, von Potsdam und Hamburg, Oberhäslich, Benzin und Atzenhausen.
Drei Monate lang gibt es das Neun-Euro-Ticket. Für neun Euro im Monat sind beliebig viele Fahrten im öffentlichen Nahverkehr in ganz Deutschland möglich. Wohin? Wir haben in der Redaktion ein paar Tipps gesammelt: populäre Ziele, weniger bekannte und nicht immer ganz ernst gemeinte Adressen .
Tipp 1: Von Siegen nach Potsdam – das geht alle zwei Stunden
Als Nachbar von Berlin wirkt die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam trotz ihrer 180.000 Einwohner wie ein verschlafenes Landstädtchen. Das täuscht. Potsdam hat Sanssouci mit Park und Palais, Aussichten von gleich zwei Belvederen (sagt man so?) herunter, den Neuen Garten mit dem Cecilienhof, das neue (Kunst-)Museum Barberini unweit des neu gebauten Landtags, nette Cafés wie das Käsekuchencafé im Holländischen Viertel und das Heider am Nauener Tor.
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Nahverkehr gibt es auch dort: mit dem Bus zum Beispiel zum Schloss Sacrow und der Heilandskirche direkt an der Havel, mit der S-Bahn nach Berlin – oder besser mit dem Schiff über die Havel nach Wannsee. Hinkommen (und natürlich auch wieder zurückfahren) für neun Euro? Geht ab Siegen alle zwei Stunden: über Gießen, Kassel, Eichenberg, Sangerhausen und Magdeburg. Fünf Mal umsteigen, Reisezeit acht Stunden und 37 Minuten. Es geht auch teurer: Zum Beispiel sechs Stunden und 32 Minuten mit zwei Umstiegen für mindestens 84,90 Euro.
Tipp 2: Von Siegen nach Amerika und Rußland – viel zu sehen gibt’s da nicht
Zugegeben: Da reizen die Ortsnamen. Beide Siedlungen sind Ortsteile der ostfriesischen Gemeinde Friedeburg und nur ein paar Bushaltestellen voneinander entfernt, anders als das Amerika bei Oldenburg und das Rußland bei Aurich. „Dieses Gebiet war im 19. Jahrhundert noch nicht erschlossen und konnte nur durch erhebliche Anstrengungen der hier siedelnden Kolonisten urbar gemacht werden“, schreibt die Gemeinde auf ihrer Website.. „Während viele zu dieser Zeit nach Amerika auswandern mussten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, hatten die hier wohnenden Siedler ihr ‘Amerika’ in Heselerfeld.“ Und Rußland: „in dem Gebiet des jetzigen Ortsteiles Rußland wohnte vor mehr als 100 Jahren ein armer Bauer, der wegen seiner Lebensweise und seines rauhen Auftretens „Russe“ genannt wurde. Eine weitere Geschichte besagt, dass der Boden in dem Ortsteil besonders karg war und sich nur schlecht bewirtschaften ließ...“
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Viel zu sehen gibt es dort nicht. Aber als gute Adresse für entspannten Natur- und Aktivurlaub unweit der Nordseeküste empfiehlt sich Friedeburg allemal. Hinkommen? Über Essen und Osnabrück nach Varel, von dort mit dem Bus nach Zetel und Friedeburg. Acht Stunden und fünf Minuten, vier Mal Umsteigen.
Tipp 3: Auch ohne IC gehts recht schnell von Siegen nach Heidelberg
Mit dem neuen IC geht es zwar eine Stunde schneller von Siegen in die uralte Universitätsstadt am Neckar – aber da gilt das 9-Euro-Ticket ja nicht vollumfänglich. 3 Stunden 45 Minuten mit Umstieg in Frankfurt/Main sind aber auch nicht so übel, wer um 7.54 Uhr losfährt, ist zum Mittagessen in Heidelberg. Mittagessen ist keine schlechte Idee in der kleinen Großstadt (rund 160.000 Einwohner) am Fuß des Odenwalds, dazu gibt es in der malerischen Altstadt reichlich Gelegenheit. Vor allem mit deftiger nordbadischer Hausmannskost.
Stichwort malerisch: Das ist eigentlich alles in Heidelberg. Die jahrhundertealten Häuser, die weltberühmte Schlossruine über der Stadt mit dem über 200.000 Liter fassenden Riesenfass (das nie dicht war), die Neckarwiesen, der Philosophenweg mit Premiumblick auf alles zusammen. Hinfahren, schlendern, sich treiben lassen, abends wieder zurück – problemlos machbar. Ansonsten: Übernachtung lohnt sich. Auch mehr als eine.
Tipp 4: Von Siegen nach Oberhäslich dauert’s bloß 12 Stunden
Siegen-Oberhäslich, allein der Name der Tour zergeht auf der Zunge. Und für die sollte man besser genug Proviant dabeihaben – die Fahrt in den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dauert bis zu 12 Stunden und mehr (dafür nur vier Umstiege), es gibt aber auch eine nutzerfreundliche Variante von knapp 10 Stunden. 7.54 Uhr ab Siegen zum Beispiel, mit der HLB nach Gießen, weiter mit dem RE 30 nach Kassel, von dort über Eichenberg und Halle (Saale) per S-Bahn nach Leipzig, wieder in den RE nach Dresden und von da mit dem Bus 360 nach Dippoldiswalde, wozu Oberhäslich gehört.
Dafür hält der Bus am Zielort, wenn alles glattgeht, um 18.39 Uhr auch an „Oberhäslich Gasthof“ – und der ist nach der Fahrt in Zügen ohne Bordrestaurant und mit angenehm knappen Umsteigezeiten zwischen 6 und 20 Minuten auch dringend nötig – Stichwort Proviant. Der 300-Seelen-Ort lockt mit seiner Nähe zur Malter-Talsperre, dem historischen Herrenhaus Freigut Oberhäslich und seine Lage an der B 170. In der Umgebung: Das Pilzmuseum Reinhardtsgrimma.
Tipp 5: In Hamburg kommt man immer auf seine Kosten
Alster, Speicherstadt, Elbphilharmonie: Deutschlands zweitgrößte Stadt (mit mehr als 1,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern) hat Sehenswürdigkeiten satt, versprüht aber auch jenseits der Hotspots die volle Ladung hanseatischen Charme. Für 9 Euro kommen Reisende in 7 Stunden und 14 Minuten von Siegen Hauptbahnhof nach Hamburg Hauptbahnhof – und das bei günstigstenfalls nur drei Umstiegen. Wer beispielsweise um 8.12 Uhr startet, hat in Essen, Osnabrück und Bremen jeweils rund 10 Minuten Zeit, den Anschluss zu erreichen und dann um 15.26 Uhr in Hamburg anzukommen.
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Und auch, wer keine Lust hat, sich vorher bereits einzelne Stationen für seinen Bummel durch die Elbmetropole zurechtzulegen, kommt auf seine Kosten: In Hamburg ist es eigentlich egal, in welche Seitenstraße man abbiegt. Irgendwas Cooles findet man immer.
Tipp 6: Mit dem 9-Euro-Ticket oberbillig von Siegen nach Oberbillig
Wenn das 9-Euro-Ticket angesichts der Möglichkeiten, die es eröffnet, bereits als „oberbillig“ durchgeht: Warum dann nicht gleich mal damit nach Oberbillig fahren? Von Siegen Hauptbahnhof aus ist die Ortsgemeinde in rheinland-pfälzischen Landkreis Trier-Saarburg in 4 Stunden und 55 Minuten zu erreichen. (zum Beispiel ab 8.10 Uhr mit Umstiegen in Troisdorf, Koblenz und Trier).
Die Gemeinde mit etwa 1000 Einwohnern stellt sich selbst als „ein altes Winzer-, aber auch Fischer- und Schifferdorf“ und „freundlichen Moselort“ vor und ist „mit dem gegenüberliegenden luxemburgischen Wasserbillig durch eine Autofähre verbunden“. Wenn das nicht Pfiff hat! Und wenn auch diese Beteuerung nicht zum Trip nach Oberbillig verführt: Trier ist mit dem 9-Euro-Ticket nur 15 Minuten entfernt.
Tipp 7: Von Siegen nach Bad Homburg vor der Höhe – da wo das Geld ist
Die mittelgroße Kreisstadt im Hochtaunus (etwa 54.000 Einwohner) ist reich und schön. Hat also eigentlich alles, was man sich wünschen kann. Beweis gefällig? Der Kaufkraftindex Bad Homburgs liegt bei 153,8, in Siegen sind es 92,2. Während man hier also noch für das 9-Euro-Ticket ansteht, ist man in Sichtweite der Frankfurter Bankentürme längst im Maserati unterwegs. Aber um italienische Autos geht es hier nicht. Nein, per Bahn ist die Kurstadt mit Casino und jede Menge Heilquellen recht gut zu erreichen. 1 Stunde und 59 Minuten fahren, dreimal umsteigen und einmal aus dem Bahnhof treten, schon bietet sich dem Reisenden mit Kurpark, Landgräflicher Gartenlandschaft oder Platzenberg das, was andere beneidenswertes Grün nennen würden.
Tipp 8: Von Siegen nach Benzin – dank 9-Euro-Ticket ohne Spritverbrauch
Benzin ist einer von drei Ortsteilen der Gemeinde Kritzow in Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Die anderen beiden heißen Kritzow – toll, oder? – und Schlemmin. Wikipedia meint, „Benzin stammt vom altslawischen bąk für Schrei ab“. Vielleicht ist es aber auch nur ein anderes Wort für Sprit. Wer angesichts der Verkehrswende jedoch dem individuellen Verfeuern raffinierten Erdöls abschwören mag, muss sich auf 12 Stunden und 19 Minuten Fahrt und 7 Umstiege gefasst machen. Was man dafür bekommt: eine Fachwerkkirche aus dem 16. Jahrhundert. Immerhin.
Tipp 9: Bis Dresden dauert es von Siegen – aber es lohnt sich auch
Zugegeben, eine Fahrt in die sächsische Landeshauptstadt mit dem 9-Euroticket dauert eine ganze Weile. Doch dass sich eine Fahrt nach Dresden lohnt, ist längst kein Geheimnis mehr. Den Beinamen „Elbflorenz“ trägt die Stadt nicht zu Unrecht, ist sie doch von viel barocker Architektur prägt. Die Frauenkirche samt Neumarkt sind beachtliche Beispiele für den Wiederaufbau von Stadtzentren nach dem Zweiten Weltkrieg. Ebenso wie die Semperoper und der Zwinger, die mit ihrer imposanten Architektur bestechen.
Allein seine schiere Größe des Porzellanbildes bringt zum Staunen: Auf rund 100 Metern bildet der Fürstenzug alle Herrscher des Hauses Wettin ab. Tipp für Touristen ist das Viertel Neustadt, in dem Erich Kästner geboren wurde. Nicht weit entfernt ist übrigens die Sächsische Schweiz mit ihren Sandsteinformationen. Mit fünf Umstiegen über Gießen und Kassel-Wilhelmshöhe, Halle (Saale) und Leipzig nach etwa neun Stunden führt die Fahrt nach Dresden.
Tipp 10: Lohnt sich die Fahrt von Siegen nach Atzenhausen wirklich?
Zwischen Göttingen und Kassel liegt das beschauliche Atzenhausen, in dem laut Internetseite der Gemeinde Rosdorf 340 Einwohner leben. Sehenswerte Ausflugsziele sind zum einen die St. Petri Kirche, die im Jahr 1340 erstmals Erwähnung findet. Ebenfalls einen Abstecher wert ist der Thieberg samt dem Thieplatz, an dem eine etwa 650 Jahre alte Sommerlinde steht und auf dem der Lindenteich zu finden ist. Erste Erwähnung findet der Ort in einer Schrift des Chronisten Lotze, demzufolge Kaiser Otto III. Atzenhausen im Jahr 990 dem Kloster Hilwardshausen geschenkt habe. Als gesichert gilt aber, dass Atzenhausen um 900 bereits Menschen gelebt haben. Das Alter eines ausgehobenen Grubenhauses wird auf das entsprechende Alter geschätzt.
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Die Fahrt von etwa fünf Stunden führt zunächst mit dem Zug mit drei Umstiegen über Gießen und Kassel nach Friedland, von wo ein Bus nach Atzenhausen fährt.