Meschede. Eine verlassene Villa nahe Meschede zieht Urbexer aus ganz Deutschland an. Diese ungewöhnliche Geschichte steckt hinter dem Lost Place.

Einzelne Regentropfen fallen auf eine Plastiktüte. Plop, plop, plop. Ein Vogel singt, die dichten Bäume verschlucken den Lärm der Straße. Vor dem Gebäude liegt ein zerbrochenes Gefäß mit eingemachten Peperoni und Gurken. Auf den ersten Blick sieht es aus wie Innereien. Es ist ein einsamer Ort, ein unheimlicher Ort, der in den vergangenen Monaten unzählige Besucher angelockt hat.

Bauernhof bei Meschede wird zum Lost Place
Vor dem Gebäude liegen zertrümmerte Einmachgläser - samt Inhalt. © WP | Privat

Plötzlich klingelt das Telefon

Auf YouTube gibt es einige Videos zu dem verlassenen Gehöft in Eversberg. Die YouTuber finden schrille Überschriften, um möglichst viele User in ihren Bann zu ziehen. PJ Adventure - Paul Schridde teasert sein Video beispielsweise mit den Worten an: MILLIONEN VILLA GEFUNDEN! STROM GEHT! PLÖTZLICH KLINGELT DAS TELEFON! Alles in Versalien. Einer mit dem Namen XanderStorys bewirbt seine Reportage mit MENSCHENHAUT!? HORROR Fund in VERLASSENER KAUFMANNSVILLA! Es gibt zahlreiche weitere Videos.

Bauernhof bei Meschede wird zum Lost Place
Der Blick in das Büro zeigt Verwüstung. © WP | Privat

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Keine Kaufmannsvilla

Zu sehen sind in den Videos Rundgänge durch einen verlassenen Bauerhof, zu dem zwei Wohngebäude gehören und auch eine große Scheune mit löchrigem Dach. Eine Kaufmannsvilla ist es eher nicht. Dennoch funktionieren die Schlagzeilen. Das Video von PJ Adventure wurde allein mehr als eine Million mal angezeigt. Die wenigsten Zuschauer werden aus dem Sauerland sein, denn der Ort, wo das Haus steht, wird nie öffentlich verraten. Und auch viele Mescheder werden von der Existenz nichts wissen. Denn die Gebäude liegen gut versteckt in einer Senke. Die Zufahrten sind verwildert.

Bauernhof bei Meschede wird zum Lost Place
Vor dem früheren Bauernhof bei Meschede liegt auch Spielzeug. Es wirkt, als hätte es jemand extra für unheimliche Fotos drapiert. © WP | Privat

Rechnungen und Ordner

Vielen Sauerländern wird jedoch der Name des letzten Bewohners ein Begriff sein. Die YouTuber beschreiben ein Büro mit Aktenordnern des früheren Sportgeräte-Herstellers Pilz. Der Schriftzug der Firma ist deutlich zu erkennen. Rechnungen werden abgefilmt. In der großen Scheune stehen Exemplare des bekannten Holzschlittens, Modell: Davos. Es sind Snowboards, Poporutscher, Kunststoffbobs und Langlauf-Skier zu sehen.

Sportartikelfirma

Es handelt sich dabei um die traditionsreiche Sportmarke „Pilz“, deren Wurzeln in Sachsen liegen. Die Familie Pilz ließ sich später im Sauerland nieder. Der Sportartikelhersteller existiert heute nicht mehr. Wem das Gebäude derzeit gehört, ist nicht bekannt.

Bauernhof bei Meschede wird zum Lost Place
Der bekannte Schriftzug des Wintersportartikel-Herstellers ist zu sehen. © WP | Privat

Weiße Trachtenblusen und Solarium

In den Kommentaren des Videos wird die verlassene Villa als einzigartiger Lost Place gefeiert. Vor allem, weil die Zimmer noch komplett eingerichtet sein sollen. Im Bad stehen Hygieneartikel, im Kleiderschrank hängen weiße Trachtenblusen. Es gibt ein Solarium und sogar der Strom im Gebäude funktioniert noch. Alles wirkt nicht wie ein geordneter Auszug mit Möbelwagen und Umzugskisten, sondern eher wie eine überstürzte Abreise über Nacht.

Bauernhof bei Meschede wird zum Lost Place
Auch die Scheune ist verwüstet. © WP | Privat

Vandalismus wie in Geisterklinik

So wie in dem Video, das JP Adventure vor einem Jahr veröffentlicht hat, sieht es mittlerweile nicht mehr aus. Laut Zeugenberichten sind die Räume verwüstet. In dem beschriebenen Büro liegen beispielsweise alle Ordner auf dem Boden. Scheiben sind eingeschlagen, vor dem Gebäude türmt sich der Müll. Auf dem Boden liegt eine Plastiktüte mit Püppchen, die Augen starren den Betrachter an.

Bauernhof bei Meschede wird zum Lost Place
Ein Schlitten und Bolzenschneider sind auf diesem Bild zu sehen. © WP | Privat

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In der Szene der Urban Explorer, auch Urbexer genannt, gilt eigentlich die Regel, dass man den Ort so verlassen muss, wie man ihn vorgefunden hat. Keine Zerstörung, kein Einbruch, kein Diebstahl. Dass diese Regeln häufig gebrochen werden, zeigt das Schicksal der als Lost Place bekannten Veramed-Klinik in Beringhausen.

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