Schmallenberg. Kleine Häuser für Geflüchtete? Es gab eine hitzige Sitzung des Schmallenberger Rats und eine Antwort, die nicht allen gefällt.

Eine hitzige Sitzung liegt hinter der Stadtvertretung Schmallenberg - und das nicht, weil sie am heißesten Tag des Junis stattfand. Nein, am 27. Juni stand die Entscheidung zur Beschaffung von Tiny Häusern für die Unterbringung von Geflüchteten in Schmallenberg an; eine Entscheidung, die erst am Dienstag (25. Juni) in einer Informationsveranstaltung ausführlich diskutiert wurde.

Das Problem: Einer der Standorte ist direkt zwischen dem Wohngebiet Viehbahn und dem Gelände des Bergdorfs Liebesgrün, dort sollen fünf Tiny Houses hingestellt werden. Darüber waren die Anwohner am 21. Juni informiert worden, nur vier Tage später fand die Infoveranstaltung statt. Diese war, auch das wird in der Ratssitzung noch einmal betont, nur dazu da, zu informieren; in die Standortentscheidung wurden die Bürger nicht mit einbezogen.

Unsere Berichterstattung zu den Häusern für Geflüchtete:

Das Neubaugebiet an der Viehbahn.
Das Neubaugebiet an der Viehbahn. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Zeitdruck und dringend benötigter zusätzlicher Raum

Ein Antrag der UWG-Fraktion, den Tagesordnungspunkt zu streichen, wird abgelehnt; der Punkt wird vorverlegt, direkt als erstes aufgegriffen - die Zuschauerplätze sind restlos gefüllt. Es gehe, so Bürgermeister Burkhard König, um Zeitdruck. Die Stadt gehe für 2024 erneut von einer Zuweisung von rund 400 Geflüchteten aus. Bisher seien 120 angekommen, 280 müssten demnach noch untergebracht werden - aber es stehen, so König, nur 140 freie Plätze zur Verfügung.

Die Tiny Houses werden gemeinhin mit den Ferienhäusern verglichen, die in Dänemark stehen: Etwa 50 Quadratmeter, mehrere Zimmer, ein Aufenthaltsraum und eine Küche.
Die Tiny Houses werden gemeinhin mit den Ferienhäusern verglichen, die in Dänemark stehen: Etwa 50 Quadratmeter, mehrere Zimmer, ein Aufenthaltsraum und eine Küche. © Andreas - stock.adobe.com | stock.adobe.com

Berechnungen hätten ergeben, dass die Tiny Houses ab Herbst nötig würden, erklärt Jürgen Meyer (Bündnis 90/Die Grüne). Und deswegen könne die Entscheidung eben nicht verschoben werden - denn, so technischer Beigeordneter Andreas Dicke, mit dem reinen Aufstellen der Häuser sei das Bauvorhaben nicht getan. Man müsse die Flächen vorbereiten, Erdarbeiten ausführen, Anschlüsse legen und so weiter.

Dringlichkeitsentscheidung: Auch drei Wochen später nichts passiert

Im Gegensatz dazu steht der Fakt, dass die Ausschreibung für die Beschaffung der Tiny Houses noch nicht fertig und veröffentlicht ist; die Dringlichkeitsentscheidung zu ebendieser Ausschreibung wurde am 4. Juni getroffen. Sie solle spätestens in der ersten Juliwoche veröffentlicht werden; denn nach dem Zuschlag müsse man nochmal mit einer Produktionszeit von neun bis zwölf Wochen rechnen.

Genau diese Eile, die die Verwaltung an den Tag legt, bemängeln die Anwohner in der Bürgerfragestunde deutlich. Es entstehe der Eindruck, sind sich mehrere Bürger einig, dass an den Bürgern vorbei entschieden werde, und dass seitens der Verwaltung gar kein Interesse daran bestünde, die durch die Bürger neu angebotenen Flächen als Ausweichmöglichkeit zu betrachten.

Anwohner fordern Verständnis - und ein Schritt auf sie zu

Denn es gehe ja nicht darum, dass man die Geflüchteten nicht wolle - es gehe hauptsächlich um die Auswirkungen auf das Neubaugebiet an der Viehbahn. „Wir sollen Verständnis aufbringen, bekommen aber keins.“ In dem Wohngebiet würden hauptsächlich junge Familien wohnen, die ihre Häuser in den letzten Jahren neu gebaut haben. Durch die Wertminderung bei der Berechnung der weiteren Finanzierungsstufen käme eine enorme Mehrbelastung auf die Familien zu. Das macht ein Anwohner deutlich: „Wir haben das mal durchgerechnet: Das wären für uns 450 Euro im Monat mehr.“

Schon bei der Informationsveranstaltung am Dienstagabend war der Antrag groß.
Schon bei der Informationsveranstaltung am Dienstagabend war der Antrag groß. © WP | Laura Nowicki

Eine Anwohnerin fordert, dass sie in die Planung mit einbezogen werden - dem stimmt der Bürgermeister zu, zumindest bei der Gestaltung des Raumes. Außerdem verlangt sie folgende Versprechen der Verwaltung: Es sollen nur Familien dort untergebracht werden, nicht noch mehr Häuser hingestellt werden, die Häuser sollen spätestens zum 31. Dezember 2030 wieder leer sein und dann vollständig zurück gebaut werden.

Keine Versprechungen vom Bürgermeister

Versprechungen in der Hinsicht will Bürgermeister König nicht machen: Die Tiny Houses seien natürlich für Familien geplant, aber das sei von den Zuweisungen abhängig; und auch, wenn Stand heute keine weiteren Häuser dort geplant seien, könnte er nicht wissen, was der neue Rat nach der Kommunalwahl im Herbst nächsten Jahres wohl planen würde.

Eindeutige Worte findet auch Ralf Blümer, Geschäftsführer vom Bergdorf Liebesgrün: Er hatte die Jugendherberge auf seinem Grundstück angeboten, wollte sich sogar an der Renovierung beteiligen. „Wir nehmen die gesellschaftliche Verantwortung an“, sagt er.

Schmallenberger Unternehmer wütend

Das Bergdorf Liebesgrün stärke in Schmallenberg den Einzelhandel, das Handwerk und die Wirtschaft - und eine Flüchtlingsunterkunft direkt an dem Tourismus-Hotspot sorge für erhebliche Schäden. Sein Versprechen: Wenn die Flüchtlingsunterkunft dort entsteht, werde er nicht weiter in den Ausbau des Bergdorfes investieren.

Die Ferienhäuser des Bergdorf Liebesgrün.
Die Ferienhäuser des Bergdorf Liebesgrün. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Die volle Bürgerfragestunde wird für das Thema Flüchtlingsunterkünfte an der Viehbahn genutzt; die Diskussion im Rat hingegen ist deutlich kurzweiliger. Es gibt nur eine handvoll Wortbeiträge, die zwar die Kurzfristigkeit des Unternehmens bemängeln, nicht aber das Vorhaben selbst.

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„Die Sorgen bei den anderen Flüchtlingsunterkünften waren ganz ähnlich“, so Bürgermeister König. „Aber bisher haben wir das noch immer gelöst.“ Zwei Gegenstimmen, sechs Enthaltungen, 25 Stimmen dafür - die Tiny Houses an der Viehbahn und im Gewerbegebiet Hüngräben kommen.

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