Schmallenberg. Schmallenberg plant Tiny-Häuser für Flüchtlinge. Die Anlieger erfahren dies kurzfristig. Sie bringen eigene Ideen ein. Ist das zu spät?

Eine emotionale Diskussion zu neuen Flüchtlingsunterkünften in der Kernstadt Schmallenberg ist am Dienstagabend (25. Juni) bei einer Bürgerversammlung geführt worden. Tief enttäuscht haben die rund 100 Zuhörer nach fast zweieinhalb Stunden die Stadthalle verlassen.

Aber von vorn: Die Stadt Schmallenberg ist erneut „sehr unter Druck“, wie Bürgermeister Burkhard König zu Beginn der Versammlung erklärt - sie muss weiteren Wohnraum für Geflüchtete schaffen. Nach Nordenau, Grafschaft, Fleckenberg, Westfeld, Bad Fredeburg etc. sollen nun Unterkünfte in der Kernstadt entstehen. Geplant sind fünf kleine Häuser (Tiny-Houses) am Ende des Gewerbegebiets „Hüngräben“ am Verbindungsweg nach Gleidorf und fünf weitere zwischen Wohngebiet „Viehbahn“ und dem Bergdorf Liebesgrün (unterhalb der Jugendherberge), direkt angrenzend an die Gärten des Neubaugebiets.

Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, deren neu gebautes Haus samt Garten nach aktuellem Stand direkt an zwei bis drei der Tiny-Houses liegen würde, meldete sich zu Wort: „Wir wollen dem Thema offen gegenüberstehen, meine Familie hat selbst eine Flüchtlingsfamilie aufgenommen. Aber wir wollen in die Platzierung einbezogen werden.“ Für sie sei mit dem Einladungsschreiben der Verwaltung eine Welt zusammengebrochen. Es geht um den Wertverlust der Immobilie, auslaufende Zinsbindungen und Nachfinanzierungen, es geht um Mietminderung und um Privatsphäre. „Die Situation in einem Neubaugebiet ist eine spezielle“, sagte ein Familienvater.

Groß war der Andrang bei der Bürgerversammlung in der Stadthalle zu den neuen Flüchtlingsunterkünften in der Kernstadt Schmallenberg.
Groß war der Andrang bei der Bürgerversammlung in der Stadthalle zu den neuen Flüchtlingsunterkünften in der Kernstadt Schmallenberg. © WP | Laura Nowicki

Enttäuscht sind die Zuhörer, weil alternative Lösungen, die die Bürger vorgetragen haben - vor allem aufgrund des Zeitdrucks - von der Verwaltung abgeschmettert wurden. „Wir können mit Veränderungen umgehen“, betonte Ralf Blümer vom Liebesgrün in einer Wortmeldung und erklärte, dass das Liebesgrün 15.000 Übernachtungen pro Jahr erzeuge, 50 Mitarbeiter beschäftige und weitere große Investitionen plane - „aber der Brief hat bei uns große Sorge ausgelöst“.

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Dann unterbreitete der Unternehmer einen Lösungsvorschlag und bot der Verwaltung zum wiederholten Mal die Jugendherberge an. Einen Teil würde er selbst sanieren und für Flüchtlinge vorübergehend zur Verfügung stellen. Diese Idee sei mit den Nachbarn abgesprochen und würde von allen getragen. Auch eine erste Begehung dazu habe er bereits mit dem Planungsbüro Raumzenit organisiert, um eine Einschätzung einzuholen - auch mit Blick auf Brandschutz und Fluchtwege. Das Ergebnis der Fachplaner sei positiv gewesen.

„Wir können im Liebesgrün Arbeitsplätze anbieten, wir können bei der Integration helfen“, erklärte Blümer. Auch einen Besichtigungstermin der Jugendherberge bot er der Verwaltung trotz der knappen Zeit, die bis Donnerstagabend zur Ratssitzung verbleibt, an. „Ich bitte Sie den Tagesordnungspunkt von der Ratsitzung abzusetzen - suchen Sie das Gespräch mit uns“, sagte er mit Nachdruck.

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„Das Bauamt ist schon 2015 zu der Bewertung gekommen, dass die Jugendherberge nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen geeignet ist“, entgegnete der Bürgermeister. Bei einem zweiten Angebot zu Beginn des Ukraine-Krieges sei der Zustand des Gebäudes noch schlechter gewesen. Weiterhin spielten Geld und Zeit bei diesem Vorhaben eine Rolle. „Ich bitte Sie, abzuwägen. Dort sollen Familien untergebracht werden, die es verdient haben, nicht in einer Sammelunterkunft zu wohnen, und die wir so besser integrieren können.“

Noch lange sprachen die Nachbarn - viele von ihnen haben gerade erst neu gebaut - nach der Bürgerversammlung auf dem Paul-Falke-Platz miteinander, redeten sich ihren Frust von der Seele. Vor allem der Zeitdruck, den die Verwaltung mit der entgültigen Entscheidung am Donnerstagabend (27. Juni) in der Sitzung des Stadtrates aufbaut, stimmt die Anlieger wütend.

„Freitags kommt der Brief mit der Einladung an, am Dienstag informiert uns die Stadt über die Pläne und schon am Donnerstag wird im Rat der Entschluss gefasst“, erklärt ein direkter Anlieger gegenüber der Redaktion. „Es ist offenbar nicht gewünscht, dass wir eigene Ideen vorschlagen und darüber sprechen.“

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