Schmallenberg. In Schmallenberg sollen Tiny-Häuser für Flüchtlinge entstehen. Die Anwohner wenden sich an den Rat: Sind die Prozesse richtig gelaufen?
Die Pläne der Stadt Schmallenberg, kurzfristig Tiny-Häuser für Geflüchtete im Außenbereich - direkt angrenzend an ein Neubaugebiet - zu bauen, haben für Aufruhr gesorgt. Auf eine emotionale Bürgerversammlung am Dienstag (25. Juni) folgte zwei Tage später der Ratsbeschluss. Demnach sollen schon im Herbst fünf kleine Häuser oberhalb der „Viehbahn“ und fünf weitere im Gewerbegebiet „Hünegräben“ in Richtung Gleidorf gebaut werden. Jetzt gibt es aber eine neue Entwicklung.
Kreis muss prüfen
Anlieger aus dem Neubaugebiet „An der Viehbahn“ haben Beschwerde bei der Kommunalaufsicht eingereicht. Die sitzt beim Hochsauerlandkreis in Meschede, das Schreiben der Anwohner ist an Landrat Dr. Karl Schneider gegangen, wie der Pressesprecher des HSK, Martin Reuther, auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt. Konkret geht es darum, zu prüfen, ob der Ratsbeschluss vom 27. Juni rechtswidrig ist. Nach einer Stellungnahme der Kommune würde das Ergebnis mitgeteilt.
Die Anlieger wollen wissen, ob diese Prozesse unter dem herrschenden Zeitdruck richtig gelaufen sind. Ziel ist laut Schreiben an den Landrat, das der Redaktion vorliegt, „die Aufhebung des Ratsbeschlusses“. Zweifel an der Rechtmäßigkeit haben sie, da im Außenbereich gebaut werden soll. Sie bezweifeln, dass sämtliche Möglichkeiten im Innenbereich - nämlich auch private Flächen - in Betracht gezogen wurden.
Eine Sonderregelung gilt laut Baugesetzbuch nämlich nur dann, wenn dringend benötigter Wohnraum in der Gemeinde, in der er geschaffen werden soll, nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden kann. „Der Wille des Gesetzgebers ist nach wie vor auf den Schutz des Außenbereichs gerichtet“, heißt es in dem Beschwerdeschreiben.
„Bereits in der Anliegerversammlung und nochmals in der Einwohnerfragestunde der Ratssitzung wurden trotz der Kürze der Zeit seitens der Bürger verschiedene alternative Standortvorschläge mit Nennung konkreter Grundstücke im Innenbereich und der Bereitschaft der Grundstückseigentümer, solche Grundstücke zur Verfügung zu stellen, unterbreitet“, erklären die Anlieger in ihrem Schreiben an die Kommunalaufsicht. Und weiter: „Seitens des Betreibers des Hoteldorfes wurde angeboten, anstelle einer Neubebauung im Außenbereich die unmittelbar oberhalb des geplanten Standortes gelegene ehemalige Jugendherberge für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen.“
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Standorte im Innenbereich untersuchen
Untersuchungen alternativer Standorte im Innenbereich seien offensichtlich gänzlich unterlassen worden. Das ergebe sich aus dem Verhalten und dem Schweigen der Verwaltung zu diesen Punkten. „Ein sicheres Indiz dafür, dass gar keine alternativen Standortvorschläge gewollt waren, sehen wir darin, dass die Bürger nur mit extrem kurzer Vorlaufzeit informiert wurden.“
Weiter heißt es in dem Schreiben, dass auch städtische Flächen im Baugebiet „An der Robbecke“ für Flüchtlingsunterkünfte infrage kommen könnten. In dem Fall würden laut Bürgermeister aber Interessen und Planungen zum sozialen Wohnungsbau kollidieren.
Weiter kritisieren die Anlieger, dass eine Dringlichkeit nicht erkennbar sei und auch nicht plausibel begründet werden konnte: Aktuell gibt es im Stadtgebiet Schmallenberg noch etwa 140 freie Plätze. Bis zu 40 Personen pro Monat, in manchen Monaten aber auch weniger, werden der Kommune zugewiesen. Rechtlich könne es aber keine Dringlichkeit „auf Vorrat“ geben.
Stellungnahme des Bürgermeisters
In einer Stellungnahme des Bürgermeisters heißt es dazu: „Ich bin selbstverständlich verpflichtet und bestrebt, geltendes Recht einzuhalten. Die Vorprüfung hat ergeben, dass die Häuser auf den fraglichen Grundstücken im Gewerbegebiet und am Lenninghof rechtmäßig errichtet werden dürfen.“ Diese Einschätzung werde im Rahmen der Entscheidung über den Bauantrag überprüft. Nur bei positivem Ergebnis könnten die Häuser dort gebaut werden.
„Wenn seitens der Bezirksregierung auch für 2024 hohe Flüchtlingszahlen prognostiziert werden und die dringende Aufforderung ergeht, sich hierauf vorzubereiten, wäre es schlichtweg unverantwortlich, dies zu ignorieren und abzuwarten“, erklärt der Bürgermeister weiter. „Gemessen an diesen Prognosen reichen die freien Plätze bei weitem nicht aus. Ich jedenfalls möchte unbedingt vermeiden, wieder eine Turnhalle in Anspruch nehmen zu müssen.“
Bauantrag wird trotzdem vorbereitet
Da es einige Zeit dauere, bis neue Unterkünfte bezugsbereit seien, will die Verwaltung die Ausschreibung und den Bauantrag trotz Beschwerde bei der Kommunalaufsicht vorbereiten. „Sollte sich wider Erwarten zeigen, dass die Häuser nicht am vorgesehenen Standort errichtet werden dürfen, wären Alternativen zu suchen.“
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Weiterhin erklärt König: „Bei den Grundstücken ,An der Robbecke‘ oder ,Auf‘m Hahnenborn‘ handelt es sich ebenfalls um Grundstücke, die im Außenbereich liegen. Das gilt selbst für die ehemalige Jugendherberge. Andere genannte Grundstücke liegen im Gewerbegebiet. Dort ist Wohnen grundsätzlich ausgeschlossen. Das heißt, auch diese Grundstücke wären für Flüchtlingsunterkünfte nur unter Anwendung der Ausnahmevorschrift nutzbar.“
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