Fleckenberg. In Zeiten des Klimawandels braucht es stabilere Wälder - in Schmallenberg ist das ein Problem. Diese Maßnahmen müssen umgesetzt werden.
„Wir haben ein Wald-Wild-Problem“, sagt Hans von der Goltz, der ehemalige Leiter des Regionalforstamtes Oberes Sauerland. Der Schmallenberger hat konkrete Vorschläge, was passieren muss, damit Baumarten überhaupt eine Chance haben, sich zu Mischwäldern zu entwickeln. Sein Appell: „Jäger und Waldbesitzer müssen miteinander ins Gespräch kommen.“ Denn die hohen Wildbestände sind ein großes Problem, wie auch ein wissenschaftliches Projekt deutlich zeigt.
Hans von der Goltz ist Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Naturgemäße Waldwirtschaft Deutschland“. In dieser Funktion leitet er das Projekt „Wild - Wald - Innovation“ in Kooperation mit der Fachhochschule Göttingen (HAWK) unter Prof. Dr. Torsten Vor.
Bundesweit werden 350 Flächenpaare untersucht, 40 davon im Stadtgebiet Schmallenberg. Auf einer Fläche von 100 Quadratmetern innerhalb eines Kontrollzauns und einer (maximal 20 Meter entfernten) nicht eingezäunten Fläche in gleicher Größe wird in regelmäßigen Abständen untersucht, wie sich Gehölz-, aber auch Waldbodenpflanzen entwickeln. Auch Verbiss durch Wild und sonstige Schädigungen an den Gehölzen werden dokumentiert.
Einige der Flächen sind schon im achten Projektjahr, andere starten gerade erst, unter anderem in Fleckenberg. Schon jetzt ist klar: „Auf den eingezäunten Flächen sehen wir nach wenigen Jahren wesentlich mehr junge Bäume und auch mehr Baumarten als auf den Vergleichsflächen“, so von der Goltz. Ein gewisser Wildeinfluss gehöre zum Waldökosystem - „wir haben aber zu hohe Wildbestände“, sagt der Experte mit Nachdruck.
Insbesondere der Verbiss durch Rehe führe dazu, dass die angestrebte Mischung keine Chance habe. Problem sei nämlich, dass Rehe immer genau die Pflanzen heraus fressen, von denen es am wenigsten gibt. „Auch die Pflanzen, die mit staatlicher Unterstützung, mit vielen Millionen Euro Fördergeldern, angepflanzt werden.“ Was am Ende übrig bleibe, sei die Fichte, die sich selbst verjüngt. In Schanze zum Beispiel sehe man auf den Kyrill-Flächen nur noch Fichten. Von Douglasie, Lärche, Küstentanne etc. sei nichts übrig geblieben.
„In Zeiten des Klimawandels müssen Wälder aber stabiler werden als bisher - und das wird in einer Monokultur nicht gelingen.“ Das Ziel, einen klimaresistenten Wald zu entwickeln, „erfordert von der Jägerschaft mehr als Hobby, das ist Arbeit.“ Waldbesitzer müssten ihre Flächen beobachten und regelmäßig mit den Jägern ins Gespräch kommen, um eine Entmischung der Baumarten durch angepasste Wildbestände zu verhindern. „Wir suchen keine Schuldigen, wir müssen zusammenarbeiten“, fügt Hans von der Goltz noch hinzu.
Gefragt sei auch der Waldbesitzer: Damit Flächen nicht komplett verdunkeln und so Äsungsflächen für Rehe verschwinden, sei die Pflege enorm wichtig. Zudem müssten Verbissgutachten, die regelmäßig erstellt würden, besprochen werden.
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Die Alternative wäre ein Schutz der Jungpflanzen durch Zäune. Das sei aber nicht nur aufwendig und kostenintensiv, sondern entziehe dem Wild auch wichtigen Lebensraum.
„In der Vergangenheit ging es immer nur darum, den Waldertrag zu optimieren“, sagt Hans von der Goltz. Aber nur eine stabile Mischung sei wirtschaftlich interessant. „Struktur ist eine Versicherung gegen großflächigen Waldverlust.“
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