Menden. Freie Kapazitäten nehmen bereits ab: Wiebke Kowall und Olga Thiessen praktizieren an der Unnaer Straße in Menden seit wenigen Tagen.
Der Startschuss fiel am 4. November und mittlerweile haben bereits rund 500 Patientenakten ihren Weg in die neue Hausarztpraxis an der Unnaer Straße 19 gefunden. Was für ein Start. Dr. med. Wiebke Kowall, Fachärztin für Allgemeinmedizin, leitet die Praxis und ist sichtlich erleichtert. „Wir haben super viele Patienten. Das ist toll. Also muss ich mir finanziell keine Sorgen machen“, sagt die Medizinerin offen. Eine Einzelpraxis wäre für sie als Ärztin und Mutter nicht in Frage gekommen - umso schöner, dass sie nun in einem Praxisnetzwerk als ärztliche Leiterin agieren könne. Im Interview erklärt die Medizinerin, welche Startschwierigkeiten es an der Unnaer Straße gibt, ob sie und ihre Kollegin noch freie Kapazitäten haben und wie es nun weitergeht.
Viele Menschen arbeiten am Erfolg der Praxis
Rund 200.000 Euro hat das Hausärzte-Netzwerk um den Mediziner Dr. Andreas Engelhardt, das mittlerweile in Hennen und Menden vier Praxen betreibt, in den Umbau der neuen Praxis gesteckt. „Für die Eröffnung einer Praxis muss man rund 300.000 Euro vorfinanzieren“, hatte Andreas Engelhardt kurz vor der Einweihung bei der Baustellenbegehung gesagt. Dort, wo noch vor wenigen Wochen Dreck, Staub und schweres Gerät zu sehen waren, zeigt sich nun eine moderne Praxis.
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Auf rund 250 Quadratmetern arbeitet Praxisleiterin Wiebke Kowall mit Olga Thiessen, Fachärztin für Innere Medizin und Diabetologie DDG, zusammen. Mit im Boot sind außerdem viele weitere Kolleginnen von der Medizinischen Fachangestellten bis hin zur Prozessmanagerin, um die Praxis ans Laufen zu bekommen. Allein im unteren, für Patienten zugänglichen Teil der Praxis arbeiten sechs Personen. „Und im Hintergrund noch viel mehr.“
Nach wenigen Tagen bereits 500 Patientenakten
Wiebke Kowall ist glücklich. Sie strahlt, wenn sie an die vergangenen Tage zurückdenkt. Es ist ihre erste eigene Praxis. „Es war viel“, sagt sie und gibt zu, dass sie auch ein bisschen erschlagen sei von den langen Tagen. Dass der Start direkt mit so vielen Patienten verlaufen würde, hätte sie nicht gedacht. „Ich dachte, ich könnte zu Beginn ein bisschen Däumchen drehen“, erklärt sie lachend. „Dass so viele Menschen kommen, dass die Patienten teilweise eine Stunde warten mussten, damit hätte ich nicht gerechnet.“ Im Vorfeld habe sie sich oft gefragt: „Wer kommt da wohl jetzt?“
Die Antwort sei einfach: eine bunte Mischung an unterschiedlichsten Patienten - einige seien ihr aus Hennen gefolgt, viele andere seien Olga Thiessen von der alten Praxis (Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Hohenlimburg-Iserlohn Hausarztpraxis St. Vincenz, Kolpingstraße 11a) gefolgt, viele seien komplett neu dazugekommen. „Von orthopädischen Fällen über Infekte bis hin zu psychischen Krankheiten war schon alles dabei“, sagt Wiebke Kowall. Der jüngste Patient war fünf Jahre alt, die älteste Patienten bisher 94. Es werde also das gesamte hausärztliche Spektrum abgedeckt. Und das nach rund eineinhalb Wochen.
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Der Zulauf sei hoch, rund 500 Akten liegen der Praxis bereits vor. „Gestern hatte ich 30 Patienten. Das ist schon viel“, sagt Wiebke Kowall. In der Regel seien es 20 Personen pro Vormittag. Viele Patienten würden den Moment nutzen, um sich den Ärztinnen vorzustellen und sie kennenzulernen. Die meisten Menschen würden dann ihre alte Akte, die aus verschiedenen Zetteln des alten Hausarztes besteht, mitbringen. „Die müssen wir dann sichten und entscheiden, was wir behalten und was nicht“, erklärt Wiebke Kowall den Vorgang. Danach müssten die relevanten Daten eingescannt und ins System eingepflegt werden. Viel Arbeit.
„Das wird noch Monate dauern“, ist sich Wiebke Kowall sicher. Doch sie ist froh, wenn neue Patienten ihre alten medizinischen Daten mitbringen würden. „Besonders Medikamentenpläne sind hilfreich“, sagt sie. Die Resonanz sei super. Einer der Trümpfe der neuen Praxis: „Viele Menschen haben uns gesagt, dass sie sich freuen, dass es so ein junges, weibliches Team ist“, sagt Wiebke Kowall.
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Drei von vier Räumen fertiggestellt bisher
Drei der vier Behandlungsräume sind fertiggestellt. Doch beim ersten Teammeeting wird auch klar: Das Patientenaufkommen ist so hoch, dass der vierte Raum auch so schnell wie möglich einsatzbereit gemacht werden muss. Auch im Außenbereich laufen die Arbeiten noch auf Hochtouren: Dort entstehen Parkplätze für die Mitarbeiter. Das Innere der Praxis ist modern gestaltet.
Über einen Vorflur mit Treppenstufen und einer Metallrampe gelangen die Patienten hinein. „Willkommen“ steht in großen begrünten Buchstaben an der Wand, Holzpaneele, Holzboden und eine graublaue Wandfarbe sollen für eine heimelige Atmosphäre sorgen. Im großen Flur befinden sich zwei große Tresen, hinter denen fleißig gearbeitet wird. Die Telefonzentrale befindet sich, wie berichtet, im Obergeschoss. Labor, heller Wartebereich und Ultraschallraum runden die Praxis ab.
Einblick in die neue Hausarztpraxis an der Unnaer Straße
Den größten Raum mit vielen Fenstern hat sich Wiebke Kowall ausgesucht. Bilder von vergoldeten Organen zieren ihre Wand. „Die sind von meinem Opa. Er ist stolz wie Bolle“, sagt sie über den 94-Jährigen. Schließlich sei Wiebke Kowall die Erste aus der Familie, die studiert habe. Und nun auch noch die eigene Praxis.
Nur noch wenige Termine frei in Menden
Die Praxis bietet 15-Minuten-Termine an. Bis Dezember sei Olga Thiessen bereits ausgebucht und im November habe Wiebke Kowall noch wenige Termine für akute Probleme frei, die nach und nach im Buchungssystem freigeschaltet werden würden. Etwa die Hälfte der Termine werden aktuell online gebucht. Das soll auf Dauer noch ausgebaut werden. Eine Mitarbeiterin nimmt sich die Zeit, den Patienten die Vorteile des digitalen Buchungssystems zu erklären.
Auch mit der App PatMed arbeitet die Hauptpraxis in Hennen bereits. In Menden sollte das eigentlich auch funktionieren. Über diese App könnten Patienten und Praxen in den Austausch treten, Befunde können sicher geteilt, Dauerrezepte per Klick bestellt werden. Doch im Moment hake die App etwas. So schnell wie möglich soll das aber behoben werden, sagt Wiebke Kowall. Und für die Zukunft wünscht sie sich, dass das Team so positiv bleibe. „Und dass die Abläufe noch besser werden, damit wir mehr Zeit haben.“
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Die Registrierung zur Aufnahme als Patienten in der neuen Hausarztpraxis ist online möglich. Unterlagen können mit Termin eingereicht werden. Weitere Informationen und Termine: www.hausarzt-menden.de. Auch über die App Doctolib können Termine gebucht werden.