Wenden. Schwimmbadbau: Heftige Debatte über CDU-Antrag. Im Anschluss wird Vergabe beschlossen. Neubau soll 11,8 Millionen Euro kosten.
In der Schule ist es sprichwörtlich: „Thema verfehlt – sechs.“ Da kann jemand den weltbesten Text über das Liebesleben der Ameisen verfasst haben; war von der Lehrkraft ein Aufsatz über die Funktionsweise eines Viertakt-Ottomotors gefragt, heißt es: ungenügend. Entsprechend dieser Vorgehensweise hätte der Rat der Gemeinde Wenden am Mittwochabend in seiner mehr als vierstündigen Sitzung über weite Passagen die Schulnote „ungenügend“ verdient, wurde doch das eigentliche Thema der Diskussion fast immer verpasst. Und das mit Ansage.
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Auf der Tagesordnung stand eine Debatte um den CDU-Antrag, einen Ratsbürgerentscheid über den von der knappen Ratsmehrheit aus SPD, UWG und Grünen beschlossenen Neubau des Hallenbads in die Wege zu leiten. Doch ging es – wie auch zu erwarten – über weite Strecken nicht um die Frage eines Ratsbürgerentscheids, sondern um den Sinn oder Unsinn eines Neubaus oder ob nicht doch die Sanierung des alten Bades die bessere Lösung sei.
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Samthandschuhe zu Hause gelassen
Dabei ging es streckenweise äußerst heftig zur Sache. Während SPD-Fraktionschef Ludger Reuber betont zurückhaltend immer wieder mahnte, auf der sachlichen Ebene zu bleiben, hatte insbesondere UWG-Chef Thorsten Scheen die Samthandschuhe zu Hause gelassen und attackierte CDU und Verwaltung hart. Dabei traf er ganz offensichtlich mehrfach empfindliche Stellen, denn die Reaktion von beiden angegriffenen Seiten war heftig und zeugte stellenweise von Dünnhäutigkeit und Nervosität.
„Wir wollen weiterhin Schwimmen ermöglichen.“
Zwar hatte der erst kürzlich gewählte neue CDU-Fraktionschef Dr. Patrick Bredebach eingangs seiner Antragsbegründung ebenfalls betont, die Emotionen sollten angesichts der brisanten Frage nicht zu hochkochen. „Ziel unseres Antrags ist es nicht, ein Schwimmbad zu verhindern. Wir wollen weiterhin Schwimmen ermöglichen“, betonte er und dass die Gemeindeordnung mit dem Instrument des Ratsbürgerentscheids dem Rat die Möglichkeit gegeben habe, bei derart umstrittenen und schwierigen Sachverhalten den Souverän, das Volk, entscheiden zu lassen. Anlass für die CDU, diesen Schritt zu gehen, sei die Tatsache, dass das vom Rat beschlossene Kostenlimit durch das nun vorliegende konkrete Angebot überschritten werde.
„Nichts anderes als Vorwahlkampfgetöse.“
Doch gab es heftige Gegenrede der anderen Fraktionen, die bei der CDU mehrfach mit emotionalen Kontern beantwortet wurde. Elmar Holterhof von den Grünen fragte, warum die CDU nicht früher schon beim Bau von Industriegebieten oder der Schließung von Schulen solch einen Ratsbürgerentscheid eingestielt habe. Er fand, der Antrag habe nur „wahltaktische Gründe“ und sei „nichts anderes als Vorwahlkampfgetöse“. SPD-Fraktionschef Reuber fand, der Antrag komme schlicht zur falschen Zeit; die Planungen seien weit fortgeschritten, ein Nein zum Neubau würde Planungskosten in Millionenhöhe versenken. Auch habe sich an der Ausgangslage nichts geändert, dass die zum Neubau alternative Sanierung des alten Bades vom Rat als „Fass ohne Boden“ identifiziert worden sei und auch die avisierten Sanierungskosten inzwischen gestiegen wären.
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UWG-Chef Scheen hatte eine lange Rede angekündigt, wurde aber nach fünf Minuten von Bürgermeister Clemens unterbrochen: Er warf Scheen vor, ihm undemokratisches Verhalten vorgeworfen zu haben, was dieser laut dem uns vorliegenden Redemanuskript jedoch nicht gesagt hatte. Clemens erklärte, daher werde er sich nun sehr genau an die Geschäftsordnung halten und entzog Scheen nach der eigentlich festgelegten, oft in solchen Situationen aber großzügig ausgelegten Redezeit das Wort. Scheen hatte insbesondere betont, die CDU spiele mit der Idee des Ratsbürgerentscheids ein „Spielchen, die den Extremen oder sogenannten Protestparteien die Wähler zuspielen“, wisse sie doch ganz genau, dass sie die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zusammenbekomme und es nur darum gehe, Öl ins Feuer zu gießen.
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Seinen zweiten Redebeitrag – bis zu drei sieht die Geschäftsordnung zu – nutzte Scheen, um die CDU darauf hinzuweisen, dass die von ihr angeführte, vom Rat beschlossene Kostenobergrenze von 12,1 Milionen Euro keineswegs gerissen sei. Denn es gehe hier um zwei Zahlen: einerseits die Gesamtsumme, die der Neubau koste, einschließlich Planung, Projektsteuerung und Gutachten (13,1 Millionen Euro), und andererseits die reine Bausumme (11,8 Millionen Euro), und um diese und nur um diese gehe es bei der Obergrenze. Sein Vorwurf: Die CDU wolle gar kein Schwimmbad, weder einen Neubau sondern die Sanierung des alten, sondern plane den „Schwexit“, den Schwimmbad-Exit.
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Vor der Abstimmung eine Überraschung: Uli Heinrich von den Unabhängigen erklärte, er sei zwar ein Verfechter eines neuen Bades, könne sich aber der Idee einer Bürgerbeteiligung nicht verschließen und werde daher für den Ratsbürgerentscheid stimmen. Als Martin Solbach von der CDU daraufhin eine Lobesrede auf Heinrich anstimmte, winkte dieser ab: „Lass es.“ Auf Antrag der CDU wurde dann namentlich abgestimmt, und es kam, wie es zu erwarten war: Mit 18 Stimmen von SPD, Grünen und UWG außer Uli Heinrich wurde die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit bei weitem verfehlt, denn 14 Christdemokraten plus Uli Heinrich und Bürgermeister Clemens kamen zusammen auf nur 16 Stimmen. Direkt im Anschluss stand das Thema erneut an, diesmal aber „handfest“, denn mit 19 zu 15 Stimmen beschlossen SPD, UWG und Grüne geschlossen gegen CDU und Bürgermeister die Vergabe des Neubaus.