Olpe. Stillgelegter evangelischer Friedhof liegt mitten in der Stadt und ist trotzdem kaum bekannt. Das soll ein neues Schild bald ändern.
Der September des Jahres 2024 ist zum „Monat des Kriegsgrabes“ erklärt worden. Das war nicht der Anlass, aber ein passender Rahmen für ein Treffen am Olper Rathaus: Hier kamen am Donnerstag Vertreter der Bezirksregierung, der Stadt, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und der evangelischen Kirchengemeinde zusammen, um über ein gemeinsames Projekt zu sprechen, das seit Jahrzehnten zwar nicht an der großen Glocke hängt, das aber dem Beauftragten des Volksbunds, Wolfgang Held, einen überraschten Ausruf entlockte: „Es gibt ja einige besondere Friedhöfe, aber das hier ist ein ganz besonderer.“
Er blickte staunend über den alten evangelischen Friedhof, der, vielen Olpern komplett unbekannt, mitten in der Stadt, aber versteckt an der Bergstraße liegend, eine grüne Oase darstellt, die zudem als Soldatengrabstätte Ort der Erinnerung und Mahnung ist.
Entstanden war der Besuch aus einer eher zufälligen Entdeckung, die Dr. Hans-Bodo Thieme gemacht hatte: Ihm war aufgefallen, dass die beiden einzigen Grabsteine von Kriegsgräbern aus dem Ersten Weltkrieg, die es im gesamten Stadtgebiet gibt, komplett zugewachsen und vermoost waren. Er hatte den Volksbund informiert, der wiederum auf die Stadt zugegangen war. Der alte evangelische Friedhof wird zwar seit etwa 1958 nicht mehr belegt, ist aber immer noch als Friedhof gewidmet.
Während die verbliebenen zivilen Gräber zuwachsen und verfallen, was ganz bewusst nicht unterbunden wird, werden die Gräber der ebenfalls dort beigesetzten Soldaten erhalten und gepflegt, weil sie ewiges Ruherecht genießen. Der Bund zahlt dem Land sogar Geld für den Erhalt von Kriegsgräbern, und die Bezirksregierung gibt dies an die Kommunen weiter.
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Thieme, der das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde pflegt, hat die Daten im Kopf: „Der Friedhof wurde aufgegeben, weil er schlicht und einfach voll war. Durch Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg waren so viele evangelische Christen nach Olpe gekommen, dass der Platz für die Bestattungen nicht mehr ausreichte. So kam es zur Neuanlage des evangelischen Friedhofs, der heute Teil des Kommunalfriedhofs ist.“ Doch während anderswo alte Friedhöfe aufgegeben wurden, entschied sich die Kirchengemeinde, den Charakter der alten Beisetzungsstätte zu erhalten und ihn als Friedhof gewidmet zu lassen. Nur wurden eben keine neuen Gräber mehr angelegt. „Es gab noch einige Bestattungen, weil hier ja auch Familiengruften waren, die natürlich noch weiter belegt wurden, aber im Grunde ist er seit rund 60 Jahren geschlossen.“
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Dass eine Kirchengemeinde einen solchen Platz mitten in der Stadt erhält und nicht, wie anderswo oft geschehen, verwertet, rang Wolfgang Held Respekt ab, und auch die Art und Weise, wie der Friedhof seitdem erhalten wird, gefiel ihm sehr. Denn die Kirchengemeinde schloss damals mit der Stadt einen Vertrag, der die Kommune verpflichtet, den Friedhof zu pflegen – aber als Park und Grünfläche. Und daher mäht der Bauhof der Stadt Olpe die Freiflächen, lässt dabei gewisse Bereiche stehen, um Insekten genügend Blühpflanzen zu erhalten, und reinigt regelmäßig die Kreuze der 23 Grabstätten, die über den Gräbern von 45 toten Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg stehen.
Und so kam es wohl auch zu der Situation, dass die beiden Grabsteine aus dem Ersten Weltkrieg vergessen wurden und zuwucherten. Paul Henkel, der bei der Stadt Olpe für die Pflege der Kriegsgräber zuständig ist, aber gerade dabei ist, diese Aufgabe an seinen Nachfolger Simon Wurm weiterzugeben, erklärte: „Als wir darauf aufmerksam gemacht wurden, haben wir die Grabsteine zunächst mal vorsichtig vom Moos befreit. Und als der erste Name lesbar wurde, dachte ich mir: ,Den hast du doch schon mal gehört‘.“ Kein Wunder, stand er doch, wie auch der des zweiten Toten aus dem Ersten Weltkrieg, nicht nur auf dem Grabstein, sondern auch auf zwei Kreuzen auf dem Gräberfeld der Opfer des Zweiten Weltkriegs. Warum? Das weiß heute niemand mehr. Man kann nur spekulieren.
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Mit Grabsteinen ausgestattet wurden die Kriegsgräber oft erst Mitte/Ende der 1950er-Jahre, bis dahin dienten oft schlichte Holzkreuze zur Kennzeichnung. Die heute aufgestellten Grabsteine identifiziert Held eindeutig als solche, die der Volksbund geliefert hat, sogenannte Kopfkreuze. Thieme vermutet: „Da waren die beiden Grabsteine aus dem Ersten Weltkrieg vielleicht auch schon zugewachsen, und einer der Verantwortlichen wusste aus der Liste, dass die beiden Soldaten hier beigesetzt sind, und wollte ihre Namen sichtbar machen und hat sie einfach zu denen aus dem Zweiten Weltkrieg dazugeschrieben.“ Das hält auch Wolfgang Held für wahrscheinlich. Er geht aber aufgrund der Auffindesituation davon aus, dass die beiden Opfer des Ersten Weltkriegs nicht umgebettet wurden.
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Sein Vorschlag: die alten Gräber neu fassen, die Grabsteine vom Fachmann aufarbeiten lassen – und wenn das aufgrund fortgeschrittenen Verfalls nicht geht, dann könnte die Stadt Plexiglas-Kopien der Steine über den Originalen aufstellen, sodass einerseits die Original-Aufschrift zu lesen ist, andererseits der echte Stein erhalten bleibt. Die Vertreter der Stadt nicken: Sie halten dies ebenfalls für eine gute Idee und wollen dies gern umsetzen. Eine Vertreterin der Bezirksregierung ergänzte mit dem Hinweis, dass abseits der ohnehin gezahlten Grabpflegegelder auch Zuschüsse für derartige Sondermaßnahmen beantragt werden können. Und noch einen Hinweis nehmen die Vertreter der Stadt gern auf: Held bittet darum, den Eingang des alten Friedhofs mit dem Hinweis zu versehen, dass hier Kriegsgräber besucht werden können. Auch diese Anregung will die Stadt aufgreifen.