Kreis Olpe/Düsseldorf. Diskrepanzen zwischen Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Einwohnermeldeämter: Bürgermeister zweifeln an Genauigkeit.

Der Kreis Olpe ist geschrumpft. Nein, nicht seine Fläche: Die beträgt nach wie vor 712,11 Quadratkilometer. Aber die Einwohnerzahl ist stark und spürbar zurückgegangen. Zumindest, wenn man den Zahlen des „Zensus 2022“ Glauben schenkt. Und dieser offiziellen „Volkszählung“ zufolge ist die Einwohnerzahl des Landkreises von 2011 auf 2022 von 134.297 auf 132.230 geschrumpft – ein Rückgang um 2067 oder vergleichbar um die Einwohnerzahl von ganz Ottfingen oder alternativ Bilstein plus Kirchveischede.

Dabei verlief die Entwicklung der einzelnen Kommunen stark unterschiedlich: Attendorn verlor 848 Bürgerinnen und Bürger, Lennestadt sogar 1011, Olpe 249 und Wenden 256. Dagegen legte Drolshagen um 125 zu, Finnentrop um 156, Kirchhundem um 16. Und damit ändert sich etwas, das im Alltag zwar keine Bewandtnis hat, aber dennoch viel Beachtung findet: Denn die Stadt Lennestadt ist damit nicht mehr wie seit jeher die größte Kommune im Kreis, weil die Kreisstadt Olpe nun mit 24.651 Einwohnerinnen und Einwohnern knapp, aber sicher vor Lennestadt mit 24.423 liegt. Es folgen Attendorn mit 23.527, Wenden mit 19.266, Finnentrop mit 17.084, Drolshagen mit 11.825 und Kirchhundem mit 11.454.

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Zwei Schwellenwerte spielen für Kommunen eine Rolle: Wer an drei Zähltagen über 25.000 Einwohner liegt, erhält automatisch den Status einer „mittleren kreisangehörigen Stadt“, was bislang für Olpe, Lennestadt und Attendorn gilt. Und eine Kommune, die dreimal hintereinander über 20.000 Einwohner liegt, kann auf Antrag von einer „Gemeinde“ zur „Stadt“ werden, eine Marke, an der Wenden seit vielen Jahren schrammt, nun aber wieder deutlich abgerückt ist. Allerdings sind die Rückfallzahlen deutlich geringer: den Status „mittlere kreisangehörige Stadt“, die unter anderem bedeutet, dass eine eigene Bauverwaltung unterhalten werden darf, entfällt erst, wenn an fünf aufeinanderfolgenden Stichtagen weniger als 15.000 Bürgerinnen und Bürger gemeldet sind. Dennoch sind die Zahlen von Bedeutung, hängen doch viele Zuschüsse und Förderungen an der Einwohnerzahl.

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Und hier setzt das eigentliche Problem ein: Denn die Städte und Gemeinden haben in ihren eigenen Statistiken, den Zahlen ihrer Einwohnermeldeämter, teilweise deutlich höhere Zahlen. Die Nachricht war daher ein kleiner Schock für die Wendener Verwaltung. „Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar“, so Bürgermeister Bernd Clemens (CDU). Schon im Gemeinderat hatte er betont, dass sich niemand die Resultate „wirklich“ erklären könne. Und auch sein Olper Amtskollege Peter Weber (CDU) blickt ratlos auf die Zensus-Zahlen. „Unser Einwohnermeldeamt sagt, wir haben 25.529 Einwohner, und der Zensus eben 24.651“, so Weber, „und so wirklich hat uns keiner erklärt, woher diese Differenz rührt“. Schließlich seien ja die städtischen Zahlen Grundlage der Zensus-Ergebnisse, „und die dort angeführten Begründungen, unter anderem Doppel-Anmeldungen oder nicht gemeldete Umzüge, erklären meines Erachtens nicht eine so hohe Differenz“.

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Der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT NRW) verweist bezüglich der Fragen auf das Statistische Bundesamt, das die genaue Vorgehensweise auf seiner Internet-Präsenz erläutert habe. Hier heißt es: „Eine reine Auszählung der Melderegister zur Ermittlung der Bevölkerungszahl ist (...) nicht ausreichend, denn: Nicht alle Angaben daraus sind präzise und aktuell. (...) Manche Personen sind nicht an ihrem Wohnort gemeldet, andere stehen im Register, sind aber umgezogen oder bereits verstorben.“

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Aus diesem Grund sehe der Zensus 2022 basierend auf den Erfahrungen des Zensus 2011 eine Reihe von ergänzenden Maßnahmen vor, mit denen das Ergebnis der Melderegisterauszählung statistisch korrigiert werde: zum einen aus „der Bereinigung der Registerdaten durch die Mehrfachfallprüfung“ und zum anderen „aus verschiedenen, sogenannten primärstatistischen Korrekturen der Registerdaten“. Dies sei durch Haushaltebefragungen auf Stichprobenbasis geschehen, lediglich in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften sei „aufgrund einer relativ hohen Fluktuation oder unzureichendem Meldeverhalten“ eine Vollerhebung ohne Hochrechnung erfolgt.

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„Die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen können gerne zu unseren Fachleuten des Zensus Kontakt aufnehmen um etwaige Differenzen in den Werten auszuräumen“, so die Auskunft von IT NRW. Zumindest für die Gemeinde Wenden keine Option: Nachdem sich die Verwaltung umgehört habe, seien alle gemeinschaftlich zu dem Entschluss gekommen, die Zahlen hinzunehmen: „Ich höre nur von mehreren Seiten, dass es aussichtslos ist, das Ergebnis zu hinterfragen“, berichtet Bürgermeister Clemens.