Hagen. Im Brandhaus an der Steinhausstraße in Kabel herrschen unhaltbare Zustände. Am Freitagnachmittag dann ein erstes Aufatmen.
Während das Leben in den meisten Teilen von Hagen seinen mehr oder weniger normalen Gang geht, ist im Haus an der Steinhausstraße 107 seit der Brandnacht nichts mehr so, wie es war. Das Hochhaus in Kabel mit seinen 72 Wohnungen ist seit zwei Wochen ohne Strom und ohne warmes Wasser, zudem fällt die Heizung immer wieder aus. Die Bewohner sind mit den Nerven am Ende: „Ich weiß nicht, wo das noch hinführen soll“, sagt Ramona Baumöller (39).
Wir befinden uns im siebten, dem obersten Stockwerk. Von dem Laubengang aus hat man einen weiten Blick über das Industriegebiet Bathey und das dahinter aufsteigende Ardeygebirge. Rechter Hand liegen die Wohnungstüren. Hier ist das Reich von Familie Baumöller, neben der Wohnung der Eltern, die seit über 40 Jahren hier leben, befinden sich die Wohnungen der Töchter Ramona und Melanie. Ein Notstromaggregat rattert, der Benzingestank und der Lärm sind auf die Dauer kaum zu ertragen. „Aber so haben wir wenigstens Strom“, sagt Ramona Baumöller.
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26 Bewohner sind ausgezogen
Von dem Angebot der Stadt Hagen, die mittlerweile 26 Bewohner aus 14 Haushalten in Hotels bzw. Ersatzwohnungen untergebracht hat, wollen die Baumöllers keinen Gebrauch machen. Sie fürchten um ihre Haustiere - neben Hund und Katze sind das um die 30 Zebrafinken, die in einer Voliere gehalten werden und die Freude der Mutter sind, die gerade erst von einer vierstündigen Wirbelsäulen-Operation genesen ist und das Hochhaus, da der Aufzug defekt ist, nicht verlassen kann. „Bevor ich unsere Tiere allein lasse, bleibe ich lieber hier“, sagt Ramona Baumöller mit Nachdruck.
Die beiden Schwestern waren bei Westfalia im Lager in Halden angestellt und sind seit der Insolvenz des Werkzeughändlers im vergangenen April arbeitslos. Die persönliche Misere ist durch den Brand in dem Haus, in dem sie ihr gesamtes Leben verbracht haben, noch einmal gesteigert worden. Der Generator habe sie 350 Euro gekostet, berichtet Ramona Baumöller: „Und für das Benzin gebe ich 15 bis 20 Euro täglich aus. Bald habe ich kein Geld mehr.“
Das sagt der Vermieter
In der Nacht zum 4. Januar hatte ein Feuer den Keller des Hauses verwüstet, anschließend musste die zentrale Stromversorgung aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden. Die Ursache des Brandes konnte von der Kriminalpolizei bislang nicht ermittelt werden. Der Keller sei seit langem undicht, berichten Baumöllers. Aufgrund des Stromausfalls arbeiten die Pumpen nicht mehr, das Wasser steht knöcheltief auf dem Boden. Ramona Baumöller hat beobachtet, dass die mit der Reparatur beauftragten Elektriker den Keller aufgrund der unsichtbaren Giftschwaden, die infolge des Brandes durch die Räume wabern, nur in Ganzkörperschutzanzügen betreten.
Das Haus gehört der Adler Group, die auf Anfrage unserer Zeitung erklärte, die Gespräche mit den Gutachtern hätten ergeben, dass die Wiederherstellung der Stromversorgung leider nicht kurzfristig realisierbar sei und der Umfang der erforderlichen Arbeiten mehrere Monate betragen könne: „Unsere Kolleginnen und Kollegen aus der Hausverwaltung sind mit den betroffenen Mieterinnen und Mietern in Kontakt und werden diese über die weiteren Schritte unverzüglich informieren“, so Adler-Pressesprecherin Dr. Dobroslawa Pazder.
Illegale Müllhaufen im Keller
Auch der Elektriker Thomas Flöth (56) lebt in dem Haus, er ist allerdings nur als Bewohner betroffen und hat mit der Reparatur, mit der ein Betrieb aus Bochum beauftragt wurde, nichts zu tun. Doch im Fahrradkeller hätten unhaltbare Zustände geherrscht, weiß er zu berichten. Viele Bewohner hätten ihren Sperrmüll und weiteren Abfall dort entsorgt: „Kühlschränke, Waschmaschinen, Styropor, Pappe und Polyurethan-Schaummatratzen - da genügt eine weggeschnipste Kippe, das brennt wie flüssiges Benzin.“ Auch die Brandschutztüren seien ständig verkeilt gewesen und hätten immer offen gestanden: „Sonst hätte sich der Brand nicht so im Keller ausbreiten können.“
Am späten Freitagnachmittag dann ein erstes Aufatmen: Wie der Hagener Energieversorger Mark-E mitteilte, seien mehrere Baustromzähler im Haus aufgestellt worden und die Stromversorgung für die Heizung über eine entsprechende Verkabelung provisorisch wieder hergestellt worden.
Diese Übergangsregelung solle nun so lange weiterlaufen, bis die eigentliche Anlage im Keller vollumfänglich repariert sei. Erst dann könne das Gebäude wieder mit Strom versorgt werden.