Boele.. Niemand hat dieses Amt in Hagen je so lange bekleidet wie er. Nun hat er eine Entscheidung getroffen. Und es passiert noch mehr.
Das 23. Jahr wird das letzte sein. Heinz-Dieter Kohaupt (CDU) hört auf und führt mit diesem Schritt nicht nur eine Zäsur auf der Position des Bezirksbürgermeisters des Hagener Nordens herbei. Sondern auch für die CDU im Norden allgemein. Die Kommunalwahl im September 2025 darf, ohne zu viel Pathos, als personelle Zeitenwende betrachtet werden. „Ich möchte selbstbestimmt sagen können, dass Schluss ist“, sagt Kohaupt. Er hat aber auch noch andere Gründe.
Im vergangenen September hatte Heinz-Dieter Kohaupt in dieser Zeitung schon recht deutlich und sehr ehrlich vorausgeblickt: „Grundsätzlich ist es Zeit, für Jüngere Platz zu machen. Und ich bin auch ganz ehrlich: Es entsteht eine Leere im Kopf, es fehlen einem nach so langer Zeit die Ideen. Es muss frisches Blut reinkommen.“ Wenn die Amtszeit im September 2025 endet, wird er 23 Jahre Bezirksbürgermeister gewesen sein. So lange wie niemand zuvor in allen Stadtbezirken. Mit jeder Wahl seit 2004 packte man Kohaupt auf Platz eins der Wahlliste für die Bezirksvertretung. Immer mitgetragen von allen anderen Parteien dort.
Große Fußstapfen hinterlassen
Ebenfalls im September hatte Kohaupt erklärt, dass er sein Licht nicht unter den Scheffel stellen wolle und durchaus große Fußstapfen im Norden hinterlassen habe. Er ließ die Tür noch einen Spalt breit offen. Doch es gibt Entwicklungen, die Kohaupt nun deutlich zum Schlussstrich führen. „Ich werde 68, das ist die eine Sache. Ich kümmere mich um meine Eltern, die 92 und 90 Jahre alt sind. Ich möchte Zeit für meine Enkelkinder haben. Die Familie soll weiter an erster Stelle stehen. Es ist genug“, sagt er.
Rolle immer selbst interpretiert
Damit wird ein Lokalpolitiker die Bühne verlassen, der seine Rolle als Bezirksbürgermeister nicht primär in der Gestaltung und Entwicklung von Themen gesehen hat. Kohaupt ist dran und drin bei den Vereinen, den Bürgern mit den konkreten Anliegen, den Gemeinschaften, Gruppen und Sorgenträgern. Dafür wird er hoch geschätzt und dafür wurde er auch immer wiedergewählt. Kein Fest ohne den Helfer Heinz-Dieter Kohaupt - und sei der Anlass noch so klein. Kohaupt ist volksnah und eben Teil dieses Volkes. Und er hört zu. „Ich käme nie auf die Idee, die Verwaltung vorzuführen“, erklärte Heinz-Dieter Kohaupt zuletzt seinen Anspruch, keine politischen Feuer anzuzünden und niemandem mehr Arbeit aufzubürden, der diese ohnehin schon nicht mehr leiste könne. „Ich bin nicht so dieser eisenharte Kerl.“
Das Erstarken der Rechten
Kohaupt macht aber noch eine Bemerkung angesichts der politischen Entwicklungen und Stimmungslage in dieser Zeit: „Die Rechten werden stärker, und auch die Bezirksvertretung wird sich dadurch verändern. Ich möchte weder davon abhängig sein, von der AfD mitgetragen zu werden noch mit denen um Mehrheiten kämpfen. Wir waren immer ein Gremium, das gemeinsam nach Lösungen gesucht hat. Das hat uns ausgemacht.“
Auch wenn die Volksnähe hier gerade so betont wurde. Die Bretter waren nicht schmal, die im Norden der Stadt in den vergangenen 23 Jahren (und darüber hinaus) gebohrt werden mussten. Die Boeler Ortsumgehung, die Verkehrsthemen im Norden im Allgemeinen, die großen Debatten um Cargobeamer, Stromtrassen oder das Böhfeld. „Oder solche vermeintlich kleineren Dinge wie Elterntaxis. Wir haben so viele Gespräche zu diesem Thema geführt.“ Dass der Boeler Ortskern immer noch ein zehntausendfach befahrener Bereich täglich ist, sei übrigens nicht ausschließlich der Politik und den Verkehrsplanern zuzuschreiben. „Ich habe die Pläne mit der Bitte um Verbesserungsvorschläge später auch noch mal allen Vereinen und Gruppen im Ortsteil in einem Workshop vorgelegt. Und wir alle stellten fest, dass wir es gemeinsam so gestaltet haben.“
Lange Realierungszeiträume
Was an Politik durchaus nervig sei, seien die langen Zeiträume. Seine gesamte Regierungszeit durch ist der Vollsortimenter in Vorhalle, der nun endlich gebaut wird, Thema gewesen. Länger als jeder Kaugummi. „2003 wurden doch schon Unterschriften dafür gesammelt“, sagt Kohaupt. „Das ist manchmal wirklich schwierig, es den Bürgern noch zu erklären.“
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Der ehemalige CDU-Ratsherr und Bezirksvertreter Martin Erlmann hatte Kohaupt 1999 in die Politik geholt. „Wir brauchen sachkundige Bürger“, so der Tenor. Kohaupt, über 40 Jahre Sozialversicherungsfachangestellter bei einer Krankenkasse, war so einer. Sein ganzes Leben hat Kohaupt an der Niedernhostraße verbracht, wo seine Eltern einst als eine von 78 Eisenbahnerfamilien ins einzige Hochhaus zogen. Der Vater war Heizer, dann Lokführer. Heinz-Dieter und Jutta Kohaupt, die sich beim WM-Gucken 1978 in der Eisenbahner-Gartenanlage kennenlernten, leben immer noch dort. Mit seiner Frau Jutta hat Kohaupt drei Kinder großgezogen, die heute 42, 40 und 33 Jahre alt sind. Es ist auch ein Leben im Geiste der Eisenbahn. Bei der Eisenbahner Wohngenossenschaft ist er im Aufsichtsrat sowie im Vorstand des Hospizes.
Spätfolgen der Gürtelrose
Noch immer kämpft Kohaupt mit den Folgen einer starken Gürtelrose, die im vergangenen Jahr sogar für Lähmungserscheinungen sorgte. Der Bezirksbürgermeister hatte überdies einen leichten Schlaganfall. Aufmerksamen Sanitätern war dies in einer Sitzung des Verwaltungsrates der Eisenbahner -Wohnungsgenossenschaft aufgefallen. Binnen 25 Minuten konnte Kohaupt die so wichtige Lyse-Spritze im AKH bekommen, die Blutgerinnsel sofort löst. „Das ist alles nicht so ganz ohne“, sagt er mit gewohnt gedämpfter Stimme. Nein, ist es nicht.
In der Bezirksvertretung Nord kündigt sich nach WP-Informationen hinter den Kulissen eine große CDU-Rochade an, in deren Zuge die BV Nord extrem verjüngt werden soll. Die Spitzenkandidaten sind allesamt unter 40 Jahren alt. Die gestandenen Vertreter, die nahezu alle ebenso lange wie Kohaupt im Amt waren, werden das Gremium wohl verlassen. Damit könnte im Norden eine der jüngsten CDU-Riegen der Stadt entstehen.