Hagen. Dem Deutschen Roten Kreuz Hagen geht das Geld aus. Der Kreisverband hat jetzt Insolvenz in Eigenregie beantragt. Die Hintergründe:

Der Kreisverband Hagen des Deutschen Roten Kreuz (DRK) steckt in riesigen finanziellen Schwierigkeiten. Der Wohlfahrtsverband, der sich unter anderem im Sanitätsdienst engagiert und Pflegeheime betreibt, hat nach eigenen Angaben beim Amtsgericht Insolvenz in Eigenregie („Anordnung eines Eigenverwaltungsverfahrens“) beantragt.

„Diese Entscheidung wurde getroffen, um die finanzielle Stabilität des Verbandes langfristig zu sichern und eine nachhaltige Sanierung in die Wege zu leiten“, heißt es in einer Mitteilung, die das DRK am Freitag veröffentlichte.

DRK legt Sanierungsplan vor

Verbunden mit dem Antrag ist ein Sanierungsplan, in dem das DRK um den noch relativ neuen Vorstand Philipp Kohn (seit Februar diesen Jahres als Nachfolger von Udo Stroh in der Verantwortung) erklärt, wie es gedenkt, die finanzielle Schieflage in den Griff zu bekommen.

M. Kleinrensing WP Hagen DRK
Das Karl-Jellinghaus-Zentrum an der Feithstraße: Hier ist auch die DRK-Verwaltung Hagen untergebracht. © WP | Michael Kleinrensing

Dem aktuellen Vorstand - auch das ist Teil des Verfahrens - ist vom Amtsgericht ein sogenannter Sachverwalter an die Seite gestellt. Diese Funktion übernimmt Rechtsanwalt Dr. Jan Janßen, der für die Wirtschaftskanzlei Görg mit Niederlassungen in Hagen, Arnsberg und Siegen arbeitet. Seine Aufgabe ist es, die Interessen der Gläubiger zu wahren und den Verband im Verfahren zu überwachen.

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Beseitigung einer Krisensituation

Die Hagener Kanzlei Dr. Andres - in Person Rechtsanwalt Andreas Budnik - wiederum wirkt an der Erarbeitung des Sanierungsplans mit. Budnik erläutert: „Die Eigenverwaltung ist ein effektives Instrument zur Beseitigung von Krisensituationen und zur nachhaltigen Neuaufstellung von Organisationen. In den kommenden Wochen werden wir Gespräche mit allen wesentlichen Beteiligten führen und auf dieser Grundlage unsere Pläne zur Sanierung des Kreisverbands vorantreiben.“

Eine der Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuz in Hagen: die Tagespflege am Theater.
Eine der Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuz in Hagen: die Tagespflege am Theater. © WP

Finanzielle Probleme belasten den Wohlfahrtsverband zunehmend in den letzten beiden Jahren. Die steigenden Gehälter, die Inflation (Energie, Dienstleistungen und Lebensmittel) sowie schwierige und zäh verlaufende Verhandlungen über Pflegesätze sind die Ursachen. Diese Belastungen hätten nicht ausreichend kompensiert werden können.

Kürzungen des Landes trüben Perspektive

Viele Sozialverbände seien derzeit mit diesen Belastungen konfrontiert. Wörtlich heißt es: „Die angekündigten massiven Kürzungen der Landesregierung im sozialen Bereich trüben die Perspektive weiter ein.“

Der DRK-Kreisverband Hagen hat ein neues Vorstandsduo
Neuer und alter Vorstand des DRK-Kreisverbands Hagen (von links): Der verabschiedete Udo Stroh, die mittlerweile ausgeschiedene Christine Scholl und der verbliebene Philipp Kohn, der sich nun um das Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung kümmert. © drk | DRK

Hinzu kommt nach Informationen unserer Zeitung die Belastung durch die in die Jahre gekommene DRK-Immobilie an der Lange Straße in Wehringhausen, in der das DRK-Seniorenzentrum Hagen untergebracht ist. Der Sanierungsbedarf in der Einrichtung, die vor einigen Jahren auch wegen mangelnder Qualität in der Pflege - die Heimaufsicht hatten einen Aufnahme-Stopp verhängt - in die Schlagzeilen geraten war, ist groß.

Tagespflege soll bald schließen

Neben zwei Pflegeheimen (72 und 124 Betten) unterhält der Kreisverband drei Tagespflegeeinrichtungen (61 Plätze) - eine davon, so das DRK, soll - so ist es schon länger beschlossen - aus finanziellen Gründen zum Jahresende geschlossen werden.

„Unsere Einrichtungen und Leistungen werden wir auch in der Eigenverwaltung wie gewohnt fortführen. Wir werden allerdings unser umfangreiches Angebot unter wirtschaftlichen Aspekten intensiv auf den Prüfstand stellen müssen.“

Philipp Kohn
Vorstand des DRK-Kreisverbandes Hagen

Darüber hinaus bietet der DRK-Kreisverband in Hagen und Hohenlimburg einen ambulanten Pflegedienst. Hinzu kommen Tagestreffs für Senioren in Haspe, Hohenlimburg und der Innenstadt. Eine DRK-Hausnotrufzentrale hat ihren Sitz am Bergischen Ring. In fünf Einrichtungen bietet das DRK Hagen betreutes Wohnen an. Dazu gibt es das DRK-Angebot Essen auf Rädern. Außerdem engagiert sich der Kreisverband im Bereich der Ersten Hilfe. Noch relativ neu ist der Second-Hand-Treff Sanduhr.

Hagen
In der Innenstadt von Hagen betreibt der DRK-Kreisverband den Second-Hand-Laden „Sanduhr“. © WP | Yvonne Hinz

Angebote auf dem Prüfstand

„Unsere Einrichtungen und Leistungen werden wir auch in der Eigenverwaltung wie gewohnt fortführen“, so DRK-Vorstand Philipp Kohn, „wir werden allerdings unser umfangreiches Angebot unter wirtschaftlichen Aspekten intensiv auf den Prüfstand stellen müssen.“ Der Kreisverband bleibe im Eigenverwaltungsverfahren handlungs- und weisungsbefugt.

„Gerade vor Weihnachten ist das für die Beschäftigten eine missliche Situation.“

Rüdiger Ludwig
DRK-Präsident

Die 310 Mitarbeiter wurden auf zwei Versammlungen über die Situation informiert. Sie erhalten anstelle ihrer Löhne und Gehälter für drei Monate Insolvenzgeld über die Bundesagentur für Arbeit. „Wir setzen alles daran, unsere Kolleginnen und Kollegen durch diese Zeit zu begleiten. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert für unseren Verband und die Menschen, für die wir tagtäglich da sind“, so Philipp Kohn. Neben den Hauptamtlichen sind 350 Ehrenamtliche für den Kreisverband Hagen tätig.

Unglückliche Situation

Das Verfahren wurde letztlich auch notwendig, weil trotz eines Finanzgutachtens mit guter Prognose finanzierende Banken am Ende ihre Unterstützung versagten. Das DRK weist ausdrücklich darauf hin, dass Eigenverwaltungsverfahren lediglich den Kreisverband Hagen e. V betreffe. Nicht tangiert seien alle weiteren Organisationen des DRK, wie Tochtergesellschaften, Ortsvereine und Kreisverbände, Landesverbände und der Bundesverband.

„Gerade vor Weihnachten ist das für die Beschäftigten eine missliche Situation“, so der neue DRK-Präsident Rüdiger Ludwig, der betonte, dass der Kreisverband positiv in die Zukunft blicke.