Hagen. Landgericht verhandelt erneut gegen den falschen Rotkreuz-Doktor (36) und Corona-Impfarzt aus Hagen. Er reist dazu aus dem Gefängnis an.

Auf den Tag genau vor drei Jahren schickte ihn die 9. Große Strafkammer für drei Jahre und neun Monate hinter Gitter. Nun steht der ehemalige Leiter des Corona-Impfzentrums in Hagen in dieser Sache erneut vor Gericht. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) angeordnet.

Das damalige Urteil, das der Vorsitzende Richter Christian Hoppe im November 2021 begründete, klang eher wie ein Lobgesang: Der Angeklagte sei „intelligent und eloquent“, habe „qualitativ und quantitativ wertvolle Leistungen erbracht“. Und er habe es verstanden, „sich als Macher mit Eigeninitiative in Rollen zu begeben und Menschen für sich zu gewinnen“. Charmanter kann man einen gerissenen Hochstapler kaum beschreiben. 

Mehrere Zeugnisse gefälscht

Verurteilt wurde der Mann, der mehrere gefälschte Arzt-Zeugnisse vorlegte, in Wahrheit aber nie Medizin studiert hatte, lediglich wegen Urkundenfälschung und Titelmissbrauchs. Im städtischen Gesundheitsamt hatte der falsche Doktor in einem eigenen Büro residiert. 6000 Euro kassierte er monatlich als Honorar für „Arzt-Leistungen“.

Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen „falschen Arzt“ aus;  Ozan K.  vor dem Landgericht Hagen
Ein Mann, der sich in Hagen als Arzt ausgegeben und das Impfzentrum geleitet hatte, steht jetzt erneut vor Gericht. © Alex Talash | Alex Talash

Einen Betrug konnte die Kammer in seinem Handeln jedoch nicht erkennen. Der DRK-Kreisverband Hagen, der im Strafverfahren einen zivilrechtlichen Schaden von sagenhaften 676.883,42 Euro (plus 5 Prozent Zinsen) ersetzt haben wollte, ging völlig leer aus. Ein Vermögensschaden, Voraussetzung für einen Betrug, sei weder bei der Stadt noch beim DRK eingetreten, urteilte das Gericht: „Der Angeklagte war lediglich für die Herstellung der Abstriche, die Koordination und die Kontaktverfolgung zuständig.“ Er habe „qualitativ und quantitativ wertvolle Leistungen erbracht“.

Revision der Staatsanwaltschaft

Dagegen war die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen - mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied im Juni vergangenen Jahres, dass das Hagener Urteil „revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht standhält“. Seit Dienstag muss deshalb eine andere Große Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Richter David Theile den Fall komplett neu verhandeln. Dafür sind sechs Prozesstage angesetzt.

Der Angeklagte sitzt derzeit in Bielefeld in Strafhaft. Er war bereits in der vergangenen Woche vom Landgericht Dortmund rechtskräftig zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Wegen Betrugs (in vier Fällen) und Urkundenfälschung (in drei Fällen). Außerdem werden 204.750 Euro Wertersatz von ihm eingezogen.