Langenfeld/Hagen. Bei einer Razzia gegen die Spielhallen-Familie Söylemez übersehen Fahnder 40.000 Euro. Der Fehler hat vor Gericht nun eine Nachspiel.

Es war der 27. September 2018, der Tag der Großrazzia bei der Hagener Spielhallen-Familie Söylemez. Ihre Steuerschulden hatte das Finanzamt damals auf 48,6 Millionen Euro beziffert. Deshalb durchsuchten 150 Einsatzkräfte von Polizei und Steuerfahndung zeitgleich 16 Betriebsstätten in ganz NRW. Sämtliche Spielgeräte wurden geleert und das Geld daraus beschlagnahmt. Allerdings passierte dabei eine peinliche Panne: Im Casino Langenfeld (Rheinland) übersahen die Ermittler stattliche 40.000 Euro.

Zur Verantwortung gezogen wurden aber nicht die nachlässigen Beamten, sondern der 48-jährige Techniker, der am Tag der Razzia in der Spielhalle als Aufsicht tätig war. Der saß am Mittwoch im Amtsgericht unter Diebstahlsvorwurf auf der Anklagebank – doch das Verfahren gegen ihn wurde nach Zahlung von 1200 Euro eingestellt.

2-Euro-Stücke in Eimern

Denn: Kaum war der Inhalt aus den Spielautomaten gezählt und die Razzia beendet, hatte der pfiffige Angestellte festgestellt, dass das obere Fach des Geldwechsel-Geräts noch voll mit Münzen war. Die 2-Euro-Stücke ließ er aus der Automaten-Klappe in Plastikeimer rieseln. Dann rief er seinen Chef, den örtlichen Spielhallen-Betreiber aus der Familie Söylemez, an und berichtete von dem Glücksfall: „Ich habe dein Geld gerettet!“

Schon am nächsten Tag trafen sich beide zur Münzenübergabe auf einem Parkplatz in Hilden: Drei schwere 20-Liter-Eimer, bis zum Rand gefüllt mit 2-Euro-Stücken, wechselten den Besitzer. Ein weiterer Spielhallen-Mitarbeiter (38) wurde extra zum Schleppen hinzugezogen: „Ich musste dem Chef beim Tragen helfen, weil die Eimer so schwer waren.“

Polizei und Steuerfahndung bei der Razzia vor fünf Jahren in Hagen.
Polizei und Steuerfahndung bei der Razzia vor fünf Jahren in Hagen. © Alex Talash

In den Plastikbehältern, so glaubte Spielhallen-Mann Söylemez zu diesem Zeitpunkt noch, hätten sich die gesamten von den Fahndern übersehenen 40.000 Euro befunden. Beim späteren Nachzählen der Eurostücke war es aber nur die Hälfte – 20.000 Euro Münzgeld fehlten. Die hatte der Angestellte offenbar für sich selbst als „Finderlohn“ abgezweigt.

Mit internationalem Haftbefehl gesucht

Was diesen Verdacht zusätzliche erhärtete: Tatsächlich hatte der Angeklagte im Tatzeitraum wiederholt Geldbeträge in bar auf sein Girokonto eingezahlt: mal 8000 Euro, mal 8900 Euro, 4300 Euro und mal 5200 Euro – sodass die Commerzbank schließlich „Geldwäsche" vermutete und die Ermittlungsbehörden informierte.

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„Dadurch ist alles überhaupt erst aufgeflogen“, erklärte das Familienmitglied als Zeuge. „Das wäre doch nie herausgekommen, hätte er das Geld nicht auf die Bank gegeben.“ So wie Sami Söylemez das auch immer praktizierte: Der einstige Kopf des Spielhallenimperiums, längst in die Türkei geflohen und noch immer mit internationalem Haftbefehl gesucht, hatte sein millionenschweres Vermögen stets nur im Keller eingelagert.