Hagen. Der Ton zwischen der AfD und den übrigen Parteien in Hagener wird rauer. Es fehlt aber die klare Strategie, meint Kommentator Martin Weiske.

Der Umfang mit der AfD und ihren provozierenden und oft stimmungsschürenden Anträgen auf offener politischer Bühne bleibt in Hagen ein mühseliges Geschäft. Nach heftigem Eklat in der September-Ratssitzung ist die Lust der übrigen Fraktionen, die Rechtsaußen-Vertreter zu stellen, offensichtlich schon wieder erloschen.

Der jüngste Antrag der AfD, bei Hagenbad eine Mitarbeiter-Befragung durchzuführen, um den durch keinerlei Fakten zu belegenden Übergriffen in den Schwimmstätten durch Nicht-Biodeutsche auf die Schliche zu kommen, blieb in dieser Woche weitgehend unkommentiert. Immerhin stellte die Stadtverwaltung klar, dass es angesichts der Hagener Realitäten – ein einziger Polizeieinsatz in der Saison 2024 – dieser Erhebung keinesfalls bedürfte. Ansonsten griff mal wieder das vereinbarte Aussitz- und Schweigegelübde in der Hagener Politik.

Weitere interessante Themen aus Hagen und Breckerfeld:

Lediglich Ömer Oral, Sprecher der Hagener Aktivistenkreis-Ratsgruppe, stellte die Rückfrage in den Raum, warum die AfD ein in der Stadt offenkundig völlig unbrisantes Thema auf die Tagesordnung bringe, um Hetze zu betreiben, die Gesellschaft zu spalten und Hasskampagnen zu zünden? Schließlich habe die Partei in Hagen ja auch geschwiegen, als es zuletzt Brandanschläge und Bombendrohungen aus dem rechten Lager gegen Moscheen gegeben habe. Zugleich erinnerte der HAK-Vertreter daran, dass die AfD als verfassungsfeindlicher Verdachtsfall durch die Politik geistere.

Das gelte für seine Organisation ebenfalls, konterte Ratsherr Andreas Geitz und erinnerte damit an das Vorstandswirken Orals bei der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Hier hatte der Unternehmer in HAK-Reihen sich bis 2020 engagiert und dabei nach eigenen Angaben der Radikalisierung von Jugendlichen entgegengewirkt. Und Geitz, der mit seinem Sturm auf den Reichstag zuletzt fragwürdige Schlagzeilen produzierte, bei dem er nach anfänglichem Leugnen als Dokumentarfilmer dabei gewesen sein will, legte mit einer steilen These nach: Auch Oral persönlich werde angeblich vom Verfassungsschutz beobachtet.

Eine Unterstellung in öffentlicher Sitzung, durch die der Angesprochene sich verleumdet fühlte und prompt juristische Schritte ankündigte. Offenkundig droht eine neue, eher unschöne Umgangskultur in der Hagener Politik.

Dabei scheint eines sicher: Der bisherige Kurs der Ignoranz gegenüber der AfD ist zwar bequem, hat den Rechten jedoch kaum den Wind aus den Segeln genommen. Es ist Zeit, die Stimmungsmacher politisch mit Fakten und Argumenten zu entzaubern. Man darf gespannt sein, wer sich in der Hagener Politik dieser Herausforderung mit inhaltlicher und rhetorischer Stärke stellt.