Hagen. Anstehendes Strafverfahren und Klage vor dem Arbeitsgericht: Für Karsten Groll (55) verdichten sich die juristischen Probleme.

Für Karsten Groll (55) läuft es derzeit nicht rund. Eine Mitarbeiterin seines in Hagen geschlossenen Salons „Haargenau Catwalk“ obsiegt vor dem Arbeitsgericht. Damit lichtet sich allmählich der Nebel über der urplötzlichen Schließung seines über Jahre schillernden Friseurbetriebes. Zudem muss der stadtbekannte Figaro demnächst wegen gewerbsmäßigen Betrugs auf die Anklagebank. Vorausgesetzt, er ist bis dahin wieder gesund: „Ich habe gerade Corona“, erklärt Groll am Telefon im Gespräch mit der Stadtredaktion, atmet schwer und hustet in den Hörer.

Die Chronologie der Merkwürdigkeiten um den überraschend leergeräumten Edelfriseur-Salon auf der Springe geht weiter. Nach 17 Jahren am selben Standort war „Haargenau Catwalk“ am letzten August-Wochenende ad-hoc geschlossen worden. Kein Aushang, nichts deutete darauf hin. Haarschneidemeister Karsten Groll versicherte jedoch, alle Kunden seien über die bevorstehende Schließung informiert gewesen. Das stimmt so offenkundig nicht. Mehrere Stammkunden, sogar mit festen Friseurterminen, beschwerten sich später, sie hätten davon nichts gewusst.

M. Kleinrensing WP Hagen Friseur
Der Salon von Karsten Groll in der Hagener Innenstadt wurde für viele Kunden und Mitarbeiter überraschend aufgegeben. © WP | Michael Kleinrensing

Lohnzahlungen bleiben aus

Aber auch den eigenen Mitarbeitern - zwölf sollen es im Hagener Salon gewesen sein - hätte der Friseurmeister bis zuletzt verschwiegen, dass er den Laden dichtmachen werde. So die Friseurin (48), die vor dem Arbeitsgericht nicht erhaltenen Lohn einklagt und sich überrumpelt fühlt: „Von der Schließung wurden wir völlig überrascht.“ Als Mini-Jobberin bei „Haargenau Catwalk“ musste sie für 520 Euro im Monat Haare schneiden, färben und modische Frisuren kreieren. „In den Monaten August und September hat ihr Karsten Groll, der als eingetragener Kaufmann firmiert, jedoch keinen Cent Vergütung gezahlt“, lässt sie anwaltlich vortragen.

Im Gütetermin wartete Richterin Nicole Becker am Donnerstagvormittag geduldig auf den Edel-Coiffeur. Auch die Klägerin und ihre Anwältin waren anwesend. Doch der Beklagte erschien nicht. Nach 17 Minuten Wartezeit wurde deshalb ein Versäumnisurteil verkündet: Karsten Groll muss 1040 Euro Vergütung zahlen (Az. 4 Ca 1435/24). Dagegen kann er sich zwar noch durch einen „Einspruch“ wehren - aber die Klägerin hat jetzt bereits die Möglichkeit, einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen und aus dem Versäumnisurteil zu vollstrecken.

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Attest kommt zu spät

Er habe den Gerichtstermin versäumt, weil er an Corona erkrankt sei, erklärt Karsten Groll auf Anfrage dieser Zeitung. Das Attest habe er am Vortag an das Arbeitsgericht geschickt, es sei wohl nicht mehr rechtzeitig angekommen. Wie lange die Corona-Erkrankung noch andauert und ob er bis zu dem noch anstehenden Strafprozess wieder gesund sein wird, ist noch offen. Von der Stadtredaktion auf das weitergehende Verfahren angesprochen, sagt Groll: „Von dem Termin weiß ich noch gar nichts.“ Die Vorwürfe müssten ihm jedoch bekannt sein, weil in dieser Sache schon einmal verhandelt wurde, aber abgebrochen werden musste, weil wichtige Zeugen fehlten.

„Von dem Termin weiß ich noch gar nichts.“

Karsten Groll
Friseurmeister aus Hagen

Die Staatsanwaltschaft Hagen wirft Karsten Groll in dem Verfahren gewerbsmäßigen Betrug in 73 Fällen vor (Az. 300 Js 564/22). Die entsprechende Anklageschrift wurde vom Amtsgericht bereits zugelassen. Groll soll in den Jahren 2019 bis 2022 als Arbeitgeber für angeblich erkrankte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Friseursalons „Haargenau Catwalk“ bei verschiedenen Krankenkassen Anträge auf Lohnfortzahlung gestellt haben, so der Vorwurf der Anklage. Vier Krankenkassen hätten gezahlt und seien geschädigt worden.  Bei Arbeitsunfähigkeit bis zu drei Tagen dürfen sie keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verlangen, sodass die Erstattung an den Arbeitgeber ungeprüft erfolgt. Karsten Groll soll dies für sich ausgenutzt und tatsächlich gesunde Mitarbeiter als „krank“ gemeldet haben, so der Vorwurf, den er im Rahmen der Ermittlungen bislang vehement bestritten hat. Die Staatsanwaltschaft geht hingegen laut Anklageschrift von gewerbsmäßigem Betrug mit einer Schadenssumme von 12.662 Euro aus. 

Die tatsächliche Schadenssumme könnte sogar noch höher liegen - denn mehrere Anzeigen von Krankenkassen waren bereits im Vorfeld eingestellt worden.