Hagen. 1999 hat sich die Hagener Schneiderin Silja Meise selbstständig gemacht und setzt heute auf recycelte Mode. Von Coco Chanel und Trödelmärkten.

Ein Besuch in einer Schneiderwerkstatt in Hagen-Haspe. . . Ihr Blickwinkel hat sich geändert: Statt „noch pompöser und noch schillernder“ nimmt Silja Meise heute den Umweltgedanken weit stärker ins Visier. „Recycling Couture“ nennt die gelernte Damenschneiderin und Schnitttechnikerin ihr Projekt, das darauf abzielt, Textilien und Second-Hand-Garderobe zu verarbeiten und zu neuem Leben zu erwecken.

Silja Meise ist seit Jahren als Kostümbildnerin tätig. Ihre Schneiderwerkstatt befindet sich in Haspe am Baukloh. Vor 25 Jahren hat sie sich mit ihrem Unternehmen „I-Motion Marketing“ selbstständig gemacht. Das Modell „Blond“ besteht komplett aus getragener Kleidung.
Silja Meise ist seit Jahren als Kostümbildnerin tätig. Ihre Schneiderwerkstatt befindet sich in Haspe am Baukloh. Vor 25 Jahren hat sie sich mit ihrem Unternehmen „I-Motion Marketing“ selbstständig gemacht. Das Modell „Blond“ besteht komplett aus getragener Kleidung. © WP | Michael Kleinrensing

Namen deuten auf Farben hin

Hoch über den Dächern von Haspe, genauer gesagt „oben am Baukloh“, arbeitet die 57-Jährige in ihrem Atelier, einer Mischung aus gemütlicher Stube und Schneiderwerkstatt. Den Raum bestimmt ein großer Zuschneidetisch, Kostüme und Modelle hängen an Paravents, Ankleidespiegeln und auf Kleiderstangen. Auf drei Kreationen, die komplett aus recycelten Textilien hergestellt sind und die im Rahmen einer Gruppenausstellung in Schmallenberg präsentiert werden, ist Silja Meise besonders stolz: „Ich hab‘ den Kostümen Namen gegeben, die auf Farben hindeuten“, lächelt die gebürtige Dortmunderin, die seit ewigen Zeiten in Hagen lebt.

Hommage an französische Modedesignerin

Das schwarze Kostüm heißt „Pech“ und ist beinahe als Hommage an die französische Modedesignerin Coco Chanel und ihr klassisches „Kleines Schwarzes“ zu verstehen. Die Kurzjacke besteht aus alten T-Shirts, Unterteil sowie Schleppe sind aus getragenen Cargo-Hosen gefertigt.

Schwarz wie „Pech“, so der Name dieses Kostüms - eine Hommage an Coco Chanel.  
Schwarz wie „Pech“, so der Name dieses Kostüms - eine Hommage an Coco Chanel.   © WP | Michael Kleinrensing

Das blaue Kostüm ist mit „Waid“ betitelt (der Begriff spielt auf einen Farbstoff aus der Natur an) und ist aus Second-Hand-Jeans entstanden, „die stammen von Freunden, Bekannten und von Trödelmärkten“.

Die dritte Kollektion - ein in Gold-Haut-Rosé-Tönen gehaltenes Kleid - trägt den Titel „Blond“. Alte Stoffe, Vorhänge und Gardinen hat die Schneiderin hier verarbeitet. Das Oberteil besteht aus Dutzenden von Nylonstrümpfen. „Ich verbinde gern altes Handwerk mit zeitgemäßer Technik. In diesem Fall hab‘ ich eine uralte Schlingentechnik angewandt.“

„Ich verbinde gern altes Handwerk mit zeitgemäßer Technik“

Silja Meise
Kostümkünstlerin

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Das Oberteil des Modells „Blond“ besteht aus Dutzenden von Nylonstrümpfen.
Das Oberteil des Modells „Blond“ besteht aus Dutzenden von Nylonstrümpfen. © WP | Michael Kleinrensing

Korsett vom Sperrmüll

Was das Modell „Blond“ komplettiert? Ein altes, medizinisches Korsett aus Leder, „das hab‘ ich auf dem Sperrmüll gefunden, es soll die Zerbrechlichkeit des Menschen zeigen“. Und eine aus Schnürsenkeln gefertigte Perücke stehe symbolisch für einen Menschen ohne Haare, „wir erkranken an der hochmodernen Welt“. Sonnenschutz-Hüte und Augenschutz-Brillen sollen eine ähnliche Botschaft ‘rüberbringen.

Sonnenschutz-Hüte und Augenschutz-Brillen komplettieren die Recycling-Kollektion. 
Sonnenschutz-Hüte und Augenschutz-Brillen komplettieren die Recycling-Kollektion.  © WP | Michael Kleinrensing

Beim Festival „Die Textile“ dabei

Während ihrer Gesellenzeit in den Bereichen Handwerk, Industrie und Theater hat Silja Meise bei Hanns Friedrichs Couture (Hafri­)­ in Hagen als Damenschneiderin gearbeitet.

Vor Jahren war sie auch für den Hagener Bühnenball und für einige Theaterproduktionen für das Theater Hagen als Gewandmeisterin beschäftigt.

Vom 4. Mai bis 9. Juni nimmt Silja Meise am Festival „Die Textile“ in der Südwestfälischen Galerie im Schieferbergbau- und Heimatmuseum Holthausen (Schmallenberg) teil. Es handelt sich um eine Gruppenausstellung; Meise stellt dort ihre drei „Recycling Couture“-Kostümkreationen aus.

Und abseits von Kunstprojekten - wie sieht Silja Meises beruflicher Alltag aus? „Von Firmen nehme ich nur noch Aufträge an, bei denen ich nachhaltig und mit recycelten Materialien arbeiten kann“, unterstreicht die 57-Jährige. Etliche Wirtschaftsunternehmen würden mittlerweile eh auf Umwelt- und Klimaschutz setzen und Wert auf Nachhaltigkeit legen, „Second-Hand-Mode und Recycling-Projekte sind heute zum Glück eher cool als peinlich“.

Recycling-Projekte an Schulen

Was ihr noch am Herzen liegt? „Ich arbeite gern mit Kindern und finde es wichtig, ihnen den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen.“ Daher führe sie derzeit auch Textil-Recycling-Projekte an drei Grundschulen durch. „Ich bin in der Grundschule auf der Hestert, in Silschede und in Wetter im Einsatz, allerdings laufen die Projekte im Sommer aus. Mal schauen, was dann kommt.“